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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 115

 

gemeldet ist Frau GRin Korosec. Ich erteile es ihr.

 

GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Kollegin Smolik, alles, was Sie hier im Zusammenhang mit Kinderbetreuung gesagt haben - mehr Platz für Kinder in einer Stadt -, kann ich vollinhaltlich unterschreiben. Ich möchte aber jetzt von den Kindern zur altersbunten Gesellschaft kommen, bevor ich auf den Rechnungsabschluss eingehe.

 

Nachdem jetzt 20 Stunden oder mehr als 20 Stunden lang sehr viel über das Haus nebenan diskutiert wurde - also darüber, was sich im Parlament abspielt - und eigentlich relativ wenig von dem, was hier in Wien passieren sollte, lassen Sie mich einmal ein bisschen literarisch beginnen. Von Josef Weinheber, einem Dichter, den ich grundsätzlich sehr schätze, stammt der Vers: "Die Pensionisten, wie eh und je, in Schönbrunn, auf dem Ring, in der Hauptallee, mit weißem Bart und weißem Haar, die leben das Leben, was gestern war." - Falsch! Das war damals falsch und es ist natürlich auch heute falsch, allerdings aus anderen Gründen. Nicht immer stiften die Dichter, was bleibt.

 

Heute ist die altersbunte Gesellschaft auf Mallorca, eventuell auf den Malediven und in der Thermenregion, oder sie macht einen Fitnesslauf in der Prater Hauptallee. Das Leben in der späten Freiheit hat für viele andere Züge: freundlichere, neugierigere, voll neuer Lebenschancen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite dieser altersbunten Gesellschaft ist Hochaltrigkeit, Abhängigkeit, Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit. Auf diese Kultur des späteren Lebens möchte ich dann noch eingehen, aber vorher einige Sätze zum Rechnungsabschluss sagen.

 

Es haben einige Vorredner und Vorrednerinnen sowie auch meine direkte Vorrednerin auf die MA 11 und auf die Leistungserlöse bei den Kindertagesheimen hingewiesen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 26.4. dieses Jahres wurde die Neuregelung der Elternbeiträge für Kindergärten und Tagesheime, beginnend mit 1.9.2002, beschlossen. Das heißt, wir haben durchaus noch Zeit, Fehler zu korrigieren. Denn das, was hier beschlossen wurde, sind Fehler. Die Österreichische Volkspartei hat gegen dieses Gesetz gestimmt, trotz einiger positiver Aspekte, die auch heute hier genannt wurden. Ich stehe nicht an, zu sagen, dass es da positive Aspekte gibt: einfach mehr Flexibilität; sicherlich ist auch die 1 000-EUR-Grenze etwas Positives, und dass besonders sozial schwache Familien noch weniger oder überhaupt nichts zu bezahlen haben. Aber - und auch das wurde schon erwähnt - das kann doch, bitte, nicht auf dem Rücken der anderen Eltern erfolgen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das ist für Wiens Familien unzumutbar, auch beim so genannten Mittelstand. Zu dem, was als Mittelstand bezeichnet wird, muss ich hier einmal sagen: Was heißt denn Mittelstand? - Ein Familieneinkommen von 2 170 EUR, das sind 29 860 S, meine Damen und Herren, das sind - Kollege Römer hat es auch gesagt - nicht die Reichen der Gesellschaft! Das sind junge Eltern, die gemeinsam etwas aufbauen, wobei meistens beide berufstätig sein müssen und das nicht immer wollen. (GRin Mag Sonja Wehsely: Die, die das oft wollen, und die die ÖVP nicht zur Kenntnis nimmt!)

 

Manche wollen, aber manche wollen auch nicht! Manche müssen berufstätig sein, weil sie sonst nicht in der Lage wären, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Ich hoffe, so weit sind wir! Natürlich wollen es viele, das ist richtig, und sie sollen es auch haben. Dagegen ist absolut nichts zu sagen. Aber das Einkommen muss einmal vorhanden sein, um es ausgeben zu können. (Zwischenruf des GR Jürgen Wutzlhofer.)

 

Diese Eltern oder diese Alleinerzieher - ich gehe jetzt von den 2 710 EUR aus - zahlen 3 500 S monatlich an Beitrag für ein Kindtagesheim. Ich bringe Ihnen jetzt zwei Beispiele - diese Beispiele sind nicht abstrakt, die kann ich belegen -, und dann frage ich Sie, wie da Familien mit dem Einkommen auskommen sollen.

 

Erstes Beispiel: eine Alleinerzieherin mit zwei Kleinkindern, Nettobezug 1 210 EUR, Alimente und Familienbeihilfe, das ergibt ein Monatseinkommen von 1 918 EUR, das sind 26 392 S. Für Wohnung, Beheizung, Beleuchtung und Telefon gehen 741 EUR weg, für Kredit für Wohnung 210 EUR, für den Kindergartenbeitrag - der noch gefördert ist, der noch ein bisschen unter die Förderung fällt - 427 EUR, für eine Monatskarte 45 EUR, und es verbleiben der Alleinerzieherin mit zwei Kindern 490 EUR, das sind 6 743 S. Diese berufstätige Mutter mit den zwei Kleinkindern muss damit für Essen, Bekleidung, Gesundheit, Sport, Freizeit, Sparen, Spielzeug, Versicherung, Wohnungseinrichtung auskommen. Da frage ich Sie, ob das die Reichen sind.

 

Das zweite Beispiel: ein Ehepaar mit zwei Kindern, Nettoeinkommen 2 340 EUR, das sind 32 200 S. Auch wieder: für Wohnung, Beheizung, Beleuchtung, Telefon 890 EUR weg, Kreditrückzahlung 160 EUR, Kindergartenbeitrag 507 EUR - hier ist natürlich der volle Beitrag zu bezahlen -, Auto 290 EUR, verbleiben 393 EUR, das sind 5 408 S. Mit 5 408 S sollen vier Personen für Essen und alles Weitere, was ich vorher erwähnt habe, auskommen.

 

Meine Damen und Herren! Das war der Grund, dass wir damals, also am 26.4., forderten, dass eine deutliche Erhöhung der Bemessungsgrundlage zu erfolgen hat. Sie haben abgelehnt, Sie fahren mit Ihrer Mehrheit drüber. Nun kommt der Rechnungsabschluss, und siehe da - es wurde hier schon zitiert -: MA 11, Leistungserlöse, ein Überschuss von 72 Millionen. Das heißt, um 72 Millionen wurde von den Eltern mehr bezahlt, als in der Planung an sich vorgesehen war. - Das ist Vergangenheit.

 

Was Gegenwart und Zukunft betrifft, zeigt sich aber, dass Sie sich noch andere Beträge einsparen. (GRin Mag Sonja Wehsely: Weil es keine Kinderbetreuungsstellen gibt!) Wien ist besonders Nutznießer bei der Sondernotstandshilfe, deren Hauptnutznießer Frauen waren (GRin Mag Sonja Wehsely: Warum ist das so?): mit Kleinkindern, nach der Karenz, Wiedereinsteigerinnen,

 

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