Gemeinderat,
17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 115
werden als Männer. - Hier würde ich eine bevorzugte frauenspezifische
Förderung sehr unterstützen. - Die soziale Absicherung im Alter ist oft sehr
mangelhaft auf Grund der kleinen Renten, die in erster Linie Frauen beziehen.
Sie gehen oft als Single ins hohe Alter, erstens weil sie länger leben als
Männer, zum Zweiten aber auch, weil die Scheidungen im Ansteigen begriffen sind
- und ein Fünftel der Frauen ist kinderlos.
Ich darf Ihnen auch einige Zahlen aus einer Statistik
nennen, die darüber Aufschluss geben, wie es mit der Wohnsituation aussieht.
Gestern haben wir schon gehört, dass es in Wien noch 80 000
Substandard-Wohnungen gibt. Ich kann Ihnen sagen: Einen Großteil davon bewohnen
alte Menschen und insbesondere alte Frauen. 27 Prozent der Frauen haben
kein Bad in der Wohnung, 13 Prozent haben kein WC in der Wohnung,
46 Prozent der Frauen wohnen nicht in Kategorie-A-Wohnungen und
53 Prozent sind über 60 und leben in einem Ein-Personen-Haushalt.
Altern in Würde ist ein Schlagwort, aber um das
halbwegs möglich zu machen, bedarf es eines gesteigerten Programms für die oben
genannten Themen. Eines dieser Programme ist eben, verstärkt noch in Wohnen im
Alter zu investieren. Ich habe gestern schon gesagt, es gibt sehr hübsche
Seniorenresidenzen; aber gerade Frauen können sich diese oft leider nicht leisten.
Nun hat die Stadt Wien beschlossen, kein weiteres
Pensionistenwohnhaus mehr zu bauen. - "Heime" darf man ja nicht mehr
sagen, obwohl man in diesen Wohnungen beziehungsweise Häusern offiziell keinen
Gast beherbergen dürfte. Das heißt, dass sie eben einen Heimstatus haben - aber
gut. - Also setzt man vermehrt auf Wohnen im Alter in der eigenen Wohnung,
nehme ich an, was im Prinzip ja sehr gut ist. Hier ist allerdings ein erhöhtes
Informationsangebot über Adaptierungsmöglichkeiten einer Wohnung gefordert, und
zwar nicht erst, wenn man alt und gebrechlich ist, sondern rechtzeitig. Auch
das Wohnreferat ist hier gefordert, nämlich von vornherein Wohnungen zu
schaffen, die die Möglichkeit einer leichteren Adaptierung für Menschen bieten,
die dann eben nicht mehr so flott auf den Beinen sind wie in jüngeren Jahren.
Über Wohnalternativen, wurde auf einer Tagung geklagt,
ist noch sehr wenig Information durchgedrungen. Jedenfalls besagt das eine
Studie.
Allein schon in diesem Bereich gibt es also sehr viel
zu tun, um den Bedürfnissen alter Menschen gerecht zu werden.
Ein weiteres Problem ist auch die Unfreundlichkeit
einer betriebsamen Großstadt. Allein schon die Verkehrsbarrieren - in Bezug auf
die Wien sicher nicht zu den schlimmsten Städten gehört, aber auch keine Vorbildwirkung
hat - sind für alte und behinderte Menschen oft sehr schwer zu überwinden.
Ein Thema auf der Weltkonferenz war auch die Problematik
der älteren Zuwanderer und Flüchtlinge in der Europäischen Union im Hinblick
auf ihre soziale Integration.
Zu diesem Punkt bringen wir einen Antrag auf Öffnung
der Wiener Pensionistenwohnhäuser für Migrantenseniorinnen und -senioren ein,
denn auch diese Bevölkerungsgruppe darf keiner Diskriminierung ausgesetzt sein.
Diese Menschen sind in den meisten Fällen im Arbeitsprozess dieses Landes alt
geworden und sind von der Wohnsituation her in den meisten Fällen die
benachteiligste Bevölkerungsgruppe.
Wie schon vor einem Jahr, als ich auch hier stand und
über die MigrantenseniorInnen gesprochen habe, kann ich auch heute wieder nur
sagen: Der Rückkehrmythos ist in vielen Fällen im Wind zerstoben. Es gibt viele
Gründe, warum diese Menschen doch hier bleiben: Sie sind seit Jahrzehnten hier,
sie haben ihre Kinder und Enkelkinder hier, sind später nachgekommen, weil die
Kinder nicht mehr nach Hause zurückkehren, oder sie haben niemanden mehr in der
Heimat. Sie sind zu krank, um in ein Land mit schwacher Infrastruktur
betreffend Pflegeversorgung zurückzukehren, und so weiter.
Ich muss leider feststellen, ich könnte die Rede, die
ich vor einem Jahr hier gehalten habe, heute noch einmal halten. Es hat sich zu
diesem Thema leider nicht viel geändert, außer, dass die restriktivere Einwanderungspolitik
das Ganze oft noch schwieriger macht.
Die Notwendigkeit der Bewältigung von all diesen
Problemen, die auf der Weltkonferenz in Madrid aufgezeigt wurden, hat sogar
Sozialminister Haupt zu einem gesamtösterreichischen Seniorenplan angeregt, wie
er verkündete. Er "soll als politisch-strategisches Steuerungsinstrument
eine Grundlage zu Entscheidungen der Seniorenpolitik in den Bereichen Soziales,
Gesundheit, Wirtschaft, Wohnbau und Kultur dienen". - Leider hat er
einiges vergessen, nämlich Forschung, Bildung, soziale Integration der älteren
Zuwanderer und Flüchtlinge.
Was absurd ist, ist, dass wir ein restriktives Fremdengesetz
haben, wenn man bedenkt, dass damit ein aussterbendes Volk - und ich sage das
jetzt einmal so brutal, wie es hier ausgedrückt ist - die Zuwanderung bis auf
ein Minimum abwürgt!
Auf den Pflegebereich bin ich schon gestern eingegangen.
Hier ist allerdings auch noch einmal anzumerken, dass die Besetzung des
Pflegepersonals heute schon ein Problem darstellt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich könnte noch viele
Beispiele bringen, die vermehrt eine politische Neuorientierung in der
Gesellschaft erfordern, damit diese den Anforderungen der Entwicklung, die die
europäische Gesellschaft nimmt, gerecht werden kann. Ich gebe zu, Wien ist, wie
sich herausgestellt hat, nicht das Schlusslicht; die südeuropäischen Staaten
liegen noch hinter uns. Aber wir liegen wiederum hinter den nordeuropäischen
Staaten. Dänemark und die Niederlande haben uns einiges voraus.
Ich glaube, dass eine vermehrte Zusammenarbeit aller
Parteien und aller Ressorts, wie Gesundheit, Wohnen, Verkehr, Kultur, Bildung,
Wirtschaft, Frauen und Integration, gefordert ist, sodass die GRÜNEN einen
Antrag auf Einsetzung einer SeniorInnenkommission stellen. - Man wird mir
wahrscheinlich bald erzählen,
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