Gemeinderat,
22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 93
sprich Bauausschuss, sprich Bezirksvertretung, von diesen
geplanten Kubaturerhöhungen? Wie viel Geld würde dann in den Bezirk
zurückfließen und was würde das für den Bezirk, sprich jetzt für den
Zentralpark, bedeuten?
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Bitte,
Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dipl Ing Rudolf Schicker:
Frau Gemeinderätin!
Es ist der Bezirk dadurch informiert, dass die
Ausstellung stattgefunden hat. Es ist der Bezirk über die Teilnahme im
Arbeitsausschuss der Stadtentwicklungskommission informiert. Die formale
Einbindung der Bezirksentwicklungskommission oder des Bauausschusses - je nach
Bezirk heißt das ja verschieden - wird sich in den nächsten Wochen abspielen
und dann wird über den Gemeinderatsausschuss hier der Strukturplan Richtung
Gemeinderat eingebracht. Parallel dazu gehen wir mit einzelnen Teilen, wo die
Investoren schon klar sind, wo die Projekte schon klar sind, in die
Flächenwidmung. Die Entwürfe dazu sind für drei Teilstücke in Beratung und
kommen demnächst oder sind gerade - genau kann ich Ihnen das dann nachher noch
sagen - auf dem Weg zum Bezirk. Die öffentliche Auflage wird allerdings erst im
laufenden halben Jahr stattfinden können.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke.
- Herr Kollege Dr Troch verzichtet auf seine Zusatzfrage, weil der Herr
Stadtrat das ausreichend beantwortet hat. Danke.
Wir kommen nun zur 5. Anfrage (FSP/05447/2002/0001-KGR/GM).
Sie wurde von Frau GRin Susanne Jerusalem gestellt und ist an den Bürgermeister
gerichtet: Obdachlose Menschen, die um eine Gemeindewohnung ansuchen,
erhalten von Wiener Wohnen die Antwort: Wir haben Ihr Ansuchen um Vergabe einer
Wohnung überprüft, bedauern jedoch, dieses mangels Vorliegen eines
anrechenbaren Umstands nicht in Vormerkung nehmen zu können. Teilen Sie die
Meinung, dass Obdachlosigkeit kein anrechenbarer Umstand für die Vormerkung für
eine Gemeindewohnung darstellt?
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau
Gemeinderätin!
Ihre Frage, ob ich die Meinung teile, dass Obdachlosigkeit kein
anrechenbarer Umstand für die Vormerkung für eine Gemeindewohnung darstellt,
mutet mich fast wie eine rhetorische Frage an, obwohl ich den Eindruck habe,
Sie meinen es gar nicht so. Eine rhetorische Frage würde nicht unmittelbar eine
Antwort erheischen. Ich will dennoch versuchen, Ihnen die Umstände für die
Vormerkung für eine Gemeindewohnung ein bisschen darzustellen, gerade im
Zusammenhang mit der Obdachlosigkeit.
Zur Regelung der Vergabe von Gemeindewohnungen gibt
es seit vielen Jahren umfassende Richtlinien, an denen sich einerseits
Wohnungssuchende orientieren können, ob sie sich für eine Gemeindewohnung
vormerken lassen können, und die andererseits eine Anweisung für jene
Mitarbeiter von Wiener Wohnen darstellen, die mit der Vormerkung von
Wohnungssuchenden befasst sind.
Im Sinne der Klarheit und Nachvollziehbarkeit stellen
diese Richtlinien generelle Regelungen dar. Um Härtefälle aus Anwendungen
dieser generell geltenden Vormerkrichtlinien zu vermeiden, gibt es zum einen
die soziale Schiene bei Wiener Wohnen und zum anderen die Wohnungskommissionen.
Beide Einrichtungen haben die Aufgabe, rasch und unbürokratisch zu helfen, wo
ein dringender Handlungsbedarf besteht.
Generelle
Richtlinien sind erforderlich, um die über 13 000 Vormerkungen pro Jahr
administrativ effizient, gerecht und nachvollziehbar bewältigen zu können.
Gleichzeitig ist aber vorgekehrt, dass bei berücksichtigungswürdigen
Einzelfällen eine besonders rasche Hilfe möglich ist. Daher ist im Unterschied
zu Regelungen vor rund zehn Jahren, wo auch bei Obdachlosigkeit oft noch
Wartezeiten bis zu drei Jahren bestanden, die Einrichtung der so genannten
"sozialen Schiene" geschaffen worden. Bei der "sozialen
Schiene" werden 14-tägig Expertenkreissitzungen abgehalten, wo
hinsichtlich der Wohnungssuchenden im Einzelfall genau den Ursachen der
Obdachlosigkeit nachgegangen wird. Von entsprechend geschulten und erfahrenen
Expertinnen und Experten wird entschieden, ob die Vergabe einer Gemeindewohnung
empfohlen oder abgelehnt wird oder ob etwa betreutes Wohnen als sinnvolle Wohnungsversorgung
für zweckmäßig erachtet wird.
Der Expertenkreis besteht aus Sozialarbeiterinnen und
Sozialarbeitern der MA 11 und der MA 12, der Caritas, der Wiener
Frauenhäuser und der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Diese
seit rund zehn Jahren praktizierte und weiterentwickelte Vorgangsweise führt
dazu, dass Obdachlose nicht, wie in der Vergangenheit, längere Zeit auf eine
Wohnung warten müssen, sondern im Regelfall binnen drei Wochen die Information
erhalten, ob sie eine Gemeindewohnung oder einen betreuten Wohnplatz bekommen
oder ob dies aus sachlichen Gründen abgelehnt wird. Eine Ablehnung erfolgt
meist dann, wenn die Obdachlosigkeit aus nachvollziehbaren und vordergründigen
Ursachen selbst verschuldet ist beziehungsweise aus Sicht der Sozialarbeiterinnen
und Sozialarbeiter die Meinung vertreten wird, dass sich die betroffene Person,
zum Beispiel auf Grund ihres Einkommens, selbst mit einer Wohnung versorgen
kann.
Über die "soziale Schiene" wurden im Jahr
2000 1 321 und im Jahr 2001 1 663 Wohnungen betroffenen Personen
zur Verfügung gestellt.
Die zweite einzelfallbezogene Ergänzung der
Vormerkrichtlinien stellen die Wohnungskommissionen dar, an die sich Personen
wenden können, die mit der von den Vergabereferenten auf Grund der Vormerkrichtlinien
getroffenen Entscheidung nicht einverstanden sind. Nach genauer Prüfung kann
dann die Wohnungskommission auf Grund der besonderen Situation des
Wohnungssuchenden im konkreten Einzelfall ebenfalls die Entscheidung treffen,
dass eine Gemeindewohnung angeboten werden soll. Nach Schätzungen des
Koordinators der Wohnungskommissionen wenden sich pro Jahr etwa
230 Personen ohne festen Wohnsitz an die
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