«  1  »

 

Gemeinderat, 10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 56

 

Dezember 2001 waren in Wien 8 888 junge Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren arbeitslos gemeldet. Das entspricht zwar dem Durchschnitt in Österreich, das ist sozusagen keine Besonderheit, im Gegenteil, denn in Oberösterreich und Niederösterreich war der Anstieg mit 42,1 Prozent und 40,8 Prozent dramatisch stärker, aber ich gehe davon aus - und ich sage das im Namen aller aus unserer Fraktion -, es ist für einen Menschen, der Arbeit sucht und keine Arbeit findet - ohne Unterschied, in welchem Lebensalter er sich befindet -, eine zutiefste Zerstörung seiner Persönlichkeit. Es ist eine Demütigung und es raubt in Wirklichkeit das Selbstvertrauen.

 

Aber besonders schlimm ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es einen jungen Menschen trifft. Dann ist es der Sprengstoff und auch möglicherweise die Einstiegsdroge in die Jugendkriminalität. Daher ist es für uns nicht nur eine beschäftigungspolitische Frage, sondern in der Tat eine gesellschaftspolitische Frage, dass wir uns im besonderen Maße gegen die Jugendarbeitslosigkeit wenden. Das ist das Schwerpunktprogramm, einer der Schwerpunkte unseres Programms, und dazu bedarf es keiner Zurufe von dritter Seite.

 

Die Frage der Arbeitsmarktpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist bekanntlich eine Bundessache, und es stehen dem Bund und dem Arbeitsmarktservice dafür jene Mittel zur Verfügung, die durch die Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Stande gebracht werden in der Arbeitslosenversicherung.

 

Und ich muss schon sagen: Alles das, was in der letzten Zeit, 2000, passiert ist mit jenen Mitteln der Arbeitslosenversicherung für andere Zwecke, ist ein trauriges Kapitel des Umgangs mit Mitteln, die einem nicht gehören. Denn in Wirklichkeit sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für die Arbeitslosenversicherung zweckgewidmet. Sie für andere Zwecke einzusetzen, ist eigentlich, gerade in der gegenwärtigen Situation, durch nichts zu rechtfertigen.

 

Daher fordern wir Bundesminister Bartenstein auf, und ich glaube, mit Recht, dass jene Arbeitsmarktreserven, die mindestens 109 Millionen EUR oder sogar 116 Millionen EUR betragen, tatsächlich für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden und nicht irgend woanders umgeleitet werden. Das sind Mittel, die dafür vorgesehen sind und die wir jetzt nicht kompensieren können, indem wir sagen, das zahlt sozusagen alles der Steuerzahler in Wien, sondern wir verlangen, dass diese Mittel für die Verbesserung der Arbeitsmarktsituation in Wien - nicht nur in Wien, aber vor allem auch in Wien - voll und ganz eingesetzt werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben - ich habe es schon erwähnt - durch das WAFF-Sonder-programm sichergestellt, dass im Jahre 2002 1 386 Personen in Qualifizierungs-, Fortbildungs- und Förderungsmaßnahmen untergebracht werden können, dort betreut und ausgebildet werden können. Das finanzieren wir gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice. (Zwischenruf des GR Gerhard Pfeiffer.) Ich komme gleich dazu, ich werde Ihnen das dann gleich sagen. Es ist ein beachtlicher Betrag, der hier aufgewendet wird, schon jetzt, 6,6 Millionen EUR.

 

Dem Zuruf leiste ich gerne Folge, damit Sie sehen, wie das bei uns ist. Es gibt das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz des Bundes. In einer Novellierung des Gesetzes hat die Bundesregierung 100 Millionen EUR, allerdings für ganz Österreich, aufgebracht, mit der Beifügung: Wenn es eine angemessene Beteiligung des jeweiligen Bundeslandes gibt, sind die Mittel für Förderungs- und Sicherungsmaßnahmen, was die Ausbildung betrifft, einzusetzen. Das waren 4,3 Millionen EUR, von denen Wien aus seinen Budgetmitteln 1,1 Millionen EUR aufgebracht hat. Ich füge hinzu: Wien war damit das einzige Bundesland, das bereits ab 26. November des Vorjahres von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und das Programm tatsächlich umgesetzt hat. Es ist sozusagen nicht erst jetzt, wo andere Bundesländer aufzuwachen beginnen, sondern seit dem 26. November läuft dieses Ausbildungs- und Fortbildungsprogramm, bei dem bereits 594 Teilnehmer mitmachen.

 

Zweiter Punkt: Wir haben dieses Programm des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes ergänzt durch einen Beitrag aus eigenen Budgetmitteln, und zwar wieder um 1,1 Millionen EUR, zu denen das Arbeitsmarktservice ebenfalls 1,1 Millionen EUR dazugelegt hat. Damit ist das Ausbildungsprogramm erweitert worden und es sind weitere 772 Teilnehmer aufgenommen worden.

 

Wir machen jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Vorschlag für eine Ergänzung dieses Programms, wo wieder dasselbe Prinzip gilt: Gemeinsame Finanzierung, gemeinsame Ausbildungs- und Fortbild-ungsprogramme. Wir nehmen aus den Budgetmitteln für die wirtschaftlichen Notstandsmaßnahmen, Ansatz 7880, die mit 14 Millionen EUR dotiert sind, 3,3 Millionen EUR, setzen sie dafür ein, dass dieses Ausbildungsprogramm verdoppelt wird, unter der Bedingung, dass der Bund, die Arbeitsmarktpolitik, ebenfalls einen Betrag von 3,3 Millionen EUR dazugibt. Angesichts der 109 bis 116 Millionen EUR-Reserve bedeutet das, dass Minister Bartenstein nicht in die Budgetkassa greifen muss, sondern das ausschließlich aus diesen Reserven aufwenden kann. Daher bin ich überzeugt, im Gegensatz zu einer Bemerkung von Frau Dr Vana, dass das durchaus ein realistisches Angebot ist, von dem ich überzeugt bin, dass sich Herr Bartenstein dem nicht entziehen wird können.

 

Wir werden mit diesem Projekt eine Verdoppelung und damit einen Einsatz von 13,2 Millionen EUR für den Bereich der Ausbildung und Fortbildung sicherstellen.

 

Ich weiß schon - ich hätte nicht den Protest des Herrn Pfeiffer erwartet, sondern eher einen des Herrn Tschirf -, dass das nicht ganz das Wunschdenken des ÖAAB ist, der ja darin eher eine Ideologisierung der Jugendbeschäftigungspolitik sieht, was ich nicht ganz verstehen kann. Junge Menschen nicht auf der Straße stehen zu lassen, wenn sie keine Lehrstelle finden, sondern in einem Ausbildungsprogramm unterzubringen, kann doch keine Frage der Ideologisierung der Beschäftigtenpolitik sein, sondern es geht ja darum, dass wir alle

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular