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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 105

 

ist dies die dringliche Anfrage betreffend zukünftige Finanzierung des Wiener Gesundheitswesens. Es möge diese vom Antragssteller mündlich begründet werden und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinden.

 

Die von den GRÜNEN ursprünglich verlangte Verlesung der dringlichen Anfrage wird nun nicht mehr verlangt und entfällt somit.

 

Wir kommen gleich zur Begründung der dringlichen Anfrage. Gemäß § 37 Abs. 1 der Geschäftsordnung steht dafür eine Redezeit von 20 Minuten zur Verfügung.

 

Ich darf nun die Erstunterzeichnerin, Frau GR Dr Pilz, ersuchen, zu beginnen.

 

GR Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Wir verzichten auf die Verlesung unserer dringlichen Anfrage, weil wir davon ausgehen können, dass Sie sie kennen. Sie kennen sie, weil es in den letzten Tagen dazu schon jede Menge an Medienecho, öffentlichen Stellungnahmen und Positionierungen der einzelnen Oppositionsparteien und der SPÖ gegeben hat.

 

Frau Stadträtin! Sie haben am 30.7.2001 einen sehr sachlichen, aber auch knallharten Brief geschrieben, einen Brief, in dem Sie klar und deutlich sagen, wie es um die Zukunft des Wiener Gesundheitsbudgets bestellt ist. Als ich diesen knallharten und sachlichen Brief gelesen habe, hat sich ein Eindruck bestätigt, den ich durch Ihre frühere politische Tätigkeit und Ihre Tätigkeit im Ausschuss von Ihnen gewonnen hatte: Die Arbeit interessiert Sie, Sie wollen für die Gesundheitspolitik in Wien etwas verändern, Sie wollen Nägel mit Köpfen machen.

 

Frau Stadträtin! Der Brief passt zu Ihnen. Sie sprechen darin Probleme an, die wir GRÜNE in den letzten Monaten - teilweise sogar schon in den letzten Jahren - immer wieder als relevant, als wichtig, als zutreffend bezeichnet haben. Daher haben wir auch im Gesundheitsausschuss einen Unterausschuss einsetzen wollen für die Begleitung der Unternehmenswerdung des Krankenanstaltenverbunds. Darauf gehen Sie in Ihrem Schreiben tatsächlich ein und Sie begründen Ihre Kritik mit denselben Argumenten, die wir schon immer angeführt haben, wenn wir nicht damit zufrieden waren, wie hier die Prozesse der Unternehmenswerdung laufen.

 

Sie schreiben hier - und ich zitiere aus Ihrem Schreiben -: Die noch vor meiner Amtszeit geschlossene Vereinbarung zwischen Finanzverwaltung und Krankenanstaltenverbund überträgt ein hohes Maß an Unwägbarkeiten - wie Einnahmenentwicklung, Personalkosten- und Sachaufwandentwicklung - an den Krankenanstaltenverbund.

 

Das haben wir GRÜNE tatsächlich kritisiert, angemerkt und als Problem dargestellt. Wir haben nicht einsehen können, warum StR Rieder meint, mit einer Unternehmenswerdung könne er den Krankenanstaltenverbund aussetzen, wie ein Baby in der Babyklappe. Es kann nicht so sein, dass man mit der Unternehmenswerdung Verantwortung und politische Steuerung abgibt.

 

Frau Stadträtin! Sie sprechen in Ihrem Schreiben in der Tat an, dass Sie steuern wollen, dass Sie Unwägbarkeiten nicht hinnehmen wollen und dass es vor allem Vereinbarungen zwischen der Finanzverwaltung und dem Krankenanstaltenverbund gibt, die, wie gesagt, diese Steuerungsmöglichkeit als nicht gegeben erscheinen lassen. Diese Vereinbarungen interessieren uns in der Tat auch, Frau Stadträtin. Was nimmt Ihnen hier das Steuer aus der Hand?

 

Sie machen in Ihrem Schreiben folgende lapidare, aber nichtsdestoweniger wichtige Eingangsbemerkung: Mit den für meine Geschäftsgruppe vorgesehenen Budgetmitteln für 2002 ist es unmöglich, die bisherigen Leistungen weiter zu erbringen.

 

Das ist ein starkes Stück, ein ernstes und offenes Wort. Es trifft auf grüne Skepsis, auf grüne Kritik, die wir immer wieder geäußert haben, weil wir den Eindruck gewinnen mussten, dass es bereits in diesem Jahr, im laufenden Budget der Gesundheitsversorgung, zu Einschränkungen kommt - zu verschwiegenen, zu nicht deklarierten Einschränkungen, die die Menschen aber sehr wohl betreffen.

 

Ein paar Beispiele dazu: Im Preyer'schen Kinderspital hat der Dienststellenausschuss sich geäußert und die Zustimmung zu den Tagesplänen, zu den Rahmenplänen nicht gegeben. Sie sagen dort, sie können mit dieser dünnen Personaldecke die Pflege nicht mehr ausreichend gewährleisten, es könnte sich hier die Gefahr einer gefährlichen Pflege einschleichen. Stellen Sie sich das einmal vor: Wir sind in einer Situation, dass das Personal sagt, wenn es so weitergeht, laufen Kinder als Patienten und Patientinnen in Gefahr. - Das sind Leistungseinschränkungen, die in einer sozialdemokratisch regierten Stadt wohl nicht hinzunehmen sind.

 

Zweites Beispiel: Im Geriatriezentrum Am Wienerwald - ich habe das hier in diesem hohen Haus schon einmal angemerkt - sind Anti-Dekubitus-Matratzen, die wund liegen vermeiden, nicht etwa gekauft, sondern geleast worden, und diese Matratzen, die sehr weit gehend dafür sorgen, dass Menschen nicht wund liegen, sind im laufenden Jahr nicht mehr zu finanzieren. Es gibt Engpässe. Das Personal muss feststellen, dass diese wichtige Vorkehrungsmaßnahme nicht ausreichend durch budgetäre Vorkehrungen abgedeckt ist.

 

Das ist ein schleichendes Aushungern, das ist eine Gesundheitsversorgung, wie wir sie uns nicht vorstellen. Ärzte werden dazu angehalten, billigere, aber weniger wirksame Medikamente zu verschreiben, weil sie preisgünstiger sind, und zwar zu Ungunsten teurerer, hoch wirksamer Medikamente. Das kann doch kein medizinischer Standard sein, den sich diese Stadt leisten kann!

 

Sie kennen auch das Beispiel des SMZ-Ost, des Donauspitals, das bereits jetzt ein um 1 Prozent nied

 

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