Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 32
ebenso zurückweise. Sie haben gesagt: Wollen Sie, dass das
Risiko individualisiert wird? Keine Grüne
und kein Grüner hat je Anlass
dazu gegeben, irgendeinen Verdacht wachzurufen, dass wir diejenigen sein
könnten, die das wollen. Das Risiko soll nicht individualisiert werden. Ganz
klare Antwort. Aber dass Sie uns das überhaupt fragen, zeigt: Sie hören uns gar
nicht zu, wenn wir reden, denn sonst müssten Sie wissen, dass wir das immer
deklariert abgelehnt haben und das auch in Zukunft eindeutig ablehnen werden.
Und der Gipfelpunkt dann Ihrer Fragen, der mich
wirklich sehr, sehr geärgert hat, war: Wollen Sie, dass Frauen gekündigt
werden? Wie können Sie uns das fragen? Wie können Sie die Grünen fragen: Wollen Sie, dass Frauen
gekündigt werden? - Nein, wir wollen es nicht. Wir haben es nie gesagt und wir
werden es nie wollen. Wir wollen ganz im Gegenteil, dass viele Menschen
angestellt werden in dem Bereich, Frauen und Männer, dass sie gut bezahlt
werden und dass sie besser bezahlt werden in Hinkunft. Das ist die Stellung der
Grünen zu diesem Bereich. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Und wenn Frau StRin Landauer
darauf hingewiesen hat, dass gerade in diesem Berufsbereich 481 000
Stellen ehrenamtlich besetzt sind, was stimmt, und ohne die Ehrenamtlichen
würde dieses System sofort zum Erliegen kommen, dann stimme ich Ihnen zu. Ich
sage aber auch: Ja leider, denn sosehr ich dafür bin, dass sich alle in
Hunderten Vereinen engagieren und dass alle sozial tätig sind, egal ob sie
jetzt Gemeinderätinnen oder Gemeinderäte sind, darf man eines nicht vergessen:
In einem funktionierenden Sozial- und Gesundheitssystem könnten diese
481 000 ehrenamtlich besetzten Stellen ja vielleicht Arbeitsplätze sein,
bezahlte Arbeitsplätze, und das ist eine Diskussion, die man bei der
derzeitigen Arbeitsmarktlage einmal führen sollte, weil diese Ehrenamtlichen
nämlich die Arbeit tun, die genauso bezahlte Arbeitskräfte leisten könnten und
unserer Meinung nach auch sollten.
Und daher ein Letztes: Den Staat nicht aus seiner
Verantwortung zu entlassen heißt auch, dass in diesem Bereich Menschen arbeiten
auf regulären Arbeitsplätzen und nicht von Ehrenamtlichen hier die Arbeit
geleistet wird, die ein funktionierendes Sozial- und Gesundheitssystem
eigentlich zur Verfügung stellen sollte. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächste Rednerin ist Frau GRin Cordon gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Waltraud Cecile Cordon (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Ich kann mich natürlich den Ausführungen meiner
Kolleginnen in allen Punkten anschließen. Allerdings gibt es hier noch einiges
zu sagen, das ich sehr wohl hinzufügen möchte.
Natürlich haben Sie auch Leistungen erbracht, die
nicht geschmälert werden sollen, wie zum Beispiel die Unterstützung in sozial
schwierigen Zeiten, Unterstützung im Krankheitsfall, Unterstützung bei der Bewältigung
des Alltags, ein durchgehendes Angebot von Hilfe, sofern man österreichischer
Staatsbürger ist. Das ist das, was eine Kommune unserer Meinung nach auch zur
Verfügung zu stellen hat für ältere und behinderte Menschen.
Es gibt also durchaus eine Reihe von Leistungen für
ältere und betagte Menschen. Frau StRin Pittermann hat auch angesprochen, dass
man sehr vieles tut, um die Menschen zu Hause betreuen zu können. Da hakt es
allerdings schon ein bisschen, denn für den Umbau und die Adaptierung einer
Wohnung, die für einen behinderten Menschen hergerichtet werden soll, gibt es
keine Finanzierung. (GRin Erika
Stubenvoll: Das stimmt nicht! Es gibt immer Zuschüsse für Umbauten!)
Zurückkommen möchte ich auch auf die
Wohngemeinschaften, deren Errichtung ausgelagert wurde. Da stockt es. Es geht
nichts weiter. Außerdem kommt noch eine Unüberschaubarkeit der Zuständigkeiten
hinzu, die für die Klienten zusätzlich eine Erschwernis bedeutet. Es ist für
die Menschen mit einem hohen Organisationsaufwand verbunden, an die
entsprechenden Informationen zu kommen. Und das ist doppelt schwer, wenn man
älter ist und vielleicht auch noch behindert.
Dasselbe gilt zum Beispiel für Mietbeihilfen. Die
Wohnbeihilfe als Quasivoraussetzung für die Gewährung der Mietbeihilfe ist bei
der MA 50. Für die Klienten besteht also die Notwendigkeit der
Kontaktaufnahme von mehreren Organisationseinheiten zu einem Thema. Bei der
Beantragung von Hilfsmitteln müssen behinderte Menschen verschiedene
Magistratsabteilungen abklappern. Der Prozess ist nicht übersichtlich und
entspricht nicht den Forderungen eines One-stop-Shop-Prinzips, wie das so
heißt.
Die mangelnden Vergleichsmöglichkeiten, um unter
verschiedenen Vereinen selber wählen zu können, sind schon angesprochen worden,
wobei es sehr wohl Leistungsunterschiede zwischen minus 54 und plus
36 Prozent gibt in dem, was an Leistungserbringung gewährt wird. Also,
auch ein merkwürdiges System für dieselbe Leistung.
Ich glaube auch, dass an die BürgerInnen, aus deren
Steuergeld die PolitikerInnen bezahlt werden, alle Informationen möglichst
umfassend und objektiv weiterzugeben sind und dass diese Erreichung von
Informationen so leicht wie möglich zu gestalten ist. Es geht also um
niederschwellige Informationszugangsmöglichkeiten und darum, dass die
Leistungsbezieher eine umfassende Beratung bekommen, die alle Bereiche
betrifft, wodurch sie gleichzeitig verschiedene Angebote miteinander
vergleichen können und so die optimalste Betreuungsleistung für sich persönlich
herausfinden können. Dies ist auch ein Punkt, den wir GRÜNE schon seit langem
kritisieren, allerdings ohne Erfolg. Sie lassen sich halt nichts dreinreden.
Das brauchen Sie auch nicht, denn Sie können ja schließlich machen, was Sie
wollen.
Seit es GRÜNE in der Kommunalpolitik gibt, haben wir auf das
Problem der parteinahen Vereine hingewiesen. Das gilt nicht nur im Sozial- und
Gesundheitsbereich, das ist auch in der Kultur, in der Wissenschaft und
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