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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 145

 

wir allen Menschen, die bei uns leben, aber auch Menschen, die zu uns kommen wollen, nicht nur gute Zukunftsaussichten ermöglichen, sondern auch eine herausragende Umwelt und eine herausragende Sozial-, Wohn- und Lebensqualität bieten können.

 

Viele Städte beneiden uns um diese Qualitätskriterien. Gerade vor wenigen Tagen ist wieder eine internationale Studie im Auftrag einer anderen Metropole in Europa veröffentlicht worden, wo aus deren Sicht durchaus in vielen Bereichen beklagt wird, dass Wien in solch wesentlichen Bereichen wie Investitionsförderungen, wie Investitionskraft und Potenzial, aber auch im Bereich der Lebensqualität so gut dasteht und man selbst nicht so gut dasteht. Das ist harte Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir stellen uns diesen Herausforderungen. Wenn man uns um die hohe Qualität der öffentlichen Verkehrsmittel - auch als Beispiel genannt -, der Sicherheit und den kulturellen Reichtum, um die Qualität von Luft, Wald und Wasser beneidet, dann ist das Beleg, glaube ich, für erfolgreiche sozialdemokratische Kommunalpolitik. Und Wien hat - wir wissen das alle - ein modernes und gut funktionierendes Gesundheits- und Sozialwesen. Wir haben es und wir sichern es. Wir sichern es ohne zusätzliche Belastungen, auch das ist ein klarer Gegenpart zur Arbeit dieser Bundesregierung. Ich glaube, das ist spürbar und das haben die Menschen im vergangenen Jahr auch gespürt. Sie werden das ebenso in Zukunft spüren und Sie werden es auch bei der Auseinandersetzung im kommenden Jahr sehr deutlich spüren, dass bei uns nach wie vor die Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht irgendwelche Nullen vor irgendwelchen nackten Budgetzahlen.

 

Aber es ist schon richtig: die Arbeit der Wiener Stadtregierung erfolgt unter sehr schwierigen Bedingungen. Bedingungen, die durchaus auch internationalen Einflüssen ausgesetzt sind. Die Weltwirtschaft, und das ist kein Geheimnis, ist in eine Krise geraten und die negativen Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung sind natürlich Parameter auch für ganz Österreich gewesen, das soll hier von dieser Stelle aus gar nicht weggewischt werden. Investitionen, und damit auch die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft, sind zurückgegangen und dies hat natürlich europaweit zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt. Dies wird - und das ist, glaube ich, durchaus der Kernpunkt - noch durch die Sparmaßnahmen und die Belastungspakete dieser Bundesregierung verstärkt.

 

Denn wir wissen natürlich - und wir haben auch versucht, hier in Wien im Rahmen unserer Möglichkeiten, klar und aktiv gegenzusteuern -, dass Investitionen ein wesentlicher Motor für die Wirtschaft und Beschäftigung sind, also auch Investitionen der öffentlichen Hand. Und daher haben wir eben im Bereich der Investitionen nicht nur im ordentlichen Budget, sondern auch durch zusätzliche Maßnahmen hier versucht, gegenzusteuern. Aber wenn hier wichtige und maßgebliche Investitionen seitens der Bundesregierung gekürzt werden, dann ist Wien nicht in der Lage, hier alle Sparmaßnahmen aufzufangen.

 

Und wir erleben natürlich auch dramatische Veränderungen in der Arbeitswelt, deren Ursache nicht nur die Globalisierung und nicht nur der Einsatz von weltweit operierenden Informations- und Kommunikationsmitteln ist, sondern es hat sich, wie ich meine, in der Arbeitswelt auch in den letzten beiden Jahren - und in Österreich deutlicher als in vielen anderen europäischen Ländern - das Gleichgewicht zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern verändert, was vielen Beschäftigten in Österreich mittlerweile größte Sorgen macht, Arbeitsdruck auslöst, letztendlich allen Sorgen und Ängste bereitet, aber auch verbunden war mit dem Verlust von Rechten, mit dem Verlust von Arbeitsplätzen und mit dem Verlust an Einkommen.

 

Denn es kommt nicht von irgendwo her, dass Österreich mittlerweile in der Einkommensentwicklung am Schlusspunkt in der Europäischen Union steht. Und ich glaube, es ist auch unsere gemeinsame politische Aufgabe, dieses Ungleichgewicht wieder in Richtung eines fairen Interessenausgleichs zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Unternehmerinnen und Unternehmern zu führen. Hier sehen wir als Wiener Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine wichtige Aufgabe für uns alle. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich habe schon gesagt, wir stehen in Europa am Vorabend eines, wie ich meine, doch historischen Erweiterungsschritts der Europäischen Union. Und Österreich - und das ist die Realität, der sich auch, glaube ich, diese Bundesregierung offensiver stellen sollte - befindet sich hier an der vordersten Linie.

 

Und Wien ist von diesem, wie ich meine, wichtigen europäischen Projekt, natürlich auch von allen Vor-, aber auch Nachteilen, klar betroffen. Und es ist ganz klar, neben vielen Chancen, neben wachsendem Wohlstand in den neuen Mitgliedsstaaten, neben zusätzlichen wirtschaftlichen Chancen gerade auch für den Wirtschaftsstandort Wien, ist eines ganz klar: Es kann auch und es wird auch Nachteile geben. Und gerade deshalb wäre es so wichtig, dass diese Bundesregierung jetzt ihre Verantwortung, zum Beispiel im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, endlich wahrnimmt.

 

Sie tut es nicht. Sie resigniert derzeit in den Verhandlungen um den Transitvertrag, sie investiert nichts in Verkehrslösungen, sie schraubt die Investitionen zurück und trägt nichts dazu bei, diese Chance tatsächlich auch offensiv wahrzunehmen.

 

Da darf nicht gespart werden bei diesen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen, da darf nicht gespart werden bei der Sprachausbildung, da darf auch nicht gespart werden bei der Wirtschaftsförderung oder bei der Sicherheit und da darf auch nicht gespart werden, wie ich meine, bei den Interessenvertretungen für die Arbeitnehmer, die einfach darauf zu achten haben, dass in den heimischen Betrieben die arbeits- und sozialrechtlichen Standards gesichert bleiben. Hier ist die Bundesregierung massiv gefordert und auch hier nimmt sie, gerade für die Wienerinnen und Wiener, ihre Aufgaben nicht wahr und hier macht sie einfach nicht ihre Hausaufgaben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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