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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 145

 

schon erklärt hat, handelt es sich bei dieser Müllsteuer nicht um eine Kostendeckung der Müllgebühr, sondern schlichtweg um eine Steuer, welche die Wiener Wirtschaft massiv belastet. Bei allem Respekt zu diesem Budget, das hat sich die Wiener Wirtschaft, aber vor allem die Klein- und Mittelbetriebe Wiens nicht verdient! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Auf Grund diverser Prognosen beziehungsweise Versprechungen haben vor allem Klein- und Mittelbetriebe große Erwartungen in die Liberalisierung des Strommarkts gesetzt. Auf diesen enormen Vorteil durch eine EU-Mitgliedschaft wurde vor dem Beitritt Österreichs ja immer hingewiesen. Durch die stufenweise Öffnung des Strommarkts wurden drastische Strompreissenkungen in der Größenordnung von 30 Prozent und mehr angekündigt. Und in der Tat wurden in den ersten Stufen der Liberalisierung die Strompreise für Sonderkunden ganz massiv gesenkt. Ziel war es ja, diese Kunden um jeden Preis zu halten. Preisnachlässe bei Industriekunden bis zu 58 Prozent fanden statt. Dieses Dumping war wirtschaftlich deshalb möglich, weil ja die Tarifkunden - die Haushalte, das Gewerbe, so auch die Klein- und Mittelbetriebe - nicht in den Genuss dieser Tarifsenkung kamen und somit die Sonderkunden finanzierten. Letztendlich kamen auch die Tarifkunden, so glaubte man zumindest, in den Genuss der Liberalisierung. Aber ab November 2001 gab es bei der Preisgestaltung für Strom eine neue Komponente, den so genannten KWK-Zuschlag. Dieser Zuschlag bewegt sich in den meisten Bundesländern in Groschenhöhe. In Wien beträgt dieser Zuschlag 10,22 g pro Kilowattstunde. Laut Stromregulator ist er um 400 Prozent zu hoch.

 

Als die Höhe dieses Zuschlags in der Öffentlichkeit bekannt wurde - anfangs sprach man sogar von 12 g pro Kilowattstunde -, ging ein Aufschrei über diese saftige Preiserhöhung durch die Medien, zum Beispiel die Headline in der "Presse" vom 20. September des Vorjahres: "Massive Strompreiserhöhung in Wien geplant".

 

Man hat die Bevölkerung, die Tarifkunden, die Klein- und Mittelbetriebe, sofort beruhigt und erklärt, dass um diesen Betrag etwa der Strompreis, genauer gesagt der Arbeitspreis, gesenkt werde, und dass das Ganze somit letztendlich ein Nullsummenspiel wäre.

 

Nur, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, ein Nullsummenspiel ist keine Tarifsenkung und es war dann nicht einmal ein Nullsummenspiel! Nach der neuen Verordnung durch Herrn Lhptm Dr Häupl beträgt der Zuschlag keine 12 g mehr, sondern nur "10,22 g". Aber der Preis wurde nicht um 10,22 g gesenkt, sondern nur um 6 g, womit es durch diesen Zuschlag letztendlich zu einer Erhöhung um 4,22 g kam.

 

Besonders benachteiligt wurden durch diese Regelung jene Klein- und Mittelbetriebe, die im Zuge der Liberalisierung des Strommarkts bereits den Stromversorger gewechselt hatten, denn bei diesen Betrieben beträgt die Erhöhung des Strompreises nicht 4,22 g, sondern tatsächlich 10,22 g. Dies bedeutet also, dass der Strompreis bei Tarifkunden nicht billiger, sondern bei Wienstrom-Kunden um 4,22 g und bei Nicht-Wienstrom-Kunden um 10,22 g teurer wurde.

 

So minimal dieser Zuschlag auch erscheinen mag, so ist er nicht nur für die Haushalte, sondern auch für die Klein- und Mittelbetriebe eine enorme zusätzliche Belastung. Ich darf hiefür einige Zahlenbeispiele nennen:

 

Kleingewerbebetriebe, der Greißler, der Trafikant, Espresso, Kantine, mit einem Jahresstromverbrauch von etwa 25 000 bis 40 000 Kilowattstunden, müssen bei einer Stromsteuer von 4 g etwa 1 000 bis 1 600 S pro Jahr mehr bezahlen. Bei einer Stromsteuer von 10,22 g, also wenn jemand den Stromversorger gewechselt hat, sind es schon 2 500 bis 4 100 S pro Jahr für diese Kleinbetriebe.

 

Etwas größere Betriebe, Mittelbetriebe, zum Beispiel Hotels, Wäschereien, die einen Jahresstromverbrauch von etwa 250 000 bis 600 000 Kilowattstunden haben, müssen bei einer Stromsteuer von 4 g 10 000 bis 24 000 S pro Jahr, und wenn sie den Verbraucher gewechselt haben und die Stromsteuer 10,22 g beträgt, 25 000 S bis 60 000 S pro Jahr bezahlen.

 

Diese Beträge, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, sind eine enorme Belastung für diese Betriebe. Es liegt der Verdacht nahe, dass durch diesen hohen KWK-Zuschlag nicht die Umwelt geschützt, sondern die Wiener Stadtwerke durch Quersubventionen subventioniert werden. (Beifall bei der FPÖ.) 

 

Wo ist nun für Tarifkunden die Strompreissenkung durch Liberalisierung des Strommarkts? - Es gibt sie nicht, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, und das ist enttäuschend!

 

Ab 1. Oktober 2002 gibt es aber eine weitere Liberalisierung, und zwar jene des Gasmarkts. Ab diesem Zeitpunkt kann jeder Kunde in Österreich seinen Gaslieferanten frei wählen. Statt wie bisher nur die Großkunden, die Industrie, die in der Vergangenheit bereits beträchtliche Preissenkungen erzielen konnten, können nun auch Gewerbe, die Klein- und Mittelbetriebe, von dieser Liberalisierung profitieren.

 

Aber auch hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich Zweifel, dass für die Tarifkunden die Gaspreise gesenkt werden. Während einerseits Bundesminister Bartenstein von einer spürbaren Verbilligung des Gases - von 20 Prozent und mehr war die Rede - gesprochen hat, hat zumindest laut Medienberichten Herr GenDior Skyba größeren Preisnachlässen bereits eine Absage erteilt.

 

Nicht nur ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, fürchte, dass die Kostensenkungen nur den Stadtwerken zugute kommen. Auch seitens der SPÖ gibt es diesbezüglich große Bedenken. So hat zum Beispiel der SPÖ-Energiesprecher Georg Oberhaidinger eine Missbrauchsaufsicht ins Gaswirtschaftsgesetz hineinreklamiert, damit Gasversorger - wie zum Beispiel Wiengas - günstigere Einstandspreise oder gesunkene Transportkosten nicht nur an ausgewählte Großabnehmer, sondern auch an alle Kunden gleichermaßen weitergeben müssen. Das ist eine durchaus gute Idee. Herr VBgm Rieder ist gefordert, diese Kontrolle auch bei Wiengas

 

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