Gemeinderat,
19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 70
Struktur, mit dieser Bühne, mit diesem Raum!) Das ist
es, worum es geht, meine Damen und Herren! Wenn Sie das als konservative
Kulturpolitik bezeichnen, dann danke ich für das Kompliment und nehme es gerne
entgegen! (Beifall bei der ÖVP.)
Zum Zweiten: Sie wissen, Herr Woller, dass alles, was
man hier sagt, gedruckt wird und nachzulesen ist. Sie haben - wir werden es in
einer halben Stunde lesen können - hier klar und deutlich gesagt: "Zwei
Drittel der künstlerischen Leitungsfunktionen in dieser Stadt sind mit Frauen
besetzt worden." - Nicht eine einzige, meine Damen und Herren, ist in
dieser jetzigen Legislaturperiode mit einer Frau besetzt worden! Wie können Sie
hier, vor 100 Zeugen, so etwas von sich geben? Nicht nur ist keine einzige
Position mit einer Frau besetzt worden, sondern Frauen werden laufend
übergangen. Beim Theater der Jugend war unter den Erstgereihten eine Frau, bei
den Museen der Stadt Wien war Frau Prof Maimann unter den ersten drei
Gereihten, und sie sind übergangen worden. Meine Damen und Herren, hier treten
Frauen wie die Ruth Wodak aus dem Kuratorium der Museen der Stadt Wien aus
Protest gegen diese Kultur- und Ausschreibungspolitik zurück, wie man gestern
im "Standard" lesen
konnte. Das ist die Wahrheit. Erzählen Sie doch nicht etwas, was jeder als
unrichtig nachlesen kann, Herr Kollege!
Ich glaube, dazu werden wir noch in verschiedenen
Debatten länger und ausführlich reden können.
Ich habe zuerst gesagt, unsere Kritik richtet sich gegen
die Kulturpolitik. Wenn die GRÜNEN und die ÖVP gemeinsam, nicht durch Zufall,
etwas machen, dann sollte man das meiner Ansicht nach ernster nehmen, als wenn
es nur eine Partei wäre. Frau Ringler, die sich wirklich kein Blatt vor den
Mund nimmt, schreibt in ihrer Homepage ausdrücklich: "die unappetitliche
parteipolitisch motivierte Vergabe des Rabenhoftheaters".
Jetzt können Sie die Schuld suchen und sagen, die
soll daherreden, was sie will, oder Sie denken einen solchen Satz nach. Den
sagt sie ja nicht aus Jux und Tollerei und stellt ihn ins Netz, wo es jeder
lesen kann, sondern weil sie sich Gedanken und Sorgen um die Vielfalt und die
Unabhängigkeit der Theaterlandschaft in unserer Stadt macht.
Jetzt komme ich zu etwas, was, glaube ich, heute auch
ein Thema sein sollte, nämlich zur ausdrücklichen Zusage. Ich sage das auch im
Interesse des Rabenhofs, der da in ein furchtbar schlechtes und inzwischen auch
mit viel Neid erfülltes Licht gerutscht ist. Wir hatten die Zusage, dass kein
anderes Projekt in dieser Stadt auf Kosten dieser Subvention gekürzt wird oder
zu kurz kommen soll. Diese Zusage gibt es schriftlich. Das ist in den Gemeinderatsprotokollen
nachzulesen.
Die Liste wird aber lang und länger, wo nur steht:
"aus budgetären Gründen", noch dazu die Reihe von Jugend- und Kinderprojekten.
Point of Music, MOKI - Mobiles Kindertheater bekommt auf einmal keinen Jahresvertrag,
obwohl man alle Kriterien erfüllt hat - aus budgetären Gründen nur mehr ein
Jahr verlängert. Alfred Polansky will ein tolles HC-Artmann-Projekt machen -
aus budgetären Gründen abgelehnt. Das Kinderfilmfestival bekommt statt wie beantragt
127 000 EUR nur 18 000 EUR. Chorforum Wien und so weiter,
Schrammel-Picknick abgesagt. Die Liste wird täglich länger und wir werden sie
laufend publizieren, damit man sieht, was sehr wohl auf Kosten einer missglückten
Budgetpolitik alles passiert.
Jetzt kommt in meinen Augen der Gipfelpunkt. Ihre
Verteidigung - vielleicht sagt uns der Herr Stadtrat noch etwas dazu - ist
wirklich mehr als dürftig. Da geht es jetzt nicht nur um einen Theatermann, wo
ich ganz ehrlich sagen will, dass er eineinhalb Jahrzehnte Theater in dieser Stadt
gemacht hat, wo wir stolz waren, dass vielfältiges Theater in Wien zu sehen
ist, in einem Theater, das übrigens eine Geschichte hat. Ich werde Ihnen dann
noch sagen, was dort alles vor dem Desy passiert ist. Es geht darum, diesem
Theatermann, der durch ein ganz anderes Projekt, nicht wie Sie irrtümlich
sagen, mit dem Theater, sondern durch ein Operettenprojekt, bei dem er sich
übernommen hat, in Konkurs geschlittert ist, nicht zu helfen. Sie wissen genau,
dass wir immer gesagt haben, eine erstmalige Entschuldung sollen wir anstreben.
Diesem Mann nicht zu helfen, ihn mit 70 Jahren in den Konkurs zu schicken,
aus ihm einen gebrochenen Menschen zu machen, der er vor wenigen Monaten noch
nicht war und der er bei unserer Kulturpolitik niemals gewesen wäre, das finde
ich einfach menschlich, aber auch von der kulturpolitischen Solidarität her
unvertretbar, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Reden wir nicht lange herum. Sie haben versucht, es
zu beschönigen und der Stadtrat hat eine köstliche freudianische Fehlleistung
im Stadtsenat begangen. Im Grunde ist man nicht sehr daran interessiert, diesen
Theaterraum zu erhalten. Das ist der allgemeine Eindruck, der entstanden ist.
Deshalb gibt es inzwischen auch eine lange Künstlerliste, die die Offenhaltung
dieses Theaters verlangt. Jetzt ist dieses Theater frei, weil es im Konkurs ist
und nun meldet sich ein Masseverwalter, der sichtlich mehr kulturpolitische
Sensibilität als die Kulturpolitik der Stadt hat und sagt: "Meine Damen
und Herren, wollen Sie nicht das Theater retten? Ich habe es schätzen
lassen." - Nicht ich, sondern er sagt das. - "Um 50 000 EUR
kann man das Inventar und die Mietrechte dieses Theaters erwerben." Also,
um 50 000 EUR könnte man alles, die Akustik, die Scheinwerfer, bevor
sie einzeln abverkauft werden, haben. Alles, was der Masseverwalter braucht,
ist die Zusage des Kulturressorts, dass diese Subvention selbstverständlich
aufrecht bleibt, dass sie nicht gestrichen wird. Das halte ich nicht für zu
viel verlangt, denn mit dieser Zusage, diese Subvention nicht wegzunehmen und
anderwärtig zu verwenden, könnte der Masseverwalter über dieses Theater verfügen.
Wie schaut es aus? Er schreibt im April dieses Jahres einen
Brief an das Kulturressort. - Er bekommt keine Antwort. Er urgiert im August. -
Bis zum heutigen Tag hat der Masseverwalter, der sich um die Aufrechterhaltung
dieses Theaters bemüht, keine schriftliche Antwort des Kulturressorts. Ich
finde das nicht zum Schmunzeln,
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