Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 99
Flötzersteig für die Müllverbrennungsanlage festzuhalten?
Ich bitte um Beantwortung.
Amtsf StRin Dipl Ing Isabella Kossina:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Zu Ihrer Fragestellung betreffend Flötzersteig möchte
ich grundsätzlich feststellen und in Erinnerung rufen: Die Müllverbrennungsanlage
Flötzersteig ist eine Anlage der Fernwärme Wien GesmbH und fällt damit nicht in
meinen Geschäftsbereich. Es ist daher von meiner Geschäftsgruppe aus auch nicht
möglich, betriebswirtschaftliche Entscheidungen, welcher Art sie auch immer
seien, herbeizuführen, zu beeinflussen oder auch mitzugestalten.
Da Sie Ihre Frage an mich als Umweltexpertin und
Umweltstadträtin gerichtet haben, möchte ich Ihnen aus umweltpolitischer Sicht
aber dennoch Folgendes mitteilen:
Ich bin Umweltexpertin und Umweltstadträtin und das
ist zum Glück kein Widerspruch. Ich bestehe darauf und bekenne mich dazu, dass
meine politischen Entscheidungen von meiner Kenntnis als langjährige
Umweltschützerin und als Umweltexpertin getragen werden. Ich kann Ihnen auf
Grund meiner reichhaltigen Erfahrungen als Umweltexpertin mitteilen, dass die
Müllverbrennungsanlage Flötzersteig und die Müllverbrennungsanlage Spittelau
auf dem höchsten Stand der Technik sind, dass sie international anerkannt sind.
Die Müllverbrennungsanlage Flötzersteig wurde vor zehn Jahren generalsaniert.
Die Rauchgasreinigungsanlagen finden international Anerkennung. Im Jahr 1993
wurde in der Anlage Flötzersteig der Katalysator eingebaut. Im Vergleich dazu:
In der Anlage Spittelau wurde er 1990 eingebaut. Die Anlage Flötzersteig ist
somit im Hinblick auf die Rauchgasreinigung sogar noch moderner ausgestattet
als die Anlage Spittelau.
Das heißt, diese beiden Anlagen sind gleichwertig.
Sie stellen den internationalen Stand der Technik dar, sie sind
Hightech-Anlagen. Die ganze Welt beneidet uns darum. In Osaka steht eine
vergleichbare, optisch sogar gleiche Anlage wie hier in Wien. Delegationen von
der EU schauen sich unsere Anlagen an, nehmen unsere Anlagen als Grundlage für
ihre Entscheidungen im Hinblick auf die EU-Gesetzgebung. Die
Müllverbrennungsanlagen Flötzersteig und Spittelau sind auch auf
Österreichebene herzeigbar. Wir haben die strengsten Emissionsgrenzwerte, die
strengsten Emissionswerte - das ist nachgewiesen - und den höchsten effizienten
Wirkungsgrad, nämlich 73 Prozent. Kraft-Wärme-Kopplung ist gegeben. Auch
das ist bis jetzt einzigartig in Österreich.
Diese beiden Müllverbrennungsanlagen sind nun einmal
der Eckpfeiler, die Grundsubstanz unserer Wiener Abfallwirtschaft, einer
erfolgreichen Wiener Abfallwirtschaft. Aber die Abfallwirtschaft besteht eben
nicht nur aus der Müllverbrennung, sondern diese bildet das Ende einer langen
Kette. Wir haben sehr viele moderne, hochtechnologische Anlagen, wie etwa
Wirbelschichtverbrennungsanlagen für den Klärschlamm, für die gefährlichen
Abfälle. Wir haben die Splittinganlage, die derzeit im Probebetrieb ist. Wir
haben aber am Rautenweg auch eine Deponie, die in einer modernen
Abfallwirtschaft auch notwendig ist.
Es ist uns aber klar, dass eine moderne Abfallwirtschaft
ohne Müllverbrennungsanlagen nicht auskommt. Daher ist es meine Verantwortung
als Umweltstadträtin, die für die Daseinsvorsorge der Wienerinnen und Wiener
verantwortlich ist, all jene Anlagen vorzuhalten, die notwendig sind, um die
Anforderungen des Umweltschutzes, die gesetzlichen Anforderungen des
Umweltministers einzuhalten, und selbstverständlich auch das Klimaschutzziel -
das muss eingehalten werden. Und das schaffen wir mit einer modernen
Kraft-Wärme-Kopplung, und diese ist bei unseren modernen Müllverbrennungsanlagen
gegeben.
Daher ist es nur im Interesse der
Entsorgungssicherheit unserer Wienerinnen und Wiener, dass diese
Müllverbrennungsanlagen und alle anderen Anlagen, die der Abfallwirtschaft in
Wien dienen, so lange betrieben werden, wie dies betriebswirtschaftlich und
technisch erforderlich ist. Alles andere wäre ökologisch nicht sinnvoll und
auch politisch nicht vertretbar.
Was die dritte Müllverbrennungsanlage, die offenbar
auch Inhalt Ihrer Fragestellung war, betrifft, so möchte ich nur nochmals in
Erinnerung rufen: Vorsorgender Umweltschutz heißt Bau einer dritten
Müllverbrennungsanlage, weil - Sie wissen es - die Deponieverordnung in Kraft
tritt und wir steigende Müllmengen haben und bereits jetzt unbehandelte Abfälle
auf Deponie gehen müssen. Das heißt, wir müssen eine neue
Müllverbrennungsanlage in Wien errichten. Die Vorbereitungen dafür müssen daher
rechtzeitig anlaufen.
Zur Kapazität der dritten Müllverbrennungsanlage: Die
Kapazität muss natürlich darauf ausgerichtet sein, jene Menge zu behandeln, die
anfällt und auch in zehn Jahren anfallen wird. Das heißt, kapazitätsmäßig muss
diese neue Anlage so ausgelegt werden, dass sie den Restmüll, der derzeit und
in den kommenden Jahren nicht verbrannt werden kann, aufnehmen kann. Das ist
die Grundlage unserer Untersuchungen und unserer Planungen.
Sie haben es angesprochen: Ich habe als
Umweltexpertin, als eine von 40 UmweltexpertInnen beim SUP-Prozess
mitgearbeitet. Ich war auch sehr froh darüber, dass es mir, als ich
Umweltstadträtin geworden bin, möglich war, die wissenschaftlichen Experten zu
koordinieren. Das heißt, dieser SUP-Prozess, der zu diesem erfolgreichen
Bericht geführt hat, setzte sich nun einmal aus der Arbeit verschiedener
Experten zusammen - Wissenschaft, NGOs, Experten des Magistrats -, und der
SUP-Bericht liegt nun - Sie haben ihn im Gemeinderat zur Kenntnis genommen -
als fachliche Grundlage für die politische Entscheidung vor.
Ein Wissenschafter hat keine politische Verantwortung zu
übernehmen. Ich als Wissenschafterin und Politikerin, als Umweltpolitikerin,
als verantwortliche Umweltpolitikerin muss natürlich diesen Bericht zu Rate
ziehen, aber die politische Verantwortung muss ich auch tragen. Das heißt,
dieser SUP-Bericht kann nur insofern umge-
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