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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 82

 

Landsmannschaften oder Teile dessen oder auch nur einzelne Exponenten beziehungsweise das "Haus der Heimat" zu einem rechtsextremen Hort mutieren, so ist es einerseits die Aufgabe der zuständigen Behörden, strafbare Handlungen unter Ausschöpfung des gesamten Repertoires der österreichischen Rechtsordnung zu ahnden und letztlich zu unterbinden, andererseits wird man sich selbstverständlich auch politisch damit auseinander zu setzen haben.

 

Um Ihre Frage daher zu beantworten: Ja, ich stehe weiterhin zu diesem Beschluss, bin aber ganz sicher, dass wir ihn so sorgfältig zu formulieren und mit entsprechenden Bedingungen zu versehen haben, dass es aus meiner Sicht heraus gesehen jedenfalls administrativ nicht möglich ist – politisch, so hoffe ich, überhaupt nicht –, dass es zu Vorfällen kommt, wie Sie sie gelegentlich hier auch geschildert haben.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Erste Zusatzfrage: Frau GRin Ringler.

 

GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Herr Bürgermeister!

 

Wir haben in der letzten Gemeinderatssitzung tatsächlich ausführlich darüber geredet, welche Aktivitäten auch – und ich betone "auch" – im "Haus der Heimat" stattfinden, und ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Sozialdemokratie das durchaus auch mit Besorgnis verfolgt.

 

Nichtsdestotrotz möchte ich gerne wissen, in welcher Form Sie sicherstellen werden, dass die Gelder, die über die Landeshauptleutekonferenz von Ihnen mitbeschlossen wurden und die ja auch schon im Kulturausschuss als Akt vorgelegen sind, nicht für Aktivitäten, wie ich sie in der letzten Gemeinderatssitzung geschildert habe, genutzt werden. Sprich: Wie kann verhindert werden, dass ein Herr Lüftl, der Verfasser von Gutachten ist, die die Existenz der Gaskammern im Dritten Reich leugnen, und ähnliche Leute im "Haus der Heimat" einen Platz haben?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Das sind zwei verschiedene Dinge. Dass Gelder der Stadt oder richtigerweise Steuergelder der Wienerinnen und Wiener nicht zur Unterstützung rechtsextremer Veranstaltungen oder Aktivitäten herangezogen werden können, lässt sich dadurch verhindern, dass wir – und deswegen dauert es auch seine Zeit – die Bedingungen für diese Subvention sehr sorgfältig formulieren werden. Dafür, dass Herr Lüftl oder andere Rechtsextremisten nicht im "Haus der Heimat" auftreten, kann ich Ihnen genauso wenig eine Garantie geben wie ich Ihnen eine Garantie dafür geben kann, dass Rechtsextremisten nicht an der Universität Wien mit Vorträgen auftreten.

 

Ich sage hier noch einmal – und da spreche ich auch aus meiner individuellen politischen Erfahrung –, dass dies eine Frage politischer Auseinandersetzung ist und mit Sicherheit nicht administrativer. Der Rektor der Universität Wien, dem ich absolute demokratische und antifaschistische Gesinnung zuspreche, konnte auch nicht verhindern, dass Rechtsextreme an der Universität Wien mit Vorträgen auftreten. Das ist die Aufgabe der Antifaschisten und der Demokraten, das zu unterbinden.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke. – Die zweite Zusatzfrage: Herr GR Prochaska, bitte.

 

GR Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister!

 

Sind Sie bereit zu garantieren, dass auch in Hinkunft bei der Subventionierung gesellschaftspolitisch tätiger Vereine und Einrichtungen der Weg des Augenmaßes und der Vernunft gegangen wird, der einerseits eine sehr sorgfältige Abgrenzung von Extremismen auf beiden Seiten des politischen Spektrums vorsieht, andererseits aber auch nicht den Kurs der unverschämten Selbstgerechtigkeit von "Unversuchten und Ungeprüften" – Bergengruen, falls Sie es wissen wollen, 1945 an die Völker der Erde – geht, die – ich sage das ganz bewusst, auch im Angesicht der dritten Auflage der Lueger-Hatz, die jetzt wieder kommt – schon Ausmaße der Orwell'schen Gedankenpolizei annimmt, wo alles, was nicht der eigenen Befindlichkeit entspricht, "getilgt, ausradiert, vaporisiert" werden muss, um auch dieses Zitat Orwell-gerecht zu machen?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!

 

Was ich Ihnen gerne garantieren kann, das ist, dass die Subventionspolitik der Stadt Wien sich zunächst einmal an der Pluralität kultureller Aktivitäten ausrichtet und diese entsprechend gewährleisten wird, zum Zweiten – das teilen wir –, dass sie mit Sicherheit keine extremistischen Aktivitäten unterstützen wird, dass sie zum Dritten sich aber auch an der Verlässlichkeit orientiert. Wenn es hier einen entsprechenden Beschluss, dem der Wiener Landeshauptmann zugestimmt hat, gibt, dann findet das auch statt.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke. – Die dritte Zusatzfrage: Herr GR Mag STEFAN.

 

GR Mag Harald STEFAN (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Ich habe das heute und auch bei der letzten Gemeinderatssitzung im Dezember mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Sie eindeutig Stellung dazu beziehen, dass das "Haus der Heimat" und die Vertriebenenorganisationen unterstützt werden. Sie tun dies, wie ich meine, auch in dem Bewusstsein, dass Menschenrechte unteilbar sind und dass es nicht gute und schlechte Opfer gibt. Immerhin geht es bei den Vertriebenen um jene Überlebenden, die einem unglaublichen Terror ausgesetzt waren. Meistens waren es Frauen, kleine Kinder, Greise, die flüchten mussten, und sehr viele sind dabei umgekommen.

 

Zudem speist sich ja der Fonds, der jetzt das "Haus der Heimat" finanziert, aus jenen fiktiven Zinsen, die von Konten abzuschöpfen wären, die Sudetendeutsche in Wien oder in Österreich hatten, von denen jedoch sie beziehungsweise ihre Erben nicht mehr Gebrauch machen konnten, weil sie umgebracht wurden. Es ist also, wie es mir scheint, eigentlich nur ein Zurückzahlen bestimmter Gelder, wenn auch sehr spät, an Personen,

 

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