Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 138
doch den
Umsatz von damals hatte er nie mehr erreicht. Bisher war dieses Dumping beim
Strompreis wirtschaftlich deshalb möglich, weil ja die Tarifkunden -
insbesondere Haushalte und Gewerbe - die Sonderkunden finanzierten, da die
Tarifkunden noch nicht in den Genuss der Liberalisierung gekommen waren. Aber
je näher der Termin der Vollliberalisierung kam, desto mehr mussten sich die
EVU auch um diesen Kundenkreis kümmern und die Spanne für die Preissenkungen
wurde immer geringer. Ich weiß, dass bei den Industriekunden der Strompreis
mittlerweile wieder steigt und für die Kilowattstunde derzeit 30 bis
35 Groschen bezahlt werden müssen.
Ab
dem 1. Oktober hat nun eine neue Ära begonnen. Seit diesem Zeitpunkt ist
der Strommarkt für alle Konsumenten offen. Jeder Kunde kann seinen Lieferanten
frei wählen. Im Hinblick auf diesen Termin haben inländische und auch
ausländische EVU in Wien mit günstigen Tarifen um neue Kunden geworben. Aber
auch WIENSTROM hat seinen Kunden neue Angebote hinsichtlich Stromlieferverträge
geschickt.
Auch
ich habe für meine Kanzlei schon vor dem Sommer solch ein Angebot erhalten.
Bisher hatte ich einen Grundpreis von 576 S pro Jahr und bezahlte für die
Kilowattstunde Strom 1,57 S. Das neue Angebot sah bei einer Bindung bis
Ende 2002 einen Grundpreis von 48 S pro Monat und 1,47 S für die
Kilowattstunde Strom vor. Bezeichnet wurde dieses Angebot mit "Unternehmer
2002".
Als
ich dann den neuen Grundpreis von 48 S auf das Jahr hochrechnete, nämlich
48 mal 12, bin ich auf 576 S pro Jahr gekommen - also gegenüber bisher
unverändert. Lediglich die Kilowattstunde Strom wäre um 10 Groschen
billiger geworden. Diese geringe Ersparnis war für mich eigentlich kein Grund,
mich für ein Jahr beziehungsweise bis Ende 2002 an WIENSTROM zu binden.
Im
Oktober bekam ich von WIENSTROM ein neues Angebot, bezeichnet mit
"Business-Strom Mega". Dieses Angebot war dann schon etwas
interessanter: Bei einer Bindung bis Ende 2002 wären als Grundpreis 85 S
pro Jahr zu bezahlen - also immerhin eine Ersparnis um 490 S - und für die
Kilowattstunde Strom 1,39 S - das wären immerhin um 18 Groschen weniger.
Bei einem Verbrauch von zum Beispiel 10 000 Kilowattstunden wären das
pro Jahr immerhin um 2 500 S weniger. - Ich wäre übrigens schön dumm
gewesen, wenn ich das Angebot von WIENSTROM aus dem Sommer übernommen hätte,
denn damit hätte ich ja schwer draufgezahlt.
Mich
hat nun interessiert, ob diese Liberalisierung auch für Stromkunden eintritt,
die sich nicht binden. Ich habe aus diesem Grund letzten Freitag bei der
Service Line von WIENSTROM angerufen. Bei dieser Service Line bekam ich dann
die Auskunft, dass eine Senkung ohne Bindung auch erfolgt wäre, nämlich: Neuer
Grundpreis von 85 S pro Jahr und nunmehr 1,51 S für die Kilowattstunde
- das wären um 6 Groschen weniger als bisher. Mir wurde auch gleich
mitgeteilt, dass ich mir bei dieser Variante etwa 1 000 S pro Jahr
ersparen würde. Auf meine Frage, ob das nun Brutto- oder Nettopreise wären,
wurde ich dahingehend aufgeklärt, dass zu den Kilowattpreisen noch Zuschläge -
unter anderem 0,71 Groschen für stranded costs, 0,72 Groschen für
erneuerbare Energie und 10,22 Groschen für den KWK-Zuschlag - dazu kämen.
Auf meinen Hinweis, dass es diesen KWK-Zuschlag bei meinem alten Tarif noch
nicht gab und die Kilowattstunde nunmehr sogar teurer als vor der
Liberalisierung werde, wurde dies bestätigt: Die Kilowattstunde Strom ist nun
um 4,22 Groschen teurer als vor der Liberalisierung.
Auf
meine Frage, wie es bei einer Erhöhung von 4 Groschen zu einer Ersparnis
von knapp über 1 000 S kommen könnte, wurde mir erklärt, dass das
natürlich nur eine "theoretische Ersparnis" werde. Bei diesem
Vergleichsrechnungsmodell, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat man so
gerechnet, als hätte es im Vorjahr diesen Zuschlag schon gegeben. Tatsächlich
würde ich nunmehr natürlich um einige Schillinge mehr bezahlen und nicht weniger.
Sehr
geehrter Herr Vizebürgermeister! Diese Auskunft hat mich verärgert. Wie
bezeichnet man so etwas? - Als Schummelpartie? Als Täuschung? Als Nepp? - Ist
das Ihre Liberalisierung, dass Kraut und Rüben verglichen werden, nur um dem Kunden
eine Strompreissenkung vorzugaukeln? - Das ist nicht fair, sehr geehrter Herr
Vizebürgermeister, und solch eine "Liberalisierung" - unter
Anführungszeichen - ist ärgerlich.
Nun,
wie kam das zustande? - Sie wissen es, Herr Vizebürgermeister, und haben es
heute ja bereits angeschnitten: Um den Strompreis transparenter zu machen,
werden die künftigen Stromrechnungen zweigeteilt. Auf der Rechnung sind Stromlieferung
und Netznutzung gesondert ausgewiesen, wobei sich der Preis für die Netznutzung
aus verschiedenen Komponenten, unter anderem dem Zuschlag für die
Kraft-Wärme-Koppelung in der Höhe von 10,22 Groschen, zusammensetzt. Durch
eine bundesrechtliche Ermächtigung darf der jeweilige Landeshauptmann für sein
Bundesland umweltfördernde Maßnahmen kreieren und diese in Form eines Zuschlags
auf die Netzgebühr wieder hereinspielen.
Als
die Höhe des Zuschlags in der Öffentlichkeit bekannt wurde - anfangs sprach man
ja sogar von 12 Groschen pro Kilowattstunde -, ging ein Aufschrei durch
die Medien. So lautete zum Beispiel eine Headline in der Presse vom
20. September 2001: "Massive Erhöhung des Strompreises in Wien
geplant."
Man
hat die Bevölkerung sofort beruhigt und erklärt, dass der Strompreis - genauer
gesagt, der Arbeitspreis - etwa um diesen Betrag gesenkt werde und dass das
Ganze letztendlich ein Nullsummenspiel wäre, wie du, Kollege Juznic, es ja
vorhin auch ausgeführt hast.
Nun, so schön war es
dann aber auch wieder nicht. Nach der neuen Verordnung des Herrn Lhptm
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