Gemeinderat,
17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 115
manns Fest", 90 Millionen S, fünf Jahre
Drehzeit, ein paar Tage in den Kinos. Die ganze Sache musste abgebrochen
werden, weil kein Publikum da war.
Ich muss Ihnen sagen: Das ist ein Skandal, wenn man
weiß, wie viel jährlich für den Film ausgegeben wird, nämlich etwas mehr als
100 Millionen S, und 90 Millionen S ausschließlich für
einen Film!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte, wenn man
überlegt, was man mit dem Geld hätte machen können - wir haben heute am
Vormittag davon gesprochen, was die Bildung der Kinder angeht im
Musikunterricht, man könnte hier in der Hinsicht wirklich sehr viel aufbauen,
was die Zukunft unserer Kinder angeht, oder zum Beispiel das Figarohaus -, dann
ist das wirklich ein Riesenskandal. Ich werde natürlich die verfehlte
Filmsubvention weiterhin zum Thema machen.
Ich möchte nur zum Abschluss grundsätzlich noch etwas
sagen. Es geht um eine Tendenz, die man jetzt wieder mehr herausspürt, eine
Einstellung, eine Haltung. Und zwar geht es darum, dass wieder der historische
Hintergrund, die Geschichte, benützt wird, um Spannungen zu erzeugen oder um
Spannungen sogar wieder zu beleben. Die Wehrmachtsausstellung war unserer
Meinung nach so eine Situation.
Oder eine andere Tradition wird fortgesetzt, und zwar
politische Visionen oder politische Ideen ausschließlich auf ideologische
Konflikte und nicht auf Gemeinsamkeiten aufzubauen. Das ist etwas, was nicht
Frucht bringend ist.
Das geht von der Zerstörung unserer Kultur, was
unsere Religion anbelangt, zum Beispiel die Spottlust eines Haderers Dingen
gegenüber, die anderen wieder heilig sind, oder die Sache Herdieckerhoff, es
geht über die Zerstörung unseres kulturellen Erbes, Museumsquartier, dann Türme
im UNESCO-Erbe, bis zur Demontage unseres gemeinsames Gedächtnisses,
manifestiert jetzt im Historischen Museum.
Herr StR Mailath-Pokorny, das ist wiederum mein
Anliegen: Politiker, die die Gefahren einer Gesellschaftspolitik, die unsere
Werte und unsere Traditionen zerstört, nicht erkennen oder nicht erkennen
wollen, die müssen wissen, dass sie von denjenigen, die sie als hohes Gut
schätzen und bewahren wollen, an den Pranger gestellt werden, und wir werden
das in Zukunft weiterhin tun.
Ganz kurz noch etwas ganz Allgemeines zur
Kulturpolitik, das mir auch wichtig ist, nämlich: Eine erfolgreiche
Kulturpolitik fördert den kulturellen Reichtum eines Landes und dazu gehört
auch das Bewahren und Stärken der eigenen Identität. Denn man kann nur
gemeinsam unsere Zukunft bewältigen. Das ist ein Schwerpunkt auch unserer
zukünftigen Kulturpolitik.
Und ich möchte mich noch ganz zum Schluss - das ist
auch eine Sitte - bei den Beamten des Hauses bedanken für die gute
Zusammenarbeit im letzten Jahr. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Ernst Woller. Ich
erteile es ihm.
GR Ernst Woller
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Stadtrat!
Bei der letzten Sitzung des GRA für Kultur hat uns
StR Marboe das erste Mal wieder die Ehre seiner Teilnahme gegeben. Wir durften
bei dieser Sitzung des GRA für Kultur eine schauspielerische Leistung von Peter
Marboe miterleben, die ihm tatsächlich als Schauspieler sehr, sehr gute
Kritiken eingebracht hätte. Wie er mit tränenerstickter Stimme die Aufregung
über den kosmos.frauenraum gespielt hat, nun, Herr Stadtrat, das war
tatsächlich Nestroy-Preis-verdächtig.
Nur, wie sagt schon Nestroy? Ja, es ist alles net
wahr, es ist alles net wahr.
Und das gilt auch für das, was Sie gesagt haben.
Insofern passt das sehr gut zu Ihnen. Es ist halt alles nicht wahr, was Sie da
von sich geben.
Es ist nicht wahr, dass es in Wien eine
Künstlervertreibungspolitik gibt. Das ist Ihre frustrierte Sicht der Dinge,
aber die Tatsache ist das nicht.
Wenn man Ihnen so zuhört und wenn man es nicht besser
wissen würde, weil man Sie kennt, müsste man den Eindruck haben, Sie kennen nur
die Josefstadt, und Sie wissen nicht, wer aller während eines Jahres an
Künstlern und Künstlerinnen, hervorragenden internationalen Größen, in Wien
Theater macht, inszeniert, spielt, in den Opernhäusern singt, wer in den
Konzertsälen auftritt, jetzt nicht nur beim Klangbogen und Osterklang, sondern
bei allen Musikveranstaltungen dieser Stadt, welche großartigen internationale
Künstler in Wien ausstellen, in Galerien zu sehen sind, in Kunsthallen zu sehen
sind. Wenn man Sie so hört, müsste man glauben, Wien ist leergefegt von
Künstlern, nur weil offensichtlich einige von uns sehr geschätzte Damen und
Herren der Josefstadt mit einer kulturpolitischen Entscheidung nicht
einverstanden sind.
Ich glaube, dass das vielleicht auch damit
zusammenhängt, dass diese Künstlerinnen und Künstler, die in Wien zu sehen sind
- ich sage jetzt nur Wiener Festwochen, Castorf, Lepage, der Herr Stadtrat hat
jetzt gerade den Peter Sellers für das Mozartjahr engagiert und vorgestellt -,
dass alle diese Künstler, internationale Größen, einer Generation angehören,
die eher die Generation des StR Mailath-Pokorny ist und nicht die seines
Vorgängers.
Dieser Vorwurf der Künstlervertreibungspolitik stimmt
nicht. Er wird durch die tägliche Praxis der Wiener Kulturlandschaft widerlegt,
und das lassen wir auch nicht über unsere Stadt Wien und über die Künstlerinnen
und Künstler sagen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Die von Ihnen angesprochenen Damen und Herren der
Josefstadt, die wir alle tatsächlich schätzen, sind großartige Künstler, haben
Großartiges für diese Stadt geleistet. Aber sie haben eines gemeinsam: Sie
haben es offensichtlich nicht ganz verstehen können, dass nach Jahrzehnten eine
Praxis beendet wird, wo man gesagt hat, die, die in der Josefstadt sind, suchen
sich den nächsten Direktor selbst, und die auch ein finanzielles Desaster
hinterlassen haben, das größte Anstrengungen der Stadt - Sie wissen das - und
auch des Bundes
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular