Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 138
gesprochen und der Bundesregierung alles Mögliche
vorgeworfen hat, etwa, dass sie das Gesundheitssystem vernichten will, unserer
Stadträtin, die der Regierung vorgeworfen hat, dass sie mit der Gesundheit und
dem Leben der Menschen spielt, und ähnliche Dinge. Für das dritte Märchen -
dass es angeblich keine Kürzungen in den Spitälern gibt - ist ganz besonders
sie verantwortlich, und die Gesundheitsstadträtin wird diese Kürzungen auch
verantworten müssen.
Meine Damen und Herren! Herr Stadtrat! Es war heute
in der Früh auch sehr interessant zu hören, dass der Finanzstadtrat das Thema
Gesundheit mit keinem einzigen Wort erwähnt, ja nicht einmal gestreift hat. Man
hätte von einem ehemaligen Gesundheitsstadtrat - und so lange ist das noch
nicht her, nur etwa ein Jahr - ja doch erwarten können, dass er dem wichtigen
Thema "Gesundheit in Wien" einen etwas breiteren Raum widmet. Es
zählt also auch das Märchen von den gesunden Wiener Spitalsfinanzen im Gegenmodell
wohl zu jenen Märchen, die es nicht einmal geschafft haben, bis zur heurigen Budgetdebatte
zu überleben.
Damit sind wir schon beim vierten Märchen: dem
Märchen von der Rekord-Investitionsquote. Da ist die Wahrheit auch bereits
dargestellt worden. Meine Damen und Herren, die Investitionen steigen nur rein
rechnerisch an, weil der Investitionskostenzuschuss für die Wiener Spitäler -
die Spitäler sind ja jetzt ausgegliedert - im Budget doppelt verbucht wird.
Dieser Zuschuss für die Investitionen der Spitäler wird einmal bei StR Rieder
budgetiert, wenn er ihn an StR Pittermann überweist, und der gleiche
Investitionszuschuss wird dann ein zweites Mal budgetiert, wenn ihn StR Pittermann
wirklich an den KAV weiter überweist. Es ist also einfach eine doppelte
Verbuchung, die kameralistisch sogar ihren Sinn haben mag.
Aber bereinigt man die Investitionen der Stadt um
diese Doppelt-Budgetierung, dann zeigt sich eben, dass die kommunalen
Investitionen natürlich auch im nächsten Jahr sinken werden, und zwar um
650 Millionen, und dann zeigt sich, dass auch die Ausgaben für das Bau-
und Baunebengewerbe gegenüber heuer um 870 Millionen S sinken werden.
Herr Stadtrat, aber auch Herr GR Strobl! In dieser
Situation jetzt herzugehen - wie das der Herr Stadtrat hier in diesem
"berühmten" politischen grünen Vorwort, aber auch Herr Strobl heute
in der Debatte noch einmal getan hat - und diese Doppelt-Budgetierung als
wirtschaftspolitische Leistung verkaufen zu wollen, weist die betreffenden
Herren eben doch als Märchenerzähler aus. Sie wollen uns in Wahrheit die zweifache,
die doppelte Budgetierung von ein und derselben Investition als Ihre Leistung
und als eine Budgetmittelaufstockung verkaufen. Es ist daher nichts anderes als
das vierte Märchen vom Gegenmodell.
Auch dieses Märchen ist scheibchenweise und ganz
langsam abgebröckelt. Der Herr Stadtrat hat heute hier offenbar zwei Redemanuskripte
verwendet, nämlich das alte Redemanuskript, in dem das Märchen von der
steigenden Investitionsquote noch erzählt wird, und gleich danach das zweite,
offenbar schon korrigierte Redemanuskript, in dem die sinkende Investitionsquote
ausdrücklich zugegeben wird und natürlich - wie könnte es anders sein! - die
Schuld gleich auf die Bundesregierung und dem Nulldefizit in die Schuhe
geschoben wird.
Meine Damen und Herren! Wir sollten daher heute an
diesem Punkt der Sachlichkeit halber ebenfalls festhalten und außer Streit
stellen, dass die Wiener Investitionsquote auch im nächsten Jahr sinken wird.
Zweitens sinkt die Investitionsquote schon seit dem Budget 1994 Jahr für Jahr.
Die Investitionsquote in Wien sinkt also unabhängig davon, ob es einen roten
Finanzminister oder einen blauen Finanzminister gibt, und die Investitionsquote
in Wien sinkt unabhängig davon, ob die Schulden auf Bundesebene gerade explodieren
oder ob die Schuldenpolitik - so wie im nächsten Jahr - beendet werden kann.
Das war das vierte Märchen im Gegenmodell, das es
eigentlich nicht einmal geschafft hat, bis zur Budgetdebatte zu überleben.
Meine Damen und Herren! Das fünfte Märchen hat diesen
Gemeinderat bereits beschäftigt: das Märchen von der Wirtschaftsförderung. Wie
sieht es damit in Wahrheit aus? - Der Wirtschaftsförderungsfonds muss diese
Budgetmittel 2003 und 2004 zurückzahlen. Der Fonds kann diese Budgetmittel
natürlich nur dann zurückzahlen, wenn er seine Förderungen massiv kürzt. Der
Fonds muss daher jetzt schon, ab 1. Jänner, seine Wiener Wirtschaftsförderungsaktionen
um die Hälfte kürzen.
Es ist dieses Märchen von der Wirtschaftsförderung
symptomatisch für dieses gesamte Budget. Man erzählt zuerst das Märchen vom
Rekordbudget, der Finanzstadtrat erzählt bei der SPÖ-Klubtagung von einer
Konjunkturmilliarde, und seine Fraktionskollegen glauben ihm das vielleicht
noch. Man verbreitet dieses Märchen mit teuren Zeitungsbeilagen - wie etwa in
der November-Ausgabe des "Gewinn" - sogar in der Öffentlichkeit. Man
wartet in aller Ruhe diese Budgetdebatte ab. Aber schon in der nächsten Woche,
meine Damen und Herren, am Freitag, den 30. November, werden wir im Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds die Halbierung dieser Richtlinien beschließen.
Ebenfalls noch im heurigen Jahr, und zwar im Dezember-Gemeinderat, wird dann
dieser Kürzungsbeschluss hierher kommen, um abgesegnet zu werden und rechtzeitig
am 1. Jänner in Kraft treten zu können.
Herr Finanzstadtrat! Sie haben heute Morgen ausdrücklich
zugegeben, dass diese Budgetmittel nur als Darlehen an den Fonds gewährt
werden. Darlehen müssen natürlich zurückgezahlt werden. Sie haben daher auch
zugegeben, dass mit 1. Jänner neue Richtlinien für die Förderung in Kraft
treten werden, neue Richtlinien, die, wenn man sie sich genauer ansieht, im
Ergebnis etwa eine Halbierung der Wiener Wirtschaftsförderung bedeuten.
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