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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 138

 

darauf ankommt, ob wir uns die Glaubwürdigkeit bewahrt haben. Es ist auch zu sagen, dass offenbar einzelne Mitglieder der Bundesregierung - wobei ich nicht weiß, wen ich davon jetzt wirklich ausnehmen soll - einen harten Kurs in der Sache verwechseln mit einem Stück-für-Stück-Verbrennen von Brücken gegenüber internationalen Partnern. Es gibt immer weniger internationale Partner, die mit uns in dieser Frage eines Sinnes sind. Ich glaube, dass das nicht notwendig wäre und dass wir damit eigentlich in eine Situation hineinrutschen, in der sich nicht nur außerhalb Österreichs die Stimmen mehren - und das ist an die Adresse des Klubobmanns der Freiheitlichen Partei hier in Wien, der in diesem Zusammenhang auch genannt wird, gerichtet -, dass die Frage der Initiative des Volksbegehrens, meine sehr geehrten Damen und Herren, immer weniger auch an Glaubwürdigkeit hat, und viele zunehmend sagen, dass das in Wirklichkeit nur eine vorgeschobene Maßnahme ist, um parteipolitisch zu reüssieren und für den Wahlkampf Munition zu sammeln. Da kann hier noch so freundlich gelächelt werden: Man glaubt es Ihnen nicht mehr (GR Mag Hilmar Kabas: Um mit Rieder zu reden: Das ist ein Unsinn!) und das ist sozusagen ein Problem, unter dem wir alle leiden. (GR Mag Hilmar Kabas: Seit wann sind Sie ein Vertreter der Atom-Lobby?) Denn es ist die Frage Temelin und die Sicherheit Temelins nicht Ihr persönliches Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zehntens. Ein Wort zur Einnahmenseite. Wir haben die Einnahmenentwicklung, was unsere eigenen Einnahmen und Steuern betrifft, entsprechend den Prognosen der Wirtschaftsforscher sehr knapp kalkuliert. Sie wurden hier auf 5 Millionen EUR weniger eingeschätzt. Bei den Einnahmen aus den Ertragsanteilen der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, die immerhin ein Drittel der Einnahmen des Stadtbudgets darstellen, haben wir uns an den Finanzminister gehalten. Ich hoffe, dass er in dieser Frage Recht behält.

 

Ich möchte aber eine Bemerkung machen - weil das gelegentlich auch so unterschwellig durchklingt -: Natürlich - dass muss auch gesagt werden - profitieren von den exorbitanten Steuereinnahmen der Bundesregierung auch die Städte und Länder. Aber das hindert uns als Stadt Wien nicht, einmal mehr darauf hinzuweisen, dass gerade in der gegenwärtigen Situation der Schwierigkeiten von Wirtschaft und Arbeitsmarkt diese bisher noch nie erreichte hohe Steuerquote ein außerordentlicher Ballast ist (Zwischenrufe der GRe Dr Wilfried Serles und Kurth-Bodo Blind.) und dass wir fordern, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass diese Steuerquote endlich abgesenkt wird. Die Voraussetzungen dafür - dazu komme ich noch - wären gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sie wissen, dass die Ergebnisse der Volkszählung - trotz der Zunahme der Bevölkerung - für uns wenig erfreulich sind. Wir müssen mit Einbußen bei den Ertragsanteilen aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben rechnen. Für das Budget 2002 wird das Gott sei Dank noch nicht unmittelbar wirksam, aber im Jahr 2003 schlägt es total durch. Daher gilt es natürlich, sich auch im Budgetvollzug für das Jahr 2002 auf diese Entwicklung einzustellen.

 

Elftens. Der Voranschlag 2002 - an die Adresse der Oppositionspolitiker: das ist bitte jetzt zum Mitschreiben! - setzt keine Gebührenerhöhung oder Tarifsteigerung voraus. Es gibt einen ganz klaren Auftrag des Bürgermeisters, trotz Steigerung der Inflationsrate, trotz Erhöhung der Personalausgaben, alle Möglichkeiten der Rationalisierung auszuschöpfen und nicht sozusagen automatisch Steuererhöhungen durchzuführen.

 

Das ständige Kaffeesudlesen der Opposition wirkt auf mich wie ein sehnsüchtiges Herbeireden einer Situation, in der Oppositionspolitiker in Wien endlich sagen können: Ihr macht es nicht anders, als die Abkassierer der Bundesregierung. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Diese Sehnsucht ist verständlich, aber sie ist absolut fehl am Platz und sie entbehrt jeder Grundlage. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zwölftens. Wir halten an dem bewährten Wiener System der Fremdmittelgebarung und des Schuldenmanagements fest, nicht nur deshalb, weil wir in dieser Frage durch den Rechnungshof bestätigt worden sind - das Lob kann man im Rechnungshofbericht nachlesen -, sondern weil natürlich die jährliche Reduktion um 109 bis 145 Millionen EUR von Jahr zu Jahr eine enorme Entlastung der künftigen Budgets bringt, weil natürlich der Zinsendienst deutlich zurückgenommen wird. Ich halte das für den genau richtigen Weg.

 

Ich muss noch etwas hinzufügen, weil bei uns allen sich manche immer wieder sozusagen die Frage stellen: Ja, wie kann man denn in einer Situation, die so schwierig ist, Schulden zurückzahlen? - Man muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Mittel des finanztechnischen Verkehrs dem Ausgabensektor nach den "Maastricht"-Bedingungen entzogen sind. Das heißt, diese Mittel, die zur Schuldenrückzahlung eingesetzt werden, sind "Maastricht"-neutral, können aber nicht zu weiteren Ausgaben in anderen Bereichen eingesetzt werden. Es geht hier also nicht darum, dass wir wie Musterknaben jetzt Schulden zurückzahlen, anstatt das Geld im Ausgabenbereich einzusetzen, sondern es ist ein aufkommensneutraler Vorgang, den wir natürlich vehement fortsetzen.

 

Im Finanzausschuss - ich glaube, es war am 19. Oktober - ist ein Bericht der Finanzverwaltung vorgelegt worden, in dem dargestellt wurde, aus welchen Gründen die Schuldenrückzahlung im Jahr 2001 zurückgestellt und auf das Jahr 2002 aufgeschoben wird. Das hat damit zu tun, dass im Augenblick - Sie werden das wahrscheinlich kennen - der Frankenkurs, auch durch die Entwicklung des 11. September, einen exorbitanten Hochgang hat und das Verhältnis zum Euro nicht gerade günstig ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zurückzuzahlen, wäre nicht wahnsinnig gescheit. Daher werden wir diese Mittel, die für heuer vorgesehen sind - so ist es auch in diesem Bericht

 

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