Gemeinderat,
17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 115
gleichstaxe auf 2 700 S, Erhöhung der
Schwerstversehrtenrente von 20 auf 50 Prozent, Erhöhung des Familienbeihilfenzuschusses
für behinderte Kinder, die Kriegsgefangenenentschädigung, die
Qualitätssicherung im Pflegebereich, Opferfürsorgegesetz, Pflegegeld ab der
Geburt, Unterstützungsfonds für Unfallrentner und so weiter und so fort. - All
das betrifft nur den Behindertenbereich!
Und das geht so weiter! Für Familien und Kinder wurde
Folgendes umgesetzt: Anhebung des Mehrkinderzuschlags, Anzeigepflicht bei
Kindesmissbrauch, Ausbau der Familienberatungsstellen, Ausdehnung der Mediation
im Kindschaftsrecht, Einrichtung einer Meldestelle für Kindesmissbrauch,
Erhöhung der Familienbeihilfe, Familienhospizkarenz - so traurig, so notwendig
-, Fortzahlung der Abfertigungsbeiträge während Kindererziehungszeiten,
gemeinsame Obsorge unter Wahrung des Kindeswohls bei richterlicher Begleitung,
Gesundheitsvorsorgeuntersuchung für Mutter und Kind, Koppelung der
Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen an das Kinderbetreuungsgeld, härtere Strafen
für Drogendealer - das wird vielleicht die Kollegin Jerusalem nicht so sehr
freuen, aber das soll sie mir dann hier auch erklären -, Kinderbetreuungsgeld,
pensionsbegründende Zeiten durch Kindererziehung, Pflegegeld ab der Geburt, Verbesserung
der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Verbesserung der Maßnahmen gegen
Gewalt in der Familie, Verdoppelung der Mittel des Familienhärteausgleichsfonds
von 1,1 Millionen EUR auf 2,2 Millionen EUR, Zuschuss zum Kindergeld
für Alleinerzieher und sozial benachteiligte Paare und so weiter und so fort.
Ich könnte meine ganze Redezeit damit aufbrauchen,
Ihnen all diese Leistungen aufzuzeigen. (GR
Johann Driemer: Sie haben ja eh noch Zeit!) Und das sind tatsächlich auch
sozialpolitische Leistungen, angesichts deren Sie wirklich unsicher werden. Das
wird für mich zumindest dann offenbar, wenn ich mich an dem orientiere, was Ihr
Noch-Bundesparteivorsitzender sagt.
Da gibt es also den Herrn Gusenbauer - das ist übrigens
derjenige, der jetzt das Charisma des Mussolini entdeckt hat und damit auch in
die Öffentlichkeit gegangen ist. Es wundert mich eigentlich, dass es angesichts
dessen noch keinen Aufschrei der Empörung gegeben hat, dass Gusenbauer auftritt
und sagt, Mussolini hat Charisma gehabt. Das hätte ich mir eigentlich von einem
Herrn Gusenbauer anders erwartet. Aber nach den Aussagen des Herrn Edlinger ist
das ja fast schon etwas, von dem man sagen könnte: Das ist ja milde! - Nun,
dieser Herr Gusenbauer war auch ein vehementer Gegner des Kinderbetreuungsgelds.
Mittlerweile sagt er: Na ja, so schlecht ist es nicht, aber man muss es ein
bisschen adaptieren und verändern, und dann werden wir das natürlich auch
beibehalten. - Na klar werden wir es beibehalten!
Oder - was haben wir noch gehabt? - Nulldefizit! Nulldefizit:
Auch dieses wurde als die große, große Katastrophe hingestellt, die jetzt
eingetreten ist, weil nach 30 Jahren Sozialismus das Budget so kaputt war,
dass es überhaupt keinen Spielraum für irgendwelche wirtschafts- und
sozialpolitischen Maßnahmen mehr gab. (GR
Johann Driemer: Jetzt haben wir den Spielraum! Inflation! 47 Prozent
...quote! Das kann doch kein Erfolg sein!) - So, jetzt haben wir das Budget
saniert, und wir haben gleichzeitig auf der Bundesebene Sozialleistungen
möglich gemacht, die - wie die Kollegin Mauerhofer richtig gesagt hat -
30 Jahre Sozialismus nicht zu Stande gebracht haben. Was macht Herr
Gusenbauer jetzt? - Er sagt: Nulldefizit gehört in die Bundesverfassung! - Dann
kommt Genosse Edlinger und sagt: Entschuldige bitte, ich fahre da von Ort zu
Ort, erkläre überall, dass das Nulldefizit nichts ist, und du fällst mir in den
Rücken und willst es in die Bundesverfassung aufnehmen?! - Da ist er dann
wieder ein bisschen in sich gegangen, der Herr Genosse Gusenbauer, und hat
gesagt, ein Viertel seiner Fraktion gehört eigentlich ausgetauscht (Ruf bei der FPÖ: ... ist eh ein niedriger
Anteil!) - ein deutlicher Misstrauensbeweis innerhalb der eigenen Partei.
Ob er das überleben wird, weiß ich nicht, aber ich muss gestehen, es ist mir
auch nicht wirklich wichtig. - Schön. So weit zum Sozial- und Familienpolitischen.
Da fällt mir etwas ein,
weil Sie hier immer so viel von den Selbstbehalten reden: Mich wundert, dass
Sie eigentlich über den Schulbuch-Selbstbehalt kein Wort verlieren. Das muss
doch für Sie die größte Blamage Ihrer Regierungstätigkeit gewesen sein, dass
Sie, nachdem Sie zuerst das Gratis-Schulbuch eingeführt hatten, dann selbst den
Schulbuch-Selbstbehalt eingeführt haben! Das heißt, Sie haben in Ihrer eigenen
Regierungszeit genau von einem Ihrer großen und langjährig verteidigten
Grundsätze eine massive Abkehr gemacht, indem Sie gesagt haben: na ja, auf
einmal wird das Geld knapp, jetzt müssen wir natürlich das Geld auftreiben!,
und den Schulbuch-Selbstbehalt eingeführt haben. - Ich kann mich nicht erinnern,
dass irgendjemand hier in diesem Hause an diesem von Ihnen eingeführten
Schulbuch-Selbstbehalt Kritik geübt hätte! - Gut, soll sein.
Wir werden Ihnen diese Frage der Selbstbehalte und
all das, was Sie in diesem Bereich an Leistungen eingeführt haben, in den
nächsten Monaten systematisch und immer wieder zeigen.
Und was diesen Bierdeckel-Wettbewerb anbelangt, den Sie hier
jetzt offensichtlich mit Ihren "Wien macht's anders"- oder "Wien
macht's besser"-Plaketten betreiben, so habe ich dazu durchaus ein paar
fantasievolle Ideen. Ich bringe Ihnen da ein bisschen was mit. (Der Redner hält ein Blatt mit
Text-Entwürfen für weitere Plaketten in die Höhe.) Schauen Sie, Sie können
sich hier noch an anderen Sujets beteiligen. Ich liefere Ihnen da gerne noch
die eine oder andere Idee. Es ist genauso wahrheitsträchtig wie das, was Sie
schreiben. Wenn Sie beispielsweise schreiben: "Wien ist anders", dann
passt dazu wunderbar: "Die Erde ist eine Scheibe". Das ist auf
demselben Niveau! Oder, Herr Kollege, das passt für Sie vielleicht besonders
gut: "Rückschritt ist Fortschritt". Das würde sich sehr gut auch auf
Ihrem Bierdeckel machen, den Sie sich da an das Revers heften. (Beifall
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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