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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 99

 

vergleichbare Erlebnisse verbinden mich mit den Sofiensälen, aber auch ganz nette.

 

Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Zunächst einmal steht ja außer jedem Zweifel - ich habe heute schon einmal darauf hingewiesen und wir stimmen darin auch überein -, dass die Sofiensäle selbst einen besonderen Stellenwert in kultureller und historischer Hinsicht in dieser Stadt haben. Erlauben Sie mir aber auch darauf hinzuweisen, dass der Eigentümer dieser Liegenschaft die Sofiensäle AG, also ein privater Eigentümer ist, der, wie Sie in der Begründung zu Ihrer dringlichen Anfrage ja auch ausführen, vorläufig - füge ich hinzu - nicht bereit ist, die Sofiensäle nach dem Brand wiederherzustellen; im Übrigen ungeachtet dessen, dass der Brandschaden durch Versicherungsleistungen abgedeckt ist. Und weil der private Eigentümer zunächst nicht bereit ist, die Sofiensäle wiederherzustellen, soll die öffentliche Hand für die Wiederherstellung im Wege einer Sonderfinanzierung aufkommen. - Soweit Ihr Standpunkt.

 

Mein Standpunkt deckt sich mit Ihrem mit Sicherheit im ersten Punkt, also im zweifelsfrei besonderen Stellenwert der Sofiensäle in kultureller und historischer Hinsicht. Der zweite Punkt - die Eigentumsfrage und die Vorstellung in der Finanzierung - trennt uns allerdings. Ich darf hier nochmals auf das hinweisen, was ich heute morgen dazu bereits sagte, nämlich allzu frühe Bemerkungen und allzu frühe öffentliche Diskussionen über die Fragen einer öffentlichen Finanzierung oder eines öffentlichen Finanzierungsbeitrags verschärfen zweifelsfrei das Problem für den Steuerzahler und lindern es nicht. Mit dieser Bemerkung möchte ich es auch schon getan wissen. Wir haben das heute in der Früh diskutiert.

 

Nun zur Beantwortung Ihrer einzelnen Fragen.

 

Zu Punkt 1: Welche Bedeutung messen Sie den Sofiensälen als Teil der kulturellen Identität dieser Stadt bei?

 

Die 1986 erfolgte und von der Stadt Wien auch damals schon befürwortete Stellung der Sofiensäle unter Denkmalschutz lag nicht nur in der künstlerischen Qualität der an ihrer Entstehung beteiligten Architekten begründet, sie berücksichtigte auch den Stellenwert der Sofiensäle als kulturelles und historisches Zentrum des Wiener Kultur- und Gesellschaftslebens seit der frühen Gründerzeit. Von den einst zahlreichen großen Wiener Tanz- und Vergnügungsetablissements der Gründerzeit sind außer den Sofiensälen alle anderen verschwunden. Die Sofiensäle waren Veranstaltungsort unzähliger Bälle, Konzerte, Theatervorstellungen, politischer und sportlicher Veranstaltungen. Sie mussten aber nach dem 10. November 1938 auch als Sammelstelle für zum Transport nach dem Konzentrationslager Dachau vorgesehene jüdische Mitbürger des 3. und 11. Bezirks dienen.

 

Die große Bedeutung der Sofiensäle in historischer und auch kultureller Hinsicht steht jedenfalls außer Streit.

 

Zu Punkt 2: Welchen Standpunkt haben die Vertreter der Stadt Wien im Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamts eingenommen?

 

Der Vertreter der Stadt Wien im Denkmalbeirat kommt aus dem Bereich der Kulturabteilung, die immer dafür eingetreten ist, dass die Sofiensäle erhalten werden. Im Übrigen muss ich darauf hinweisen, dass die Sitzungen des Denkmalbeirats und deren Verlauf der Vertraulichkeit unterliegen.

 

Zu Punkt 3: Haben Sie als Vertreter Wiens Stellungnahmen gegenüber dem Bundesdenkmal auf Grund der Empfehlungen des Denkmalbeirats zur Aufrechterhaltung des Denkmalschutzes abgegeben?

 

Eine gesonderte Stellungnahme zur Empfehlung des Denkmalbeirats, dem der Leiter der Kulturabteilung als Vertreter der Stadt Wien als Mitglied angehörte, ist nicht abgegeben worden. Nachdem wir in der Meinung übereingestimmt haben, war dies auch eine stille Einverständniserklärung.

 

Zu Punkt 4: Welche konkreten Schritte wurden seitens der Stadt Wien seit dem Brand der Sofiensäle unternommen, um im Zusammenwirken mit dem Bundesdenkmalamt Maßnahmen zur Bewahrung der Bausubstanz der Sofiensäle anzuregen?

 

Die Baubehörde hat zufolge des Brandereignisses vom 16. August 2001 der Grundeigentümerin der Liegenschaft mit Bescheid vom 28. August 2001 Sicherungs- und Abtragungsmaßnahmen vorgeschrieben. Die Grundeigentümerin wurde unter anderem dazu verpflichtet, Absperrungen zu errichten sowie vom Absturz bedrohte Teile zu sichern beziehungsweise zu entfernen.

 

Das gegenständliche Areal wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 37 - Baupolizei im Rahmen des Außendienstes überwacht. Wenn den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Bautätigkeiten auffallen, die den denkmalgeschützten Teil des Gebäudes betreffen, wurde und wird das Bundesdenkmalamt davon verständigt, welches in der Folge die erforderlichen weiteren Schritte zu setzen hat.

 

Die Verhinderung weiterer Schädigung der denkmalgeschützten Substanz der Sofiensäle, insbesondere durch Witterung, wurde der Liegenschaftseigentümerin vom Bundesdenkmalamt vorgeschrieben.

 

Zu den Punkten 5, 6 und 7: Hat es seit dem Brand der Sofiensäle Gespräche mit dem Eigentümer der Sofiensäle über die weitere Zukunft der historischen Bausubstanz im Rahmen eines Gesamtprojekts gegeben? Falls ja, mit welchem Inhalt? Falls nein, warum nicht?

 

Ich darf hiezu in Erinnerung rufen, dass für das in Rede stehende Grundstück bereits vor dem Brand der Sofiensäle eine Baubewilligung für ein Kongress-, Hotel- und Bürozentrum erteilt wurde. Diese Baubewilligung berücksichtigt die denkmalgeschützten Teile des Bauwerks und hat immer noch ihre Gültigkeit. Wie Ihnen ja auch bekannt ist, hat der Eigentümer nach dem Brandereignis beim Bundesdenkmalamt die Aufhebung des Denkmalschutzes beantragt. Auch ich habe in den letzten Tagen mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die nach dem Brand erhaltenen Teile, insbesondere der Ballsaal, das Foyer und die Fassade, nach der Entscheidung des Bundesdenkmalamts weiterhin unter Denkmalschutz gestellt sind. Damit ist auch in Zukunft gewährleistet, dass eine weitere Nutzung der Liegenschaft nur

 

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