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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 145

 

sonst Kürzungen gedroht hätten auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes. Also eigentlich ist das Ganze nichts, eigentlich sollten wir weiter Schulden machen.

 

Meine Damen und Herren, ganz anders die Sozialdemokratie auf Bundesebene. Dort schaut das ganz anders aus. Da ist Klubobmann Cap etwa für dieses Nulldefizit, da ist auch der Parteiobmann für dieses Nulldefizit. Ja, der Gusenbauer geht sogar soweit, dass er das Nulldefizit in der Bundesverfassung verankern will. Er geht also noch weiter.

 

Hier ist, glaube ich, ein Erklärungsnotstand. Und, Herr Stadtrat, Sie müssen sich entscheiden: Sind Sie auch für das Nulldefizit oder wollen Sie weiter Schulden machen? Bekennen auch Sie sich, so wie der Gusenbauer, zum Nulldefizit, oder tragen Sie diese Linie nicht mit und ist das vielleicht schon der erste Schritt zur Demontage des Spitzenkandidaten vor der Nationalratswahl? (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! Es hat auch die Stadt Wien im Vorjahr ihren Beitrag zu diesem Nulldefizit geleistet. Das ist die erfreuliche Seite und ist heute ja bereits wiederholt herausgestrichen worden.

 

Weniger erfreulich ist, wie dieses Ziel erreicht wurde. Eine Verwaltungsreform wie etwa beim Bund gibt es in Wien bisher nicht. Unsere Kürzungen, unsere Budgetsperren im Vorjahr gingen zu Lasten der Investitionen. Es sind daher die Investitionen der Stadt auch im Vorjahr wieder gesunken.

 

Und, Herr Stadtrat, das war schon auch bezeichnend, dass Sie heute Morgen eigentlich fast keine konkreten Zahlen aus diesem Rechnungsabschluss verwendet haben. Es war schon bezeichnend, dass Sie etwa über die Zahl, über die Höhe der Investitionen im Vergleich zum Vorjahr nichts gesagt haben. Sie haben über alles Mögliche gesprochen, über die Regierung, über das Nulldefizit, aber Sie haben über Ihre eigene Bilanz, in Zahlen gegossen, so wie Sie es eigentlich angekündigt haben am Beginn Ihrer Rede, sehr, sehr wenig ausgesagt.

 

Sieht man sich diese Bilanz, in Zahlen gegossen, im Detail an, dann sieht man, dass etwa die Investitionen der Stadt gesunken sind. Dann sieht man, dass hier keine Rekordinvestitionsquote zu verzeichnen war. Vergleicht man die Zahlen 2000 und 2001, dann sieht man, dass es einen deutlichen Rückgang bei den Investitionen der Stadt gegeben hat. Die Investitionsquote ist dadurch wieder gesunken von 17 Prozent auf 13 Prozent. Die Gebäudeinvestitionen sind gesunken um 500 Millionen S, die Bäderinvestitionen, die Betriebsausstattung, auch die U-Bahn-Investitionen sind gegenüber 2000 um 200 Millionen S geringer ausgefallen.

 

Hier auch noch ein Wort zu Herrn Klubobmann Oxonitsch, der eben hereingekommen ist. (GR Christian Oxonitsch: Ich sitze die ganze Zeit da!) Pardon, ich nehme das zurück, dann habe ich das übersehen, Herr Klubobmann. - Sie haben ja auch in Ihrem Beitrag heute noch einmal oder wiederholt eigentlich jetzt schon von diesem Investitionsrekord gesprochen. Wenn man sich die Zahlen in diesem Rechnungsabschluss ansieht, Herr Klubobmann, dann gibt es keinen Investitionsrekord. (GR Christian Oxonitsch: Hat es schon einmal einen Investitionsrekord gegeben?) Wenn man sich diese Zahlen ansieht, dann sind die Investitionen ganz im Gegenteil von 2000 auf 2001 gekürzt worden, und zwar massiv gekürzt worden in Milliardenhöhe.

 

Es wurde also im Vorjahr bei uns auf Kosten der Investitionen gespart. Es wurde genau die falsche Politik gemacht. Wir haben nicht bei der Verwaltung etwa gespart. Die Bundesregierung hat 17 Sektionen eingespart. Es wurden Abläufe gestrafft, Abläufe ausgegliedert. Wir haben es hier versäumt, durch Rationalisierungen Sparpotenziale auszunützen. Bei uns wurde der einfachste Weg beschritten: Öffentliche Investitionen haben keine Lobby, da kann man am einfachsten kürzen, da gibt es die geringsten politischen Widerstände. Das ist natürlich nachteilig, weil Investitionen ja den größten Multiplikatoreffekt haben. Wir wissen ja alle auf Grund der Analysen der Wirtschaftsforscher, dass etwa 1 Milliarde an öffentlichen Investitionen 1 700 Arbeitsplätze in der Stadt schafft. Man kann sich natürlich die Folgen beim Wirtschaftswachstum am Arbeitsmarkt ganz leicht ausrechnen. Wir mussten ja feststellen, und das haben heute schon sehr viele Debattenredner hier festgestellt, dass unsere Wirtschaft im Vorjahr geschrumpft ist, und zwar eben nur in Wien geschrumpft ist.

 

Meine Damen und Herren! Es ist auch wenig erfreulich, dass dieser Wiener Stabilitätsbeitrag immer mehr durch Steuer-, Gebührenerhöhungen und durch Tariferhöhungen erreicht werden soll. Das hat in diesem Haus auch eine gewisse Tradition. Es hat ja schon die letzte sozialistische absolute Mehrheit, also von 1991 bis 1996, hier große Vorgaben gemacht. So wurde 1993 eine Wassersteuer eingeführt, 1995 dann auch eine Kanalsteuer, weil eben seither der Kostendeckungsgrad über 100 Prozent ist. Seither wird eben über 1 Milliarde S schon aus diesen Gebührenhaushalten in das allgemeine Budget abgeschöpft.

 

Diese Tradition wird durch diese neue Mehrheit hier fortgesetzt. Es gibt die neue Wiener Stromsteuer, es gibt die neue Müllsteuer, und man sollte daher dieses Kapitel, diese Spezialdebatte zum Kapitel Finanzen, doch auch zum Anlass nehmen, hier einmal die Zwischenbilanz zu machen, finanzpolitisch: Was ist in diesen 14 Monaten passiert?

 

Wir haben per 1. November 2001 die neue Wiener Stromsteuer eingeführt. Wir führen per 1. Juli eine Müllsteuer ein. Es sind bereits durch die Kürzung der Wohnbauförderungsmittel die Mieten im genossenschaftlichen Bereich, aber auch im kommunalen Neubau erhöht worden. Bei allen Neubaumieten gibt es eine Erhöhung um 500 S pro Monat.

 

Die Wiener Linien erhöhen die Tarife ab 1. Juni. Die Bädertarife werden erhöht. Die städtischen Sportanlagen werden um 20 Prozent verteuert. Die Autoabschleppgebühren steigen um 27 Prozent. Es gibt einen Rekord bei der Parkometersteuer und bei den Strafverfügungen. Es werden auch durch die Kürzung der Kinderbetreuungsmittel die Kindergärten verteuert, und zwar auch bei den

 

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