Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 138
kunft auf das Bundesbudget
abzuschieben. Es wird ja nach dem heutigen Beschluss in vielen Teilbereichen
das Bundesbudget zur Wirtschaftsförderung in Wien herangezogen, etwa bei der
Förderung von Umweltprojekten von Wiener Betrieben. Da haben wir unsere eigene
Aktion den Öko-Business-Plan bereits mit Ende September eingestellt, und die
Ausfallshaftung dafür muss ab dem nächsten Jahr die Umweltbank des Bundes
übernehmen, die Ausfallshaftung dafür muss die Kommunalkredit Austria
übernehmen.
Auch auf dem
Gebiet der Biotechnologie, die so wichtig ist, wird die Stadt in Hinkunft mit
der Innovationsagentur des Bundes kooperieren. Wir werden nach diesen heutigen
Beschlüssen eine Arbeitsgemeinschaft mit der Innovationsagentur des Bundes
gründen, um auch hier Bundesmittel für die Biotechnologie in Wien zu lukrieren.
Vor allem auch
bei der Innovationsförderung, meine Damen und Herren, wird sich die Stadt in Hinkunft
ganz wesentlich an den Bundesstellen orientieren. Wir werden auch bei der
Innovationsförderung ab dem nächsten Jahr eine Zusammenarbeit mit dem Forschungsförderungsfonds
des Bundes suchen, und auch hier wird sich die Stadt an die 50-prozentige
Förderungsprämie des Forschungsförderungsfonds des Bundes nur mehr mit einer
eigenen Zusatzprämie anhängen.
Ganz besonders
deutlich wird die Abwälzung der Belastung auf das Bundesbudget bei der Jungunternehmerförderung.
Wir werden ja mit den heutigen Beschlüssen unsere eigenständige Wiener JungunternehmerInnen-Förderungsaktion
ersatzlos einstellen. Die Unternehmensgründung in Wien wird daher in Zukunft
über die Bürges-Förderungsbank des Bundes stattfinden und die Stadt Wien wird
sich an diese 7-prozentige Prämie des Bundes nur mehr mit einer eigenen 3-prozentigen
Zusatzprämie anhängen.
Herr StR
Rieder! Ich meine, es kann nicht der richtige Weg sein, wenn sich die Stadt
mitten im Wirtschaftsabschwung jetzt immer mehr aus der Wirtschaftsförderung
zurückzieht, es kann nicht der richtige Weg sein, wenn die Stadt die Belastung
immer mehr auf das Bundesbudget abwälzt. Wir sollten vielmehr auch in Wien
Impulse setzen. Wir sollten etwa auch in Wien öffentliche Investitionen der
Stadt jetzt in der Konjunkturflaute vorziehen.
Herr Stadtrat!
Die Bundesregierung hat diese Woche im Parlament ein solches Paket zur
Konjunkturbelebung vorgelegt, und ich fordere Sie auf: Legen doch auch Sie dem
Gemeinderat ein solches Wiener Konjunkturpaket vor! (Beifall bei der FPÖ. - GR Mag Christoph Chorherr: Warum haben Sie
derart bei der Filmwirtschaft gekürzt?) Ja, Herr Klubobmann, ich weiß, dass
Sie sich nur bei der Filmförderung auskennen (GR Mag Heidemarie Unterreiner: Nein, da kennt er sich auch nicht aus!),
aber ich werde trotzdem hier den Unterschied zwischen der Bundespolitik und der
Wiener Politik weiter herausarbeiten.
Denn, meine
Damen und Herren, es hat der Wirtschaftsabschwung - das hat auch Herr Klubobmann
Chorherr ganz richtig analysiert, da sind wir einer Meinung - die Stadt Wien
ganz besonders getroffen. Nach den jüngsten Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstituts
ist die Wiener Stadtwirtschaft derzeit bereits in der Stagnation, in den
übrigen Bundesländern wächst die Wirtschaft langsam, aber sie wächst noch mit
etwa 1,3 Prozent. Die Wiener Stadtwirtschaft ist bereits in der Stagnation
und wir sind damit bereits seit Jahren das Schlusslicht bei den Wachstumsraten
in Österreich. Auch in den letzten Jahren ist die Wirtschaft in Österreich im
Durchschnitt um 2 Prozent pro Jahr gewachsen. In Niederösterreich zum
Beispiel, also bei unserem Nachbarn, ist die Wirtschaft im Durchschnitt sogar
um 4 Prozent gewachsen, also doppelt so hoch wie im Bundesschnitt. Auch im
Durchschnitt der letzten Jahre war Wien da immer der Nachzügler mit nur
0,9 Prozent.
Dieser
Rückstand ist auch nicht überraschend. Er ist nicht überraschend, wenn man sich
ansieht, dass die Stadt seit 1997, also in den letzten vier Jahren, etwa ein
Viertel seiner produzierenden Betriebe verloren hat. Die Anzahl unserer
Produktionsbetriebe ist in diesen vier Jahren von 1 100 auf nur mehr 800 Betriebe
zurückgegangen. Die Abwanderung nach Niederösterreich und in die anderen
Bundesländer ist dabei eben ein ganz besonderes Problem.
Insgesamt hat
die Stadt seit 1994 in etwa 20 000 Arbeitsplätze verloren, aber in den
anderen Bundesländern - und das ist ja das Interessante - konnten im gleichen
Zeitraum 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. (VBgm Dr Sepp Rieder: Herr Dr Schock, wie
viele Arbeitsplätze hat diese neue Bundesregierung verloren?) Diese
Position als Schlusslicht hat sich damit auch etwa im Hochkonjunkturjahr 2000
verfestigt. (VBgm Dr Sepp Rieder: Wie
viele Arbeitsplätze hat diese Regierung in einem Jahr verloren?) Herr StR
Rieder, es hat sich diese Position als Schlusslicht sowohl in der
Hochkonjunktur 2000 als auch jetzt im Wirtschaftsabschwung verfestigt.
Wien wird ja
auch heuer 2 500 Arbeitsplätze verlieren, und es wird daher nicht genug
sein, Herr StR Rieder, wenn Sie den Versuch unternehmen, die Schuld dafür auf
die Bundesregierung abzuschieben. (VBgm
Dr Sepp Rieder: Das ist keine Frage der Schuld, aber Sie wollten ja über den
Tellerrand blicken!) Es wird nicht genug sein, weil dieser Rückstand der
Stadt bereits ein langjähriger Rückstand ist. Der Rückstand besteht seit Beginn
der Neunzigerjahre, und es liegt daher doch die Vermutung sehr, sehr nahe, Herr
Stadtrat, dass dieser Rückstand durch eine falsche Politik bei uns in Wien
einfach hausgemacht ist. (Beifall bei der
FPÖ.)
Herr
Stadtrat, Sie haben nicht die richtigen Lehren daraus gezogen, und ich glaube,
es zeigt auch die heutige Debatte, dass nicht die richtigen Lehren daraus
gezogen worden sind, denn es sind ja seit den Wiener Wahlen neue
Konkurrenznachteile, hausgemachte Konkurrenznachteile dazugekommen.
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