Gemeinderat,
17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 115
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend): Herr Mag Reindl, die
Minute ist, bitte, um! Ich bitte um den Schlusssatz.
GR Mag Thomas Reindl (fortsetzend): Gut. - Abschließend
möchte ich mich noch bei allen Beamtinnen und Beamten und bei den Damen und
Herren aller Dienststellen recht herzlich für ihre gute Arbeit im Jahr 2001
bedanken und hoffe, dass das Jahr 2002 ebenso erfolgreich für Wien verläuft wie
das Jahr 2001. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bei allem Verständnis für Erfolgsstatistiken:
20 Minuten sind 20 Minuten.
Nächste Rednerin ist Frau
GRin Cordon. - Bitte.
GRin Waltraud Cecile Cordon (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Europa hat in diesem Jahr ein Thema, das fast alle
Staaten der Erde betrifft, aber in besonderer Weise die Staaten der
Europäischen Union, und das ist die demographische Entwicklung der europäischen
Gesellschaft. Viele Veranstaltungen fanden bereits zu diesem Thema statt: In
Madrid war im April die zweite Weltkonferenz der Vereinten Nationen zur Frage
des Alterns. In Turin fand ein Kongress zum Thema "Active Aging" -
"aktives Altern" -, der Kongress der EURAG, statt; in Wien die Tagung
"Chancengleichheit ältererer Frauen in Österreich" - ein sehr
brisantes Thema. Und das werden nicht die letzten Veranstaltungen zu diesem
Thema gewesen sein.
Was ist an dieser demographischen Entwicklung der
Gesellschaft so alarmierend? - Der Anteil der Menschen über 60 in der
Gesellschaft beträgt im europäischen Durchschnitt 21 Prozent; das heißt,
jeder Fünfte ist über 60. Italien ist hier übrigens Vorreiter mit
24 Prozent. Das bringt nicht nur das Problem der Deckung der Pensionen mit
sich - das ja ein Bundesthema ist -, es gibt auch noch eine Menge anderer
Probleme, die hier zu bewältigen sind.
Derzeit ist also ein Fünftel der in Österreich lebenden
Bevölkerung über 60. Bis zum Jahr 2020 zirka wird es bereits jeder Dritte sein,
das heißt 30 bis 35 Prozent, darunter fast 15 Prozent über 75-Jährige
- und das alles bei einem Rückgang der Geburten noch zusätzlich.
Heute sind 21 Prozent der Bevölkerung unter 20,
im Jahr 2030 werden zirka 16 Prozent zu dieser Altersgruppe gehören. Der
Übergang verläuft allmählich ansteigend beziehungsweise sinkend, wenn der Trend
anhält.
In einer Entschließung fordert das Europäische Parlament
unter Hinweis auf Resolutionen, Chartas, Empfehlungen und so weiter die
Kommission, den Rat sowie die Mitgliedsstaaten auf, 20 Punkte zu diesem
Thema zu unterstützen beziehungsweise umzusetzen, in der tiefen Überzeugung,
auf diese Weise dem Problem aktiv Rechnung zu tragen und eine Verbesserung der
Situation herbeizuführen.
Ein Punkt ist das Recht der älteren Menschen auf
Teilnahme am öffentlichen Leben, auf Würde, Unabhängigkeit, Selbstbestätigung
und Fürsorge. Das klingt selbstverständlich, doch wie ich glaube, braucht es
eine verstärkte Zusammenarbeit der Politik und der Institutionen, um dies für
die Menschen auch halbwegs möglich zu machen.
Ein zweiter Punkt ist ein Hinweis auf Artikel 13
des EG-Vertrags, der eine Diskriminierung des Alters verbietet - wobei eine
Diskriminierung sehr wohl die Kündigung älterer Menschen, die verstärkte
Arbeitslosigkeit über 50-Jähriger und die Wiedereinstiegsprobleme älterer Menschen
sind - und die Erhaltung des sozialen Schutzes und der Gesundheitssysteme. -
Ich glaube, das ist bereits ein Thema, das die Stadt Wien sehr wohl angeht.
Drittens. Die Gesellschaft "soll eine
Gesellschaft aller Altersgruppen werden", wobei in den europäischen Ländern
eine Unterscheidung getroffen wird zwischen Menschen, die dem "dritten
Alter" - was Frau Kollegin Korosec vorher schon angesprochen hat -
angehören, die "gesund, aktiv und unabhängig leben und voll am gesellschaftlichen
Leben teilnehmen sollten", und den Personen des "vierten
Alters", "deren Unabhängigkeit und Gesundheit gefährdeter sind und
die besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge verdienen, um ein Leben in Würde zu
führen".
Ein wichtiger Punkt ist auch die Armut im Alter, wobei
hier in erster Linie die Notwendigkeit einer Verbesserung der Lage der älteren
Frauen im Rentenbereich sowie die Lage der sehr alten Menschen angesprochen
ist. Es wird festgestellt, "dass Armut im Alter eine stark
geschlechtsspezifische Komponente hat und dass Frauen mit größerer
Wahrscheinlichkeit als Männer beim Zugang zu Bereichen wie Bildung und
Ausbildung, Beschäftigung, Einkommen, Gesundheitsversorgung und Erbe Diskriminierungen
erleben". - Hier sind bereits Konzepte gefragt, besonders auch zur
Weiterbildung, denn das wird auch ein Problem. Wenn wir länger arbeiten müssen,
dann lautet die Devise: Lebenslanges Lernen. Das heißt also, die Ausbildung,
die Fortbildung auch für ältere Menschen ist immer mehr zu unterstützen.
Ausreichende Sozialsysteme einschließlich angemessener
eigener Renten sind natürlich für Frauen besonders wichtig, das wissen wir.
Diesbezüglich wird sich die Situation vielleicht in den nächsten Jahrzehnten
ändern. Es arbeiten immerhin mehr Frauen als in der Generation davor, eine
größere Anzahl von ihnen aber immer noch in Teilzeitbeschäftigungen
beziehungsweise in Beschäftigungsverhältnissen, aus denen sie nur einen
geringfügigen Dazuverdienst erzielen. Das Pensionssystem in Österreich ist auch
immer noch darauf aufgebaut, dass die Ehe für die Frau die Grundlage der Altersversorgung
ist.
Nun möchte ich speziell auf Daten in Wien zu sprechen
kommen: In erster Linie bei älteren Frauen besteht hier im Besonderen die
Gefahr der Vereinsamung. Sie sind öfter Opfer krimineller Handlungen, sie
bedürfen in erhöhtem Ausmaß der Pflege, da sie bekanntlich älter
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