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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 145

 

wobei im Rahmen des bislang existierenden GATS-Abkommens die hoheitlichen Aufgaben äußerst schwammig definiert waren, so schwammig, dass weite Bereiche der öffentlichen Dienstleistungen nicht grundsätzlich von den Bestimmungen des GATS ausgenommen sind. Insbesondere darf im jeweiligen Bereich kein Wettbewerb mit auch nur einem einzigen anderen Dienstleistungserbringer bestehen.

 

Das heißt natürlich, dass nach den GATS-Richtlinien der Bildungsbereich kein hoheitlicher Bereich ist, dass die soziale Absicherung kein hoheitlicher Bereich ist. All diese Bereiche sind keine hoheitlichen Bereiche. Das, was letztendlich übrig bleiben kann, ist wahrscheinlich Sicherheitswesen, Polizei, Militär. Obwohl ich - das muss ich jetzt schon einmal dazusagen - in einem Punkt ein gewisses Amüsement verspüre, wenn ich mir denke, dass etwa gerade im Sicherheitsbereich, wenn - was weiß ich - im Zuge der WTO die nächste Opernballdemo ausgeschrieben wird, die japanische Polizei zur Bewachung der Opernballdemo zum Zug käme. Das hätte ein gewisses Amüsement. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Nein, danke! Und dieses "Nein, danke!" bezieht sich auf erheblich mehr Bereiche als den Sicherheitsbereich.

 

Was ist das Schwierige an dem GATS-Abkommen? - Das Bedrückende, das auch noch über die Rahmenbedingungen in der EU hinausgeht, ist, dass das GATS-Abkommen die Möglichkeit bietet, im Zuge des Artikels 6 auf innerstaatliche Regelungen einzuwirken, denn Artikel 6 des bestehenden GATS-Abkommens sagt als einer der sensibelsten Bereiche, dass vor allem überall dort, wo nationale und staatliche Gesetzgebung als Handelshemmnis wirkt, die Möglichkeit besteht, im Zuge des GATS einzugreifen und dagegen aufzutreten. Das ist ein ganz, ganz großes Problem, denn damit greift das GATS weit in die Innenpolitik der WTO-Mitglieder ein und berührt nicht selten die zentralen und sensibelsten Bereiche staatlicher Regelungshoheit. Und welche politischen Ziele als handelsbeschränkend oder liberalisierungsbeschränkend et cetera legitimiert sind, das ist nach wie vor ungeklärt.

 

Wenn man sich anschaut, wie bislang im Zuge der Liberalisierungsdebatte der Staat oft und gerne als Bremser dargestellt wurde, dann befürchte ich, dass, wenn es zu diesen weit gehenden Liberalisierungsschritten im Zuge des GATS kommt, das österreichische Arbeitsrecht möglicherweise den so genannten Liberalisierungsanforderungen nicht standhalten wird können, dass die Umweltschutzauflagen nicht standhalten werden können, dass Versorgungsaufträge nicht standhalten werden können.

 

Genau deshalb ist es wichtig, dass wir heute, noch drei Jahre vor dem endgültigen Abschluss des GATS-Abkommens, als Stadt Wien Position beziehen und so wie innerhalb der EU auch innerhalb des GATS-Abkommens versuchen, diese Liberalisierungs- und Deregulierungsschritte zu verhindern. Es freut mich, in diesem Zusammenhang zumindest das Gefühl zu haben, dass wir - zu diesem Schluss komme ich, wenn ich die Rede von Bgm Häupl vom 30. Jänner ernst nehme, von der ich jetzt das wortwörtliche Protokoll vor mir liegen habe - vielleicht einen Verbündeten in dieser Frage haben. Wenn Bgm Häupl hier sagt - nur als Beispiel -, es geht bei der Daseinsvorsorge "weniger um die Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Abfallbeseitigung, Mobilität, auch soziale Absicherung und Ähnliches, es geht damit schlicht um die Lebensqualität, und zwar um fundamentale Aspekte der Lebensqualität", und wenn er gleichzeitig sagt: "Kommunale Versorgungsleistungen haben vielfach den Charakter natürlicher Monopole und eignen sich daher nicht für rein marktmäßige Lösungen. Aber auch dort, wo man über die Frage, ob tatsächlich ein natürliches Monopol gegeben ist, streiten kann, ist man von lehrbuchmäßigen Konkurrenzlösungen weit entfernt, denn gerade die im Versorgungsbereich hohen Eintrittsbarrieren und Economies of tale führen wiederholt zu Oligopol- oder gar Monopolbildungen, die nicht einmal im neoliberalen Gedankengebäude optimale Lösungen hervorbringen", dann hoffe ich, dass Bgm Häupl das, was er im Zuge der EU sagt, auch im Zuge des GATS-Abkommens sagt.

 

Denn eines wird oft vergessen: All diese Gremien arbeiten nicht ganz unabhängig voneinander, und wann immer auf einer Seite mit Widerstand zu rechnen ist, wird versucht, dann doch auf der anderen Seite durchs Hintertürl wieder etwas einzuführen. All das, was jetzt möglicherweise die Liberalisierungsfanatiker innerhalb der EU nicht durchbringen, gelingt ihnen dennoch, wenn es ihnen gelingt, das im GATS umzusetzen. Vice versa. Und das muss uns allen bewusst sein.

 

Deshalb noch ein Satz, bevor ich Ihnen die einzelnen Punkte des Antrags vorstelle. Auch das wurde von Bgm Häupl in seiner Rede erwähnt, aber ich möchte dennoch darauf hinweisen, nämlich auf die Frage der politischen Handlungsspielräume. Denn wird der politische Handlungsspielraum für die Bereitstellung und die Erfüllung öffentlicher Dienstleistungen langsam, aber sicher immer stärker den dafür demokratisch legitimierten Gremien entzogen und werden sämtliche Entscheidungen einzig und allein daraufhin überprüft, ob diese den freien Wettbewerb behindern, dann verkümmert die Demokratie. Dann können wir uns nicht mehr überlegen, was für uns in der jetzigen Situation politisch wichtig ist, ob es uns wichtig ist, Armut zu bekämpfen, ob es uns wichtig ist, Umweltschutzmaßnahmen zu setzen, denn wenn das alles keine Rolle mehr spielt, wie es zum Teil im Rahmen des GATS geplant ist, dann werden Landtage, Gemeinderäte und zum Teil auch nationale Parlamente letztendlich nur noch zu Verwaltungsgehilfen und zu Erfüllungsgehilfen. Und dem gilt es meines Erachtens nach einen Riegel vorzuschieben.

 

Ein Blick auf die privatisierten öffentlichen Dienstleistungen anderer Länder - da hat Bgm Häupl, glaube ich, die Eisenbahnversorgung in Großbritannien, die Wasserversorgung in Paris und in einigen anderen Städten erwähnt - zeigt deutlich, dass die Folgen von liberalisierenden und privatisierenden Schritten gerade in den Bereichen öffentliche Dienstleistungen, kommunale

 

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