Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 138
stieg der
Jugendarbeitslosigkeit. Das ist ein Problem nicht nur und nicht vor allem
Wiens, sondern es ist wiederum ein österreichweites Problem, aber es bedeutet,
dass wir uns natürlich hier in Wien gerade mit der Wiener Situation
beschäftigen müssen. Da kann auch die Tatsache, dass wir bei allen
Arbeitslosenzahlen, ob sie die Jugendarbeitslosigkeit betreffen oder ob es die
generellen Arbeitslosenzahlen sind, im europäischen Vergleich optimal
abschneiden, nichts nützen, denn die Frage, die wir zu lösen haben, ist nicht
die europäische Frage, sondern die Frage, die die Situation hier in Wien
betrifft.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! In der Alterskategorie der 15- bis 25-Jährigen ist
nach den von mir herangezogenen Daten die Arbeitslosenzahl gegenüber dem
Vorjahr um fast 25 Prozent gestiegen. Das ist eine beachtliche, ernst zu
nehmende Veränderung. Da ist es auch keine Beruhigung, wenn in der Frage des
Lehrstellenangebots die Situation im Oktober an sich günstiger ausschaut, als
im August und im September und man hier quasi sogar von einer Entspannung sprechen
könnte, denn wir alle wissen, dass gleichzeitig über 1 000 Jugendliche in
Ausbildungsprogrammen untergebracht sind, die damit noch nicht im
Arbeitsprozess integriert sind. Ich denke daher, dass dieses Thema hier wichtig
ist und im Vordergrund stehen sollte. Ich füge hinzu, dass mit der Initiative
der Regierungsparteien im Parlament, die 100 Millionen S für das
Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, also für eine Finanzierung des Schulabgangs
2001, vorsieht, wobei die Länder die Hälfte davon beitragen sollen, das Problem
sicher nicht gelöst ist. Auch wenn wir bereit sind, unseren Beitrag für Wien
über den WAFF dazu zu leisten, ist das nicht die Lösung des Problems. Die
Forderung, dass hier der Bund mehr Mittel einsetzen soll, ist eine nahe
liegende und hat nichts damit zu tun, dass quasi Aufgaben bei anderen geortet
sind, denn eines muss einmal mit allem Nachdruck gesagt werden: Arbeitsmarktpolitik,
die Beschäftigung mit der Situation der Arbeitslosen, ist laut unserer Bundesverfassung
und nach dem Finanzausgleich total Sache des Bundes! Alle Versuche, das
stückerlweise den Ländern zuzuschieben, sind verständlich, aber sie sind an
sich nicht die Lösung des Problems.
Der Tag, an
dem diese Daten veröffentlicht wurden, war der 6. November. Es war ein
Zufall, dass am selben Tag eine Sitzung des Kuratoriums und des Vorstands des
Wiener Arbeitnehmer-Förderungsfonds stattgefunden hat. Ich habe diese beiden
Sitzungen zum Anlass genommen - einige der Mitglieder des Kuratoriums sind ja
auch im Gemeinderat, sie wissen das daher -, um eine Veränderung des Arbeitsprogramms
für das Jahr 2002 zu erwirken, weil wir natürlich bei der Erstellung des Arbeitsprogramms
des Wiener Arbeitnehmer-Förderungsfonds zunächst noch von einer anderen
Entwicklung der Beschäftigungssituation ausgegangen sind und damals die
deutlichen Veränderungen im Bereich der Arbeitslosensituation noch nicht
gegeben waren. Daher ist dann auf Empfehlung des Kuratoriums im Vorstand
beschlossen worden, dass man das Programm für die Auseinandersetzung mit der
Frage der Jugendarbeitslosigkeit erweitert und gleichzeitig - das füge ich hinzu,
weil das ja auch eine Initiative im Kuratorium war - auch noch die
Beschäftigungsprogramme und Qualifizierungsprogramme für Frauen erweitert.
Mittlerweile
liegt mir ein erster Bericht, der von den Mitarbeitern des Arbeitsmarktservice
und des WAFF gemeinsam erstellt wurde, vor. Daraus entnehme ich, dass für ein
erstes Auffangnetz für 600 Jugendliche 60 Millionen aufzubringen
sind. 50 Millionen werden aus dem Arbeitsmarktservice dafür eingesetzt
werden und wir werden 10 Millionen aus dem Wiener Arbeitnehmer-Förderungsfonds
dazu beitragen.
Zweitens
werden im Rahmen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes auch so genannte
BAG-Lehrgänge durchgeführt werden. Es gibt bereits ein Programm für einen
derartigen Lehrgang, der etwa 3,6 Millionen notwendig macht.
Dritter Punkt:
Das Problem existiert ja nicht nur in der Altersgruppe der 15- bis 18-Jährigen,
sondern vor allem auch im Bereich der 18- bis 25-Jährigen. Daher ist der dritte
Punkt in diesem Programm der Schwerpunkt der Qualifizierung in dieser Altersgruppe
der 18- bis 25-Jährigen. Hiezu gibt es eine Reihe von Projekten, die bereits
konkretisiert sind. Aus zeitlichen Gründen will ich sie hier nicht im Detail darstellen.
Ich wollte nur vermitteln, dass wir uns nicht damit begnügen, in der Frage der
Jugendarbeitslosigkeit den Finger nach der Bundesregierung auszurichten und zu
sagen: böse, böse!, sie soll mehr tun!, sondern wir versuchen, mit den Mitteln,
die wir auf der einen Seite aus dem eigenen Budget und auf der anderen Seite
auch im Rahmen des Territorialen Beschäftigungspakts zusammengestellt haben,
auch eigene Maßnahmen zu finanzieren, und ich glaube, dass das auch der richtige
Weg ist.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, Ihnen an einigen wenigen Zahlen
deutlich zu machen, was den eigentlichen Hintergrund für die Erstellung eines
den realen Bedingungen und Entwicklungen für 2002 entsprechenden Budgets darstellt.
Nicht das bloße Fortschreiben von Positionen kann die Aufgabe des Budgets 2002
sein - so, als ob es weiterhin die Hochkonjunktur gäbe und wir sozusagen
überall das Geld dafür verwenden könnten -, sondern die Aufgabe muss es sein,
sich mit diesen geänderten Bedingungen und vor allem mit der geänderten Situation
am Arbeitsmarkt ernstlich auseinander zu setzen. Daraus ergeben sich auch die
Schwerpunkte des Programms, die, wie ich anfangs gesagt habe, nicht
grundsätzlich anders sind und auch nicht anders sein können, mit denen aber
doch einige Akzente geändert und neu gesetzt werden.
Erstens. Vorrang der
Ausbildung und weiteren beruflichen Qualifizierung - nicht nur, aber vor allem
für
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