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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 99

 

Ort kontrolliert wird, ob die Demonstration den Boden des Gesetzes verlässt, ob ein Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz vorliegt. Das ist nicht passiert.

 

Aber ich möchte mich nicht so lange mit dem aufhalten, was schon passiert ist. Was passiert morgen, was passiert in den nächsten Wochen, was passiert in den nächsten Jahren in dieser Stadt und in dieser Republik?

 

Ich habe es schon einmal gesagt: Mir fällt es schwer, mich daran zu gewöhnen, dass die FPÖ in den Parlamenten sitzt, angeführt von Leuten wie Harald Stefan, und ich gewöhne mich ganz, ganz sicher nicht daran, dass Neonazis in Wien demonstrieren dürfen. Ich gewöhne mich nicht daran, dass durch die Kärntner Straße Horden laufen mit "Sieg-Heil!"-, mit "Deutschland-den-Deutschen!"- und mit "Ausländer-raus!"-Parolen. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPÖ.)

 

Am 8. Mai planen Burschenschafter den nächsten Aufmarsch und die FPÖ ist natürlich auch wieder dabei. Der Herr Ewald Stadler oder der Herr Nationalratsabgeordnete Jung wollen gemeinsam mit Claus Nordbruch eine Veranstaltung machen. Nicht zur Befreiung und nicht zum Kriegsende, sondern anlässlich der totalen Niederlage, wie das in einer Festschrift der Olympia heißt. Dieser Claus Nordbruch, der beim Ring Freiheitlicher Studenten angekündigt wird - das Link dazu finden Sie natürlich auch wieder bei der Olympia; er wird da angekündigt, als ob er ein normaler Geschichtestudent gewesen wäre, der etwas zu sagen hat zum Zweiten Weltkrieg oder zum Kriegsende -, dieser Claus Nordbruch ist in Deutschland ein bekannter Neonazi, schreibt für die "Aula" und hat von Gerhard Frey 2001 10 000 Mark als Freiheitspreis der "Deutschen National-Zeitung" bekommen. Die heißt nicht nur so, wie sie klingt, sondern das ist eine deutsche Nationalzeitung.

 

Diesen Referenten holt man sich jetzt, nachdem Nazis durch die Stadt gegangen sind, als FPÖ oder FPÖ-Vorfeldorganisation nach Wien. Claus Nordbruch, ein Nazi - was "neo" an dem sein soll, weiß ich nicht genau, er ist Jahrgang 1961 -, wird mit FPÖ-Politikern - falls es zugelassen wird, auf der Universität ist es nicht zugelassen worden -, mit dem Herrn Jung voraussichtlich, gemeinsam auftreten. Das sind die Lehren, die die Freiheitliche Partei Österreichs aus dem ersten Neonazi-Aufmarsch gezogen hat.

 

Das ist beschämend, das ist beschämend für die FPÖ sowieso, aber es ist auch beschämend, dass jetzt nicht darauf geachtet wird, mit wem die FPÖ gemeinsam - und ich schaue auch zur ÖVP - Politik macht in diesem Land.

 

Wenn Sie fragen: Wo findet jemand diese Informationen über irgendwelche Freiheitlichen und irgendwelche Zusammenhänge mit dem rechten Rand, mit dem rechtsextremen Rand oder mit Begegnungen mit Neonazis? - Das ist ganz einfach. Sie gehen nur ins Internet und geben in die Suchmaschine - Hausnummer - Harald Stefan, Nazi, Österreich ein, und es wirft Ihnen einen ganzen Haufen aus. Sie können es nicht durchlesen und Sie können es auch nicht in eine Rede packen. Sie können das mit mehreren Leuten von der FPÖ machen, es wirft Ihnen jedes Mal eine Menge aus (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.), und es sind erschreckende Aussagen dabei wie der ausländerfeindliche Antrag, den ich zu Beginn meiner Rede verlesen habe.

 

Die FPÖ steht in der Tradition von Mölzer und Gudenus - der übrigens bei der letzten Wehrmachtsausstellung zurücktreten und sein Mandat hergeben musste -, von Schimanek und Windholz, von Gaugg und Dürr, einem Landtagsabgeordneten-Kandidaten, der angeblich am Heldenplatz war, eines Bezirksratskandidaten, des Herrn Konschill, der Sprecher der Olympia war oder ist und der ebenfalls dort gewesen sein soll. Es gibt eine Vermischung in dieser Stadt zwischen Neonazis und FPÖ.

 

Ich erwarte mir - und ich weiß, dass die Wiener Bevölkerung diese Demonstrationen von Neonazis aus tiefstem Herzen ablehnt -, ich erwarte mir von allen, dass wir uns vom Gedankengut vieler Freiheitlicher lösen. Ich erwarte mir, dass wir am 8. Mai nicht eine Niederlage betrauern, wie das die FPÖ, der Ring Freiheitlicher Studenten plant, sondern ich erwarte mir, dass wir keine Nazis mehr - nicht in diesem Jahr, nicht im nächsten Jahr! - in Wien auf den Straßen sehen. Ich hoffe, dass alle Parteien (GRin Heike Trammer: Absagen!), die das unterstützen (GRin Heike Trammer: Absagen!), dass alle Parteien, die das unterstützen - es sind offensichtlich nicht alle, wie ich dem Zwischenruf entnehme -, am 8. Mai eine Befreiung und ein Kriegsende begehen und nicht einer Zeit nachtrauern, die längst vergangen ist. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist Herr GR Dr Ulm zum Wort gemeldet. Ich darf mitteilen, dass alle folgenden Redner inklusive Dr Ulm 5 Minuten Redezeit haben. - Bitte.

 

GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vorsitzender!

 

Herr Landtagspräsident, ich muss Sie persönlich ansprechen, weil Sie im Zusammenhang mit dem Thema der heutigen Aktuellen Stunde gestern bei der Eröffnung der Landtagssitzung einen Fehler begangen haben, einen gravierenden Fehler, indem Sie eine parteiliche tagespolitische Forderung erhoben haben. (GR Godwin Schuster: Das ist ja ungeheuerlich!) Ich hoffe, dass Sie einen solchen Fehler in Zukunft nicht mehr begehen und das Statut, die Geschäftsordnung des Landtags einhalten werden, denn die ÖVP wird sich das auf die Dauer sicher nicht von Ihnen gefallen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Gemeinderäten der FPÖ. - GR Godwin Schuster: Der sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht!)

 

Keine andere Interpretation des § 15 der Geschäftsordnung, Herr Landtagspräsident, ist möglich als die, dass die Mitteilung nur eine formelle sein kann. Vergleichen Sie dazu die Mitteilung, die vorgesehen ist für den Bürgermeister und die Mitglieder der Landesregierung im § 16. Dort ist ausführlich dargestellt, dass die Mitteilung selbstverständlich inhaltlicher Natur ist, dass das Thema bekannt zu geben ist, nämlich 24 Stunden vor Sitzungs-

 

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