Gemeinderat,
22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 93
Wohnungskommissionen, um so eine Gemeindewohnung zu
erhalten.
Sie sehen also, wenn man die Frage der Tat auch nach
ihrem Inhalt hin und nicht nach der Form beantworten wollte, kann man erkennen,
dass auch über Wiener Wohnen eine entsprechende soziale Aufgabe wahrgenommen
wird.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Bitte, die
erste Zusatzfrage, Frau GRin Jerusalem.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub
im Rathaus): Herr Bürgermeister!
Ich hege überhaupt keinen Zweifel an dem, was Sie
jetzt gesagt haben. Das stimmt mit dem überein, was auch mein Wissensstand ist.
Es gibt aber ein kleines Problem: Die Obdachlosen
wissen vieles von dem, was Sie jetzt gesagt haben, nicht. Sie gehen zu Wiener
Wohnen, wollen sich für eine Gemeindewohnung vormerken lassen und erfahren dann
schriftlich, dass Obdachlosigkeit kein Grund für eine Vormerkung auf eine
Gemeindewohnung ist. Sie empfinden das selbstverständlich - ich glaube, Sie
werden das nachvollziehen können - als eine Provokation.
Ich persönlich kenne sehr viele Obdachlose, die seit
vielen Jahren obdachlos sind und deren Leben zunehmend schwierig wird.
Ich stelle daher folgende Frage: Was werden Sie
selbst tun oder der Abteilung empfehlen, damit diese Vorgangsweise, die Sie mir
jetzt geschildert haben, auch den Obdachlosen bekannt wird und damit
tatsächlich jeder nach drei Wochen weiß, woran man ist und was jetzt zu tun
ist?
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Herr
Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau
Gemeinderätin!
Ganz kann ich das nicht nachvollziehen. Es mag sein,
dass Sie viele Obdachlose kennen, die Probleme mit ihrer Obdachlosigkeit haben.
Das verstehe ich.
Ich gehe davon aus, dass die rund 3 000
Obdachlosen, die wir in Wien haben, Probleme mit ihrer Obdachlosigkeit haben,
denn es ist ja in der Tat ein Problem dabei. Dass die Obdachlosen allerdings
nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen, kann ich unglaublich schwer
nachvollziehen, denn zurzeit sind jene rund 2 600, 2 700 Plätze, die
von der Stadt, aber natürlich auch von den zusammenarbeitenden Organisationen
wie etwa der Caritas, zur Verfügung gestellt werden, zu etwa 90 bis
93 Prozent ausgelastet und auch dort bekommen sie jede Information, die in
die Richtung zur "sozialen Schiene" von Wiener Wohnen führt.
Den Beweis dafür, dass offensichtlich Informationen
angenommen werden, liefern die Zahlen aus den Jahren 2000 und 2001, die
vorliegen, wo eine Reihe von rund 1 500 Personen jedes Jahr diese
Wohnungswunscherfüllung über die "soziale Schiene" in der Tat auch
konsumiert hat. Also hier liegen konkrete Beweise pro Jahr - 2001 beispielsweise
über 1 600 - vor, dass die Information angekommen ist.
Jetzt halte ich es durchaus für möglich, dass es
Einzelfälle gibt, wo das nicht funktioniert, wo die Information nicht ankommt.
Das ist durchaus möglich. Ich bin daher gerne bereit, zwischen der MA 12,
zwischen den Organisationen, die die Obdachlosenbetreuung im konkreten, auch in
diesem Winter, durchführen und Wiener Wohnen die Kommunikation noch einmal zu
überprüfen, insbesondere auch vor dem Hintergrund dessen, ob die Informationen
einfach genug sind, sodass die Botschaft den Adressaten in der Tat über den
Kreis dessen, den wir heute erreichen, erreicht.
Sehr viel mehr sehe ich zur Stunde nicht, denn ich
glaube, dass gerade dieser soziale Bereich zur Lösung der Probleme, die wir
leider in der Stadt haben, sehr in Ordnung ist.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Die
zweite Zusatzfrage wird von Herrn GR Fuchs gestellt. - Bitte.
GR Georg Fuchs (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister!
Obdachlosigkeit hängt natürlich auch mit nicht
passendem Wohnraum zusammen, weil dieser oft nicht vorhanden ist und es lange
Wartezeiten gibt. Dazu gibt es im Ausland Modelle, wo man bei gemeinnützigen
Genossenschaften Wohnungen anmietet.
Ich frage Sie daher: Können Sie sich in Wien ein
Modell vorstellen, wo die Stadt ein gewisses Kontingent an Wohnungen bei den
Gemeinnützigen anmietet, um noch rascher helfen zu können?
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Herr Gemeinderat!
Ich hege den Verdacht, das geht am Problem vorbei,
denn wir wissen, dass Obdachlosigkeit menschlich und sozial große
Schwierigkeiten nach sich zieht. Das ist mit ein Grund dafür, warum der
überwiegende Teil der Hilfestellungen, die durch Wiener Wohnen erfolgen, nicht
über die - ich sage jetzt, unter Anführungszeichen gesehen -
"Normalvergabe" von Gemeindewohnungen funktioniert, sondern in
Richtung der soziale Schiene zu betreutem Wohnen wird.
Wir haben zur Stunde nicht wirklich ein Problem, die
Wohnungen aus dem Gemeindewohnungsbereich zur Verfügung zu stellen, die
betreutes Wohnen darstellen. Der überwiegende Teil ist ohnehin, wenn er es
wünscht und sich an das Reglement hält, in den entsprechenden sozialen
Einrichtungen der Stadt, der Caritas und anderer, die ich hier erwähnt habe,
untergebracht.
Die Relation muss man sich vorstellen. Wir haben im
Winter rund 2 500 Personen in diesen Einrichtungen und pro Jahr vergeben
wir auf der sozialen Schiene solche Wohnungen für betreutes Wohnen, 2001 zum
Beispiel rund 1 660. Es ist zur Stunde mit Sicherheit niemand, der
entsprechend geprüft und als entsprechend unterstützungswürdig angesehen wurde,
nicht von der Politik, sondern von den konkreten Experten, von einer solchen
Wohnung abgewiesen worden.
Aber ich kann Ihnen gerne sagen, Herr Gemeinderat, falls die
Situation eintreten sollte, dass wir - damit meine ich jetzt die sozial
Verantwortlichen dieser Stadt, das schließt das Wohnen ein - zu wenig Wohnungen
haben
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