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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 115

 

Ausstellung und Aktionen dieser Art in Wien und für die Wiener empfunden werden müssen. (Beifall bei den GRÜNEN sowie des GR DDr Bernhard Görg. - GR Mag Christoph Chorherr: Der einzige Görg in der letzten Reihe applaudiert!)

 

Jetzt kommen aber doch die Abers, Herr Stadtrat, und ich bitte, sie wirklich ernst zu nehmen. Denn auf der einen Seite ist es natürlich gut, gut für die Stadt, dass wir den Strauß-Nachlass angekauft haben - aber 20 Millionen ungefähr sind noch offen. Und woher werden die kommen? - Wie es jetzt ausschaut, werden die wieder aus dem Kulturbudget kommen, und das wird wieder - das kann man drehen und wenden wie man will - auf Kosten anderer Initiativen erfolgen.

 

Die Unterstützung der Albertina, die ist gut. Wir haben in Wien immer wieder große Bauprojekte auch des Bundes oder privater Vereine unterstützt. Aber, großes Aber, warum 32 Millionen aus dem Kulturbudget? Das kann man drehen und wenden wie man will, diese 32 Millionen gehen auf Kosten anderer Projekte und Initiativen.

 

Kindertheater. Es ist gut, dass das beschlossen wurde, aber bitte warum mit einem Jahr Verzögerung? Was hat man denn ein ganzes Jahr lang gemacht, wenn man jetzt im Kulturausschuss genau dieselben Strukturen, genau dieselben Budgets, genau dieselben Außerstreitstellungen beschlossen hat, wie sie schon vor eineinhalb Jahren fertig waren? Es kann einfach nicht eineinhalb Jahre oder ein Jahr dauern, bis man mit der Finanz die Finanzierung ausverhandelt. Also ein ganzes Jahr ist trotz der grundsätzlichen Bejahung, die es selbstverständlich für dieses Projekt gibt, verloren gegangen.

 

Das führt dazu, meine Damen und Herren, dass im angeblich höchsten Kulturbudget der Geschichte Wiens schon im Februar den Leuten, die um etwas angesucht haben, gesagt werden musste, für den Rest des Jahres ist kein Geld da. Ich habe x-Beispiele – wenn man mir das nicht glaubt –, schriftlich und mündlich, denen das passiert ist, denen man schon im Februar oder März von den Referenten her sagen musste: Tut mir Leid, es ist kein Geld da! Ob das jetzt Point of Music war, ob das das Kinderfilmfestival ist oder was immer. Die Liste ist sehr, sehr lang.

 

Da stimmt doch etwas nicht! Und deshalb glaube ich auch, dass man diesen Budgetvollzug natürlich sehr genau hinterfragen muss.

 

Oder der Wiener Frauenkunstbericht. Ich finde das sehr gut, ich bin auch sehr beeindruckt und freue mich, dass es einen solchen jetzt einmal gibt. Aber was will man denn damit, wenn man nicht gleichzeitig die Wahrheit sagt? Wer heute den "Standard" gelesen hat, weiß, dass die Journalisten das natürlich durchschauen und daher auch kritisieren, wenn bis zum heutigen Tag keine einzige künstlerische Leitung mit einer Frau besetzt wurde, das aber ein erklärtes Ziel des Frauenberichts ist.

 

Frau Brauner war da sehr ehrlich. Sie hat in einer Presseaussendung genau das in einem vergleichbaren Kontext formuliert und hat gesagt, dies zeige - im Zusammenhang mit dem prozentuellen Frauenanteil bei Regisseuren bei den Festwochen -, dass es offensichtlich auch im Kunst- und Kulturbereich typische weibliche Tätigkeiten gebe. Diese sind dann im Frauenkunstbericht mit, glaube ich, 70 Prozent oder so beziffert worden.

 

Warum geschah das nicht, obwohl die Gelegenheit da war, etwa beim Theater der Jugend? - Da waren Gleichgereihte. Also das heißt, dieser ... (GRin Renate Winklbauer: Wie haben Sie besetzt in Ihrer Zeit? Lauter Männer haben Sie genommen!) Wir haben zum Beispiel mit der größten Selbstverständlich die Frau Gareis zur Direktorin des Tanzhauses gemacht, ohne so viel zu reden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben künstlerische Leitungen an Frauen übergeben, ohne es zu behaupten und dann nicht zu tun. Es gibt nichts Gutes außer man tut es. Das gilt auch in der Politik. Wir haben es einfach gemacht, wir haben nichts angekündigt. Wenn Frauen die Besten waren oder gleichgereiht waren, dann sind sie es bei uns geworden. (GRin Renate Winklbauer: Ha, ha, ha!)

 

Oder, meine Damen und Herren, wie kann man denn von der Priorität der Frauen sprechen, wenn man dann mit qualifiziertesten Bewerberinnen bei der Josefstadt, wie etwa der Frau Kollegin Echerer, nicht einmal ein Wort wechselt, sie nicht einmal zu einer Minidebatte einlädt über ihre Vorstellungen? Ich habe mir das Konzept angeschaut. Es war ein hervorragendes Konzept für die Josefstadt, und sie hat nicht einmal die Möglichkeit gehabt, fünf Minuten lang über ihr Konzept auch nur zu reden. Das soll man ernst nehmen, wenn gesagt wird, man will den Frauen Priorität einräumen, meine Damen und Herren?

 

Und jetzt geht man noch dazu her und will eine der wenigen Frauen, die künstlerische Intendanzverantwortung haben in Wien, einfach aus ihrem Job jagen, durch die Formulierung einer vorzeitigen Neuausschreibung, meine Damen und Herren. Da kann man nicht verlangen, dass man Ankündigungen in Richtung Frauenpolitik in der Kultur sehr ernst nimmt.

 

Karl Heinz Hackl hat, wie Sie wissen, in einem Interview das letzte Jahr als kulturpolitisches Schreckensjahr bezeichnet, als Annus Horribilis der Wiener Kulturpolitik. Ich weiß nicht, ob diese Wortwahl zutrifft, ob man sie verwenden sollte, aber eines kann man mit Sicherheit sagen: Ein gutes Jahr war das letzte Jahr für die Wiener Kulturpolitik nicht. Während wir früher international im Feuilleton und in ganz Europa im Gespräch waren, sind wir jetzt ins Gerede gekommen, während man früher mit Respekt von der Wiener Theaterszene gesprochen hat, tut man das heute mit Gespött.

 

Meine Damen und Herren! Wenn es einmal der Slogan in dieser Stadt war: Mehr Kultur in der Politik und weniger Politik in der Kultur!, dann ist es schmerzlich, eine Entwicklung eingeleitet zu sehen, die hier heißt: Je mehr sozialdemokratische Politik, desto besser! Das ist nicht gut für das Kulturleben in Wien. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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