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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 106

 

Sachpolitik stimme ich da wirklich zu.

 

Es geht nämlich nicht nur um die konkrete Frage dieser Vorlage: soll man die Radwege wieder ins Zentralbudget zurückholen, soll man da die Dezentralisierung quasi schleichend rückgängig machen?, sondern es geht wirklich um die Grundsatzfrage, wie wir mit der Fragestellung "Dezentralisierung, Zurück zu den kleinen Einheiten, Subsidiarität" und so weiter umgehen. Da könnte man in der Radwegepolitik geteilter Meinung sein. Da könnte man sagen: Na ja, nicht jeder Bezirk hat das wirklich schlau gemacht; vielleicht endet manch ein Radweg an der Grenze, dort, wo sich der andere Bezirk noch nicht dazu aufraffen konnte, die Mittel aufzuwenden. Aber das ist nur eine Detailfrage. Die grundsätzliche Frage ist: Wie halten wir es mit der Abgabe von Kompetenzen an die Bezirke? Geben wir ihnen dafür die ausreichenden Mittel, um die immer mehr werdenden Aufgaben zu bewältigen?

 

Das muss man leider mit Nein beantworten. Die Bezirksmittel sind nicht nur rückgängig, sie sind auch bei steigendem Budget unterproportional. Jeder, der sich ein wenig in den Bezirken umhört, weiß, es mangelt überall, und es tut sich jeder Bezirk schwer - mein Kollege RUDOLPH wird noch besonders auf Kindergärten und Schulen eingehen, ich brauche daher nur ganz kurz dabei zu verweilen -, wir tun uns schwer damit, den Bürgern gegenüber zu argumentieren, warum wir das eine oder andere Problem nicht lösen können oder nicht lösen wollen.

 

Hier macht es sich die Stadtverwaltung ein bisschen zu leicht, denn sie beschreitet den Weg der schleichenden Aushöhlung - da ein wenig mehr Geld, dort eine stille Rücknahme in den Zentralbereich ohne Ausgleich -, statt dass sie die Grundsatzfrage stellt und sagt: Ist die Dezentralisierung eigentlich gelungen, oder ist sie misslungen? Müssten wir sagen: halt, stopp, retour? Setzen wir uns noch einmal zusammen, diskutieren wir noch einmal über die Frage: Wo sind die Kompetenzen abgerundet? Wo sind sie eine Aufgabe der Bezirke und wo nicht? Wo gibt es überschreitende Probleme, die nicht gelöst werden können? - Das wäre die eigentliche Diskussion, aber nicht, immer wieder an Marginalien herumzubessern.

 

Ich greife einige Beispiele auf, zunächst die Kanalisation. In meinem Bezirk Floridsdorf verspricht die SPÖ-Führung seit zehn Jahren den absoluten Kanalausbau für den ganzen Bezirk. Ich sage Ihnen, bei den bestehenden Budgetmitteln wird es noch Jahrzehnte dauern, und Sie werden es uns noch einmal zehn Jahre lang versprechen. Das ist für die Bürger eigentlich unbefriedigend.

 

Ein anderes Beispiel für die Dezentralisierung ist die Bäderverwaltung. Die Bezirke bekommen Mittel für Freibäder, Kinderfreibäder, normale Bäder, Tröpferlbäder zugewendet. Jeder weiß, dass man dort Prioritäten setzen könnte, dass man versuchen könnte, das Geld umzuschichten. Aber das ist nicht möglich, weil uns die Dezentralisierung einfach vorschreibt, dass die aufgewandten Mittel für den Bezirk auf alle Bäder zu verteilen sind. Du kannst nicht ein unnotwendiges Tröpferlbad - gebaut in den Zwanzigerjahren, als es im Gemeindebau noch keine Dusche gab, wie sie mittlerweile selbst im miesesten Gemeindebau vorhanden ist - noch weiter als Tröpferlbad aufrechterhalten, nur weil dort ein paar Leute gerne nachmittags in die Sauna gehen. Aber es ist nicht möglich, das Geld für ein Kinderfreibad, oder was immer die Priorität des Bezirks wäre, umzuwidmen. - Ein klassisches Beispiel, dass die Dezentralisierung dort misslungen ist und dass die Finanzzuweisung nicht funktioniert!

 

Kollege Margulies hat es bereits gesagt - ich bin schon wieder ganz bei ihm und hoffe, dass ihm das nicht allzu sehr Probleme macht -, die Mittelankündigung ist ja eine gewaltige. Wenn wir uns anschauen, dass die Bezirksquote eigentlich seit 1999 sinkend ist - von 1,9 auf mittlerweile 1,6 Prozent des gesamten Wiener Haushalts, Tendenz fallend -, dann klingt das schon ganz anders als diese einfachen Summen. Denn jetzt geht es um Kürzungen von 3 Millionen EUR, 6 Millionen EUR, aber das bei einem Gesamtbudget von 9 Milliarden EUR. Da wird die Quote eindeutig deutlicher.

 

Ich darf daher nochmals feststellen, dass wir der Vorlage nicht zustimmen werden, sehr wohl aber dem ÖVP-Antrag, der sich mit der Frage der Rückkehr zu den bürgernahen Verwaltungen und der Bezirksautonomie beschäftigt.

 

Wobei wir etwas verwundert sind, Kollege Tschirf, dass Sie, wenn ich richtig informiert bin, den zweiten Antrag, der doch wohl etwas präziser und deutlicher war und klargestellt hat, worum es eigentlich geht, zurückgezogen haben. Aber manche Auguren behaupten, Sie hätten dann Probleme, bei den einzelnen Bezirksbudgets zuzustimmen, so wie Sie es manchmal in einzelnen Bezirken tun. Vielleicht ist das doch noch die heimliche Koalition, die uns auch noch nach dem 24. November droht. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist Herr BV Lacina zum Wort gemeldet. - Bitte, Herr Bezirksvorsteher.

 

BV Karl Lacina: Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Sehr geschätzte Damen und Herren!

 

Einige Schlussworte, die jetzt gefallen sind, waren so genannte Koalitionsspiele, und es wurde auch einige Male von seltsamen Koalitionen, die sich im Zusammenhang mit diesen beiden Geschäftsstücken beziehungsweise mit Anträgen ergeben, gesprochen.

 

Grundsätzlich entspricht es nicht ganz meiner Art, immer auf das einzugehen, was Vorredner sagen, aber ich muss mir das dennoch erlauben, denn es gibt so viele neue Damen und Herren hier in diesem Haus - was ja etwas Erfreuliches ist -, und ich darf nun schon seit dem Beginn der Dezentralisierung an diesem Prozess teilnehmen; bei den ersten Verhandlungen im Jahr 1986 durfte ich schon dabei sein. Daher darf ich hier - nur zur Aufklärung - diesbezüglich einige Dinge erörtern.

 

Es ist ein überwiegendes und grundsätzliches Ja, das die Bezirksvertretungen und die Damen und Herren, die diesen Bezirksvertretungen vorstehen, entweder als Vorsitzende oder als Bezirksvorsteherinnen und Bezirks

 

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