Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 145
Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr
Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zu viel ist schon gesprochen worden, darum möchte ich
mich in Details hineinleben. Über den Wiener Individualverkehr und über die
Straßen, Gassen und Wege, über die er tagtäglich rollt, könnte man ja tagelang
referieren, ohne mit dem Aufzählen aller Negativa zu einem Ende zu kommen.
Daher greife ich nun einige Schwerpunkte heraus, die die Bürger unserer Stadt
besonders nerven und den Verkehr behindern. Da in wenigen Tagen Schulschluss
und Zeugnisverteilung ist, werde ich mir erlauben, der Stadtregierung und
speziell den für Stadtentwicklung und Verkehr Zuständigen auch Zeugnisnoten
auszustellen.
Als erste Problemzone ist zunächst einmal der Gürtel
zu nennen. Der Gürtel war einst ein beliebtes Wohnviertel. Damals haben sich
die Hausherren gerühmt, am Gürtel ein Haus zu besitzen. Das war schon etwas! -
Und heute? Heute ist der Gürtel eine Verkehrshölle, hervorgerufen durch den
Transitverkehr, aber auch durch die Verkehrspolitik, die den Verkehr zum Gürtel
dirigiert, um die Seitengassen links und rechts vom Gürtel zu beruhigen. Ein
halbes Jahrhundert lang hat man es verabsäumt, geeignete Maßnahmen zu setzen,
um dem jährlich ansteigenden Autoverkehr am Gürtel Rechnung zu tragen.
Ein Vergleich mit München, wo der Mittlere Ring die
gleiche Funktion wie der Gürtel zu erfüllen hat, nämlich den Autoverkehr
aufzunehmen, wieder an die angrenzenden Bezirke zu verteilen und den
Durchzugsverkehr zu ermöglichen, zeigt uns, dass man dort zu Beginn der
Siebzigerjahre angefangen hat, den Mittleren Ring kreuzungsfrei auszubauen. Man
begann, in einem ersten Schritt die Kreuzungsbereiche mit sicherlich hässlichen
Stahlbrücken zu überspannen, um den Verkehr zweispurig in jede Richtung
kreuzungsfrei darüber rollen zu lassen. Der zweite Schritt war die Tieferlegung
der Mittleren Ring-Trasse, ohne den Verkehr während der Bauphase maßgeblich zu
beeinträchtigen. Schon über zehn Jahre ist der Mittlere Ring nun kreuzungsfrei,
weite Strecken sind untertunnelt, und der Verkehr kann dort fließen.
Anders am Gürtel, auf dem durch störende Ampelphasen
bei niveaugleichen Kreuzungen der Verkehr viel zu oft ins Stocken gerät und
somit die Fahrzeiten vom Süden in den Norden und umgekehrt unerträglich lang
werden lässt.
Weiters wäre auch am Gürtel ein sinnvolles Leitsystem
unbedingt notwendig. Dabei sollte signalisiert werden, dass mindestens zwei Spuren
als Durchzugsroute zur Verfügung stehen, und die Abbiegespuren sollten
rechtzeitig mit Informationstafeln gekennzeichnet werden, wobei darauf Bedacht
genommen werden soll, dass nur rechts abgebogen werden soll. Wo gibt es, meine
Damen und Herren, Richtungspfeile nach Fünfhaus, Ottakring, Hernals,
Lerchenfeld und Währing? - Nirgends, weil sie fehlen!
Zu den katastrophalsten ganztägigen Staus am Gürtel
kommt es vor der Nußdorfer Straße am inneren Gürtel. Hier hat sich die
Anordnung des Bezirksvorstehers aus dem 9. Bezirk, den rechten
Fahrstreifen zur Kurzparkzone zu erklären, als gefährlich und stauerzeugend
herausgestellt. Gefährlich insofern, weil Autofahrer trotzdem die ganze rechte
Fahrspur, soweit kein Auto dort parkt, befahren, um sich dann vor einem
parkenden Wagen in die linke Fahrspur zu pressen, wobei der Verkehr auf dieser
dann durch diese Aktion ins Stocken gerät.
Ebenso ist der Rechtsabbiegepfeil in Richtung Stadt
von der Nußdorfer Straße ein täglicher Stauproduzent. Dieser Abbiegepfeil muss
wieder weg, und die Busspur der Linien 35A und 37A sollte auf den
Gleiskörper der D-Wagen-Zubringertrasse, vorbei an der Glatzgasse, verlegt
werden und nicht dem Individualverkehr eine Spur wegnehmen.
Auch ist die Signalanlage am Lichtenwerder Platz für
den Gürtelverkehr um einige Sekunden länger auf Grün zu schalten, sodass die
Autos die Heiligenstädter Straße im Bereich zwischen Nußdorfer Straße und
Lichtenwerder Platz schneller verlassen können, damit der Einbiegeverkehr vom
19. Bezirk nicht von wartenden Autos behindert wird, wie dies täglich der
Fall ist. Hier hat die Stadtregierung nichts getan, aber auch nichts geplant,
denn im Masterplan sehe ich keine Verbesserungsvorschläge für diesen Bereich.
Auch auf der Gürtelbrücke herrscht das tägliche
Verkehrschaos. Die von der Lände auf die Gürtelbrücke auffahrenden Autos müssen
sich mit einem Stau von bis zu 2 Kilometern - Anfahrtszeit zirka
20 Minuten - täglich abfinden. Hier wäre auf der Gürtelbrücke ein
Fahrspurwechsel, von der Adalbert Stifter-Straße kommend nach der Kreuzung mit
der Klosterneuburger Straße, von zwei Spuren auf eine Spur eine mögliche
Lösung. Damit wäre die Auffahrtspur von der Lände kommend einspurig durchgehend
bis zur Kreuzung mit der Döblinger Hauptstraße vorhanden. Dadurch bekäme der
Bus eine eigene Busspur auf der Gürtelbrücke. Über eine Verbesserung des
Gürtelbrückenbereichs steht auch nichts im Masterplan. - Daher Beurteilung:
Note 5.
Zweite Problemzone: die Reichsbrücke. - 22 Jahre
jung und schon baufällig! Die Fertigteilverkleidungsplatten sind seit langem
brüchig und mussten stellenweise schon vor Jahren entfernt werden, um die
Fußgänger und Radfahrer nicht zu gefährden. Die Brückendilatationen sind
ausgeschwemmt und verrostet. Bei der Vergabe des Brückenbauwerks Ende der
Siebzigerjahre hat man sich damals für eine Billigvariante ausgesprochen. Jetzt
fällt uns das Ganze auf den Kopf. Eine Sanierung ab dem nächsten Jahr steht
bevor, und Sie, Herr StR Schicker, beziffern die Kosten dieser Sanierung mit
35 Millionen EUR, das sind eine halbe Milliarde S. Wären die
Instandhaltungsarbeiten zeitgerecht und regelmäßig durchgeführt worden, dann
hätten wir nicht so einen desolaten Brückenzustand. Auch hier hat die
Stadtregierung jahrelang nichts unternommen. Sie, Herr Stadtrat, müssen jetzt
dort handeln. - Beurteilung: Note 4.
Das Projekt B 227 - Verlängerung der Nordbrücke über
die Lundenburger Gasse zur Brünner Straße: Im Masterplan wird die
Fertigstellung der Nordbrückenver-
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