Gemeinderat,
17. Sitzung vom 25.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 115
es nur noch 1,76 Prozent. Das ist die Hauptproblematik.
Alles in Ordnung. Wenn dafür gute Arbeit geleistet
wird, dann soll dafür Geld da sein. Aber das als reines ausschlaggebendes
Argument zu verwenden, es müsse mehr Geld her, ist durchaus auch gegenüber all
jenen, die den Sparmaßnahmen der SPÖ in Wien - nein, wir reden von der Wiener Politik -, und Sie wissen es ganz genauso
gut wie ich, dass gerade in Wien extreme Maßnahmen gesetzt wurden, die gerade
die kleinen, nicht so privilegierten Bürger betreffen, nämlich gerade die, die
nicht unbedingt zu den kulturellen Veranstaltungen gehen oder gehen können,
dass gerade die getroffen werden, dass bei denen die Stromsteuer eingeführt
wird, die neue Müllsteuer, die Mietenerhöhung im sozialen Wohnbau, die Erhöhung
der städtischen Kindergartengebühren, die Tarife bei den Wiener Linien, die Erhöhung
der Bädertarife oder die Erhöhung der Autoabschleppgebühr.
Alles wunderbare Dinge, die jeden Bürger betreffen,
dort muss also offenbar eingegriffen werden, dort müssen die Millionen
herausgeholt werden, die wir dann auf die Freien Gruppen und Sonstige
verstreuen können.
Ich weiß schon, das ist blasphemisch, wenn man das im
kulturellen Bereich sagt, weil hier ist ja jeder Groschen, der für Kultur
aufgewendet wird, sakrosankt und offenbar mehr wert als wo anders. Aber es muss
gesagt sein, dass es hier nicht angeht, dass man diesen Punkt so herauskehrt
und die anderen aber dann dafür umso abfälliger betrachtet. (Beifall bei der FPÖ.)
Eine besondere Facette des heurigen Kunst- und
Kulturberichts der Stadt Wien ist der Frauenkunstbericht. Ich habe hier
vielleicht auch eine andere Wahrnehmung und ich habe schon einmal festgestellt:
Ich habe offenbar eine andere Sozialisation hinter mir - ist auch ein schöne
Wort - und daher ist es so, dass in meinem Umfeld Frauen es eher als beschämend
befinden, dass so etwas notwendig ist. Dass es also notwendig ist, hervorzukehren,
dass Frauen in der Kunst aktiv sind, im kulturellen Bereich aktiv sind. Ich
habe also noch nie gehört, dass eine Frau als Künstlerin definitiv
benachteiligt wäre. Dass Frauen hier sogar erhöhte Fähigkeiten haben und so
weiter, das ist mir immer bewusst gewesen und ich habe damit nie ein Problem gehabt.
Aber offenbar gibt es da so etwas wie einen Komplex zu kurz zu kommen, und aus
dem heraus entstehen dann solche Berichte.
Das ist ja, wenn man sich das anschaut, zum Teil
geradezu wirklich skandalös. Also, ich darf da vielleicht so ein paar Dinge
zitieren, und zwar auf Seite 102 beispielsweise lesen wir: Im Bereich
Musiktheater, Frauenanteil an Dirigenten bei den Festwochen null Prozent,
Festwochen-Frauenanteil an Komponisten null Prozent. Ich muss dazusagen,
man erkennt bereits an der Überschrift, dass es nur Männer sind, sonst würde
KomponistInnen stehen, nehme ich an. Ich weiß zwar nicht wie man das große I
ausspricht, aber es steht zumindest hier. (GR
Mag Christoph Chorherr: Genau so! - Probieren Sie es einmal!) Ah, das große
I spricht man genau so. Es steht aber mitten im Wort, ist das nicht ... (GR Mag Christoph Chorherr: Das ist egal!)
Also, KomponistInnen, genauso ausgesprochen wie Komponistinnen, also da
jedenfalls null Prozent. Aber was ganz interessant ist, einen hohen
Anteil, das muss man schon sagen, ist zum Beispiel Festwochen-Frauenanteil Kostüme,
da sind die Männer nur bei 33 Prozent, die Frauen bei 67 Prozent.
Also, ich weiß nicht, da hat die sozialistische Kulturpolitik, oder die sozialdemokratische
Kulturpolitik, versagt. Das sind ja wirklich standard-sexistische Aussagen, die
man hier liest.
Oder, und da komme ich jetzt schon zum zentralen
Punkt: Kunstankauf Frauenanteil: Männer 51 Prozent, Frauen
49 Prozent. Wir sind zufrieden, es ist fast ausgeglichen. Aber, und jetzt
kommt eben diese übliche Ungerechtigkeit, und da muss man natürlich schon
vielleicht wirklich etwas dagegen machen: Ankaufsummen Kunstwerke von Männern,
also die 51 Prozent in Zahlen ausmachen, aber die Ankaufsumme macht
58 Prozent aus, während die Kunstwerke von Frauen nur 42 Prozent ausmachen.
Das heißt, es wird auch hier die Arbeit der Männer offenbar höher bewertet, als
die von Frauen, weil sonst könnte das ja nicht sein, dass deren Kunstwerke
höhere Preise erzielen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Literatur. Beitrag
Literatur: Frauenanteil 40 Prozent Männer, 60 Prozent Frauen, aber
Druckkostenbeiträge Literatur 63 Prozent Männer und nur 37 Prozent
Frauen. Also, hier eine Ungleichgewichtung, eine große Aufgabe für all jene,
die sich um dieses Thema besonders annehmen.
Ein letzter Punkt: Theater an der Wien. Wir freuen
uns alle, dass es da jetzt wirklich eine Änderung geben soll. Seit rund
15 Jahren fordern die freiheitlichen Kulturpolitiker, dass die Oper wieder
Einzug finden kann ins Theater an der Wien. Heute haben wir gehört, es scheint
so zu sein, dass es wirklich funktioniert. Aber man sollte vielleicht auch die
Kirche im Dorf lassen und festhalten, wer das gefordert hat und wer den Druck
hier ausgeübt hat.
Kurz und gut, der Kulturbereich entfernt sich zunehmend
von den Bürgern und wieder zurück in den geschlossenen Bereich. Die
zeitgeistige Läuterung ist nicht absehbar, was bleibt, ist die Hoffnung, dass
die Bürger aufwachen und bei Wahlen auch entsprechend reagieren. Und was uns
bleibt, ist, diesen Rechnungsabschluss abzulehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Winklbauer
gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Renate Winklbauer
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Der trotz allem noch männerdominierte Sport Fußball hat,
trotz allem, auch die Kulturdebatte zumindest ein bisschen beeinflusst. Als
erste Bemerkung möchte ich einmal eine Berichtigung anbringen, weil es mir
wichtig erscheint: Deutschland hat gewonnen - nicht Europa, denn es gibt keine
Europamannschaft - und nicht, wie der offensichtlich durch seine Sozialisation
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular