Gemeinderat,
18. Sitzung vom 26.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 74
Sozialdemokratie diese Schwerpunktdebatte gewählt hat, um
diese Sticker, die schon zum Großteil abgebaut worden sind, sich aber in
zweifacher Ausführung - halb rechts und links hinten sehe ich noch welche -
hier befinden, nein, da ist noch ein dritter hinter dem Herrn Kollegen Driemer (GR Heinz Hufnagl holt seinen Anstecker mit
der Aufschrift "Wien macht's besser. - SPÖ" aus dem Bankfach hervor
und zeigt ihn dem Redner.) und sogar noch ein vierter, der schon unter der
Bank versteckt war, nach der Generaldebatte und nach den Spezialdebatten auch
ein bisschen wirtschaftspolitisch mit Inhalt zu füllen.
Meine Damen und Herren, es ist schon interessant,
dass vor wenigen Minuten von der gleichen Fraktion eigentlich eine
Rednerstreichung in Gang gesetzt worden ist. Es ist interessant, dass es von
der gleichen Fraktion plötzlich geheißen hat, eigentlich brauchen wir darüber
nicht zu reden, eigentlich ist dazu nichts zu sagen und eigentlich sollten wir
uns jetzt alle streichen lassen. Man hat offenbar fünf Minuten vor zwölf Angst
vor der eigenen Courage, Angst vor dieser Schwerpunktdebatte, Angst vor dieser
Diskussion bekommen. Ich finde das eigentlich schade, denn ich habe mich darauf
gefreut, hier noch einmal, und zwar nicht spät am Abend, sondern gleich am
Morgen, der Frage nachzugehen, ob Wien es in der Wirtschaftspolitik wirklich
besser oder sogar schlechter macht. (GR
Christian Oxonitsch: Sie wissen genau, warum der zweite Redner gestrichen ist!
Das ist Heuchelei!)
Meine Damen und Herren, es war die freiheitliche
Fraktion, die hier seit vielen Jahren bereits eine Kritik vorgetragen hat. Wir
waren lang die Einzigen, aber jetzt beginnt diese Kritik langsam auch in der
Öffentlichkeit zu greifen. Es hat der "Kurier" etwa mit der Headline aufgemacht:
"Wien ist Schlusslicht beim Wachstum". Die Wiener ÖVP ist nun auf
dieses Thema aufgesprungen. Die Wiener ÖVP hat sogar eigene Plakate zu diesem
Thema gedruckt. Die Bundesregierung analysiert schon die Sonderentwicklung in
Wien. Unsere Wiener Sozialdemokratie kontert jetzt mit dieser Plakataktion,
"Wien macht's besser.", um das ein bisschen zu entkräften und auch
mit diesen Stickern sozusagen in die Gegenoffensive zu gehen.
Meine Damen und
Herren, es ist wirklich die Frage zu stellen, was dieses Cross Border Leasing
tatsächlich mit diesen Stickern der Sozialdemokratie zu tun hat. - Eigentlich
nichts. Aber nachdem man bei diesem Thema schon sehr kleinlaut geworden ist,
ist offenbar doch der Versuch da, wieder eine Gegenoffensive zu starten.
Meine Damen und Herren, ich meine, dass dieser
Versuch nicht wirklich gelingen kann. Ich bin schon gespannt auf die nächsten
Redner, wer dann nach diesen Streichungen überhaupt noch herauskommt und etwas
zu dieser Schwerpunktdebatte mit dem Thema "Wirtschaftspolitik" sagt.
Ich glaube, dass anhand der Fakten diese Schwerpunktdebatte nicht wirklich gelingen
kann.
Meine Damen und Herren, wir haben hier lange Kritik
an der Position Wiens vorgebracht und sind damit eigentlich lange Zeit nicht
ernst genommen worden. Man hat uns vorgeworfen, den Ruf des
Wirtschaftsstandorts herunterzumachen. Man hat uns vorgeworfen, wir wollen Wien
damit nur schlecht machen. Aber wir haben uns nicht beirren lassen und heute
ist dieser Rückstand der Stadt bei allen Indikatoren eigentlich schon
Allgemeingut.
Meine Damen und Herren, ich möchte, weil Ihre Fraktion
diese Schwerpunktdebatte - zumindest nach meinen Informationen - gewählt hat (GR Godwin Schuster: Woher haben Sie diese
Informationen?), unter dem Thema "Wien macht's besser.", jetzt
ein bisschen den letzten Jahren, zum Beispiel dem letzten Konjunkturzyklus, ein
bisschen nachgehen.
Meine Damen und Herren, dieser letzte Konjunkturzyklus
hat zehn Jahre gedauert. 1993 war in Österreich die letzte Rezession. In diesem
Jahr 1993 war in ganz Österreich der Wirtschaftsabschwung, aber die Bundeshauptstadt
war als einziges Bundesland damals in der Rezession. Wien hat damals 2 700
Arbeitsplätze verloren.
1994, meine Damen und Herren, hatten wir das
zweitschwächste Wachstum. Wien hat 1994 900 Arbeitsplätze verloren, und
zwar hat Wien als einziges Bundesland verloren.
1995 gab es dann erstmals einen wirklich deutlichen Beschäftigungseinbruch
in der Stadt. Wir haben 1995 7 800 Arbeitsplätze verloren.
1996 war das Jahr der Firmeninsolvenzen. 1996 mussten
täglich sechs Unternehmen in Wien ihre Zahlungen einstellen und es gab daher
1996 einen sehr großen Beschäftigungseinbruch, der uns etwa an die heutige
Dimension erinnert. Es gab 1996 etwa 10 000 Arbeitsplätze weniger.
1997 hat Wien 6 000 Arbeitsplätze verloren.
Meine Damen und Herren! Wir haben damals schon in
dieser negativen Phase 1995, 1996, 1997 diesen Beschäftigungseinbruch
zusammengezählt und eben festgestellt, dass Wien 20 000 Arbeitsplätze verloren
hat, während die anderen Bundesländer gleichzeitig neue Arbeitsplätze schaffen
konnten. (VBgm Dr Sepp Rieder: Schock ist
nicht nur ein Wiederholungstäter, er ist ein Serientäter im Verbreiten von
Unwahrheiten!)
1998 hat der Wirtschaftsaufschwung begonnen. Wien war
aber weiterhin das Schlusslicht beim Wachstum und wir konnten daher diese
verlorenen 20 000 Arbeitsplätze nicht wieder aufholen.
Wir waren 1999 das Wachstumsschlusslicht. Es konnten
1999 auch im Wachstum keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden.
Auch im Jahre 2000, im Boomjahr, in dem in ganz
Österreich Zigtausende neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut
eigentlich festgestellt, dass nicht einmal in diesem Boomjahr 2000 wirklich
neue Arbeitsplätze in Wien entstanden sind.
Meine Damen und Herren! Wir haben eben lange Jahre
kritisiert, dass Wien im Durchschnitt gegenüber dem Anfang der Neunzigerjahre
etwa 20 000 Arbeitsplätze verloren hat, während in den anderen Bundesländern
Zigtausende neue geschaffen werden konnten.
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