Gemeinderat,
19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 70
ein sehr interessantes Flugblatt des ÖAAB in Döbling. Da
lese ich: "ÖVP findet: Häupls Ruf nach Steuerreform 2003 ist frivol",
eine Einladung zum Herbstempfang mit Verkostung von Weinen eines
ÖVP-Bezirksrats und weitere Mitteilungen des ÖAAB in Döbling.
Jetzt kann man sagen: Was geht das die Kultur an? -
Das geht die Kultur insofern was an, als das von der Wiener Kulturverwaltung
gefördert wird, weil hier Gelder des Bezirkskulturvereins Döbling verwendet
werden. So sieht Ihr Umgang mit Kulturmitteln aus und so sieht Ihre Politik
aus! Sie haben sich nicht einmal in Ihrer eigenen Partei durchgesetzt mit der
Entpolitisierung der Kultur, und Sie hätten hier große Aufgaben insbesondere in
der ÖVP-Döbling.
Wenn der erste Antrag jetzt verlangt, dass zusätzliches
Geld allen anderen Wiener Mittel- und Kleinbühnen zur Verfügung gestellt werden
soll, dann ist das absurd, weil es ja kein Gegengeschäft ist. Diese
145 000 EUR zusätzliche Mittel für den Rabenhof sind notwendig, weil
der Rabenhof als einziges Theater keine Bundesförderung erhalten hat, und daher
springen wir hier ein, genauso wie wir es beim Künstlerhaus, bei der Secession,
bei "Wien ist andersrum" und bei anderen Projekten gemacht haben, wo
der Bund gekürzt hat und Wien Teile dieser Förderung aufgefangen hat.
Und zweitens: Es stimmt einfach nicht, dass es kein
zusätzliches Geld für Theaterproduktionen in dieser Stadt gibt. Wir haben
zusätzlich das "Volkstheater in den Bezirken" gefördert. Wir
beschließen im nächsten Kulturausschuss zusätzliche Mittel für Freie Gruppen.
Wir haben dem Paulus Manker zusätzliches Geld gegeben. Wir haben dem
Österreichischen Theater von Robert Quitta zusätzliches Geld gegeben. Wir
beurteilen das nur auf Grund der künstlerischen Qualität von Projekten, und
wenn es notwendig ist, dann werden wir zusätzliches Geld beschließen, aber
nicht automatisch, nur damit sich jemand nicht benachteiligt fühlt.
Wir werden daher diesen Antrag ablehnen.
Zum zweiten Antrag betreffend das Auersperg-Theater.
Ich muss hier heftig zurückweisen, was Herr StR Marboe in den letzten Tagen
auch immer wieder über die Presse mitgeteilt hat. Es gibt in Wien keine
Theaterschließungen, weil die Stadt Mittel kürzt. Es gibt überhaupt keine
Kürzungen im Kulturbudget, sondern wir haben insgesamt das Kulturbudget erhöht.
Das Budget für die Theater ist gleich geblieben, und das Budget für die Freien
Gruppen ist gestiegen, diese werden durch zusätzliche Mittel aus dem Kulturschilling
gefördert.
Und es stimmt auch nicht, was Kollegin Ringler gesagt
hat, dass die Freien Gruppen "letzte Krümel" bekommen. Diese werden
mit knapp 6 Millionen EUR gefördert! Über 80 Millionen S
bekommen die Freien Gruppen und dieser Anteil ist gestiegen! Hier von
"letzten Krümeln" zu reden, das ist einfach wirklich jenseits aller
Realität! (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn in Wien nun ein Theater seinen Betrieb einstellt,
einstellen muss oder einstellen will, aus welchen Gründen auch immer, sei es
durch Konkurs wie beim Auersperg oder sei es durch Todesfall, dann ist das ein
ganz normaler Vorgang. Das ist überall so - in der Politik und überall im
Leben. Es vergehen Dinge und es entstehen neue Dinge.
Es ist zutiefst konservativ und bezeichnend für diese
ÖVP, wenn Sie sagen: Alles, was es gibt, egal, ob es jetzt angenommen wird oder
nicht angenommen wird, zeitgemäß ist oder nicht zeitgemäß ist, erfolgreich oder
weniger erfolgreich ist, muss unbedingt so bleiben wie es ist.
Das ist nicht unsere Politik, und daher werden wir
auch in Zukunft jeden einzelnen Fall ganz konkret prüfen, so wie wir es in der
Vergangenheit gemacht haben. Es ist nämlich verantwortungsvolle Kulturpolitik,
wenn wir uns genau anschauen, wie die Theaterentwicklung in Wien und international
ist, wenn wir uns anschauen, wie der künstlerische Bedarf bei den Theatern ist,
und wenn wir uns anschauen, wie die Akzeptanz der künstlerischen Arbeit beim
Publikum ist.
Es gibt Beispiele. Ich sage jetzt, um nur eines zu
nennen aus der langen Liste von erfolgreichen Produktionen: Taboris "Mein
Kampf" von der Freien Gruppe von Hubsi Kramar hat diese Woche im
Männerheim in der Wiener Meldemannstraße Premiere gehabt. Es war eine
großartige Aufführung und es war ein großer Erfolg.
Das beweist unter anderem, wie viele andere Beispiele,
dass das alte Guckkastentheater einfach nicht mehr zeitgemäß ist, nicht dem
zeitgemäßen Theater entspricht und auch nicht mehr den modernen Sehgewohnheiten
des Publikums entspricht.
Es ist daher wirklich entlarvend, wenn sich Herr StR
Marboe völlig unabhängig von den Konzepten, die bisher vorliegen, für den
Weiterbestand eines Theaters, nämlich konkret des Theaters im Auersperg,
einsetzt, eines Theaters, das in den letzten Jahren immer weniger als
50 Prozent Auslastung hatte, und das bei 96 Sitzplätzen.
Das heißt, es ist nicht so, dass
das ein so großes Theater war und deshalb so wenig Leute gekommen sind, sondern
das war immer ein kleines Theater und dort sind die Auslastungszahlen unter
50 Prozent gewesen. Es ist im Sommer aus eigenem Verschulden, trotz
Warnungen der Kulturverwaltung und der Kulturpolitik, in Konkurs gegangen und
ist seit Jahren von der Kulturkritik völlig ignoriert worden. Ich erinnere mich
an ein Gespräch mit einem anerkannten Chef einer Kulturredaktion einer großen
österreichischen Zeitung. Dem habe ich gesagt, dieses und jenes Projekt ist mit
dem Herrn Desy im Auersperg geplant. Darauf sagt der Chef der Kulturredaktion
zu mir: "Gibt es das überhaupt noch?" So wurde es in den letzten
10 Jahren wahrgenommen, und Sie stellen sich hin und sagen, das muss
genauso weiter bestehen. Das ist konservative Kulturpolitik. Dafür werden Sie
nicht unsere Unterstützung finden.
Wir werden sehr wohl, wie wir es sonst bei allen anderen
Projekten auch machen, alle vorliegenden eingebrachten Projekte ernsthaft und
gewissenhaft prüfen. Wir werden uns das ganz genau anschauen, wenn da ein
sensationelles Konzept eingereicht wird, auch für den Standort Auersperggasse 15,
das eine wirklich tolle Ergänzung des Wiener Kulturlebens und der Wiener
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