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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 115

 

Es ist eine Frage auch der Einschätzung, wie man hier mit dem Gemeinderat, mit dem Souverän umgeht, denn schließlich handelt es sich hier um eine Kritik, um eine Abrechnung mit der Regierung. Daher haben die Regierungsmitglieder hier auch deutlich anwesend zu sein und das nicht damit kundzutun, indem sie sich hier hinten irgendwo aufhalten und schwätzen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich kann aber auch in der Kritik eines nachlegen. Den Höhepunkt der Geschmacklosigkeit hat gestern Frau StRin Brauner geliefert (GRin Martina Malyar: Na geh!), na eindeutig, wenn sie sich hier im Stil einer Leiterin einer nordkoreanischen Umerziehungsanstalt verhalten hat und den Gemeinderatssitzungssaal offenbar mit irgendeinem Sektionslokal der SPÖ verwechselt hat. Ich weise alle hier ... (Aufregung bei der SPÖ.) Ich weise alle hier vorgenommenen An- und Beschuldigungen gegenüber der Wiener ÖVP auf das Schärfste zurück. Das ist kein Stil und das ist keine Art, wie man sich hier mit vorgebrachter Kritik auseinander gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es geht um den Rechnungsabschluss und ich werde mich daher auch in den folgenden Überlegungen nun ausschließlich damit beschäftigen.

 

Nun, wie sieht es denn in diesem Ressort aus, das budgetmäßig noch gemeinsam mit der ÖVP, also mit dem Koalitionspartner, verhandelt wurde, aber in der Umsetzung dann de facto alleine geschehen ist. Wo hat sich denn da überall was verändert?

 

Es ist, man könnte das mit einer großen Überschrift bezeichnen, der Rückfall ins rote Wien! Ich bringe jetzt einige Beispiele: Der Bund tätigte im Bundesschulbau die höchsten Investitionen, denn es waren von 1996 bis 2002 3,8 Milliarden S, insgesamt 26 Neu-, Umbauten und Sanierungen. Nun werden es weitere 22 Projekte sein, die der Bund an Bundesschulen ausschließlich in Wien um weitere 2,4 Milliarden S saniert und umbaut.

 

Warum sage ich das? - Wir haben in Wien bis heute keinen Schulentwicklungsplan. Wien lebt in diesem Bereich noch immer von den in der Koalition ausverhandelten 1,4 Milliarden S zur Schulsanierung für die Pflichtschulen und wir müssen leider feststellen, dass diese 1,4 Milliarden, die bereits in den nächsten zwei Jahren voll ausgegeben sein sollten, nicht im Plan liegen. Es gibt eine Reihe von insgesamt 30 ursprünglichen Projekten. Als ein Beispiel davon darf ich die Renngasse nehmen. Die Renngasse sollte im Jahr 2000 saniert werden. Wir haben sie jetzt vor einem Monat beschlossen und jetzt beginnt die Sanierung! Wir sind also zwei Jahre in der Verzögerung. Da zeigt sich schon, meine Damen und Herren, wie Sie beim Austeilen zwar großzügig sind, wenn es darum geht, die Bundesregierung zu kritisieren, aber dort, wo Sie im eigenen Bereich verantwortlich sind, dort, wo Sie im eigenen Bereich Ihre Konzepte umsetzen sollen, sind Sie plötzlich nicht im Stande, Zeiten einzuhalten, weil Sie offenbar auch hier mit dem Budget nicht ganz zu Rande kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ganz zu schweigen davon, dass Sie bis heute nicht im Stande sind, detaillierte Auskünfte über die Kosten der einzelnen Standorte der Pflichtschulen zu geben. Sie können nicht sagen, was ein Standort von den Energie- und Erhaltungskosten bis hin zur Frage, wie man substanziell mit diesen einzelnen Standorten in der Zukunft umgehen könnte, bis hin zum Vermieten und zum Verkauf, kostet. Sie haben keinen Generalplan, weil Sie bis heute keinen Schulentwicklungsplan haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn sich Eltern aufregen und eigentlich überrascht sind, wenn Sie plötzlich in den Medien vereinzelt hören, dass Schulen geschlossen werden, umgebaut werden, dass Veränderungen stattfinden, dass Schulen zusammengelegt werden. Das ist kein Stil. Das ist Konzeptlosigkeit und da ist die Frage, wie weit man mit dem zur Verfügung gestellten Geld des Steuerzahlers auch sinnvoll umgeht.

 

Oder nehmen wir das Beispiel Energie-Contracting her. Angeblich gibt es einige Standorte Wiener Schulen, die dieses Energie-Contracting erproben. Es gibt aber bis heute keinen Bericht dazu. Ich darf Ihnen aber, weil die Bundesschulen in Wien das machen, daraus zitieren, was hier bereits als Ergebnis vorliegt:

 

"Beim Contracting übernehmen Firmen die Investitionen für effizientere Energienutzung an Schulen und erhalten diese aus den erreichten Einsparungen wieder zurück. Die Schulen wiederum bekommen 20 Prozent der jährlichen Einsparungen. Vorteil für die Schulen: Die jeweiligen Pools sind auch für die Wartung und Instandhaltung der neuen Anlagen verantwortlich. Für die Schule ist das alles kostenlos."

 

Wer hindert Sie daran, dieses tolle Modell der Bundesschulen einfach auch für die Wiener Pflichtschulen umzusetzen? - Es ist das eine Frage der Investition. Ich muss nur Geld investieren, weil ich das zuerst natürlich auch erstellen und umbauen muss, habe aber dann im Rückfluss die Garantie, dass das über viele Jahre eine großartige Ersparnis bringt.

 

Ich darf aber auch noch auf ein Ereignis des Vorjahres ganz deutlich hinweisen, weil es plötzlich bei den Agitatoren und Agiteuren um diese sehr ungute Situation im Frühjahr des vorigen Jahres im Umfeld der Gemeinderatswahlen sehr still geworden ist. Aber ich werde Sie nicht von dem Vorwurf entlasten, dass Sie hier den Lehrern und den Eltern gezielt die Unwahrheit gesagt haben: Dass es um 1 400 Entlassungen gehen wird und dass an manchen Schulen Ihre sozialdemokratischen Vertreter, LehrerInnen, Bilder von LehrerInnen aufgehängt haben, die alle entlassen werden sollen, und das der Bundesregierung unterschoben haben. Unabhängig davon, dass der Herr Landeshauptmann den Finanzausgleich unterschrieben hat und nicht die Frau Bundesministerin. Die war nicht einmal dabei. (GRin Mag Sonja Wehsely: Ja, mit Vorbehalt! Mit Vorbehalt!) Ja, das hätt' ich gern gewusst, wie das geht. Mit Hexenkreuz, dann gilt's nicht oder wie ist das "mit Vorbehalt"?

 

Es gibt nur einen Finanzausgleich und wenn ich den Finanzausgleich ablehne, dann muss ich es sagen, aber ich kann nicht sagen: Ein bisserl schwanger bin ich schon und daher war ich ein bisserl dafür, aber ich hab'

 

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