Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 82
einen Nachdenkprozess und eine Neudiskussion.
Meine Forderung auf Einberufung eines
Arbeitsausschusses mit der Agenda-Gruppe 21 der Bürgerinitiative, der BIG,
Mitgliedern des Bauausschusses und Mitgliedern des Planungsausschusses wurde
seitens des Stadtrates abgelehnt. Und da über das Gesamtareal eine Bausperre
bis 2006 verhängt wurde, wunderte man sich doch sehr über die Eile, diesen
Flächenwidmungsplan noch im Sommer 2002 durchdrücken zu wollen. Erst das von
der Agenda-Gruppe eingebrachtes Rechtsgutachten bremste Stadtrat Schickers
Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Politik, und er zeigte sich der Agenda-Gruppe
gegenüber erstmals zaghaft gesprächsbereit. Richtig aufgewacht ist er
allerdings erst im Herbst vergangenen Jahres, als der Druck der Presse und der
Öffentlichkeit zunahm, und so stimmte man seitens der Mehrheitsfraktion wohl
eher zähneknirschend einem Antrag im Gemeinderat auf Abhaltung eines
Mediationsverfahrens zu. Doch allein die Chronologie dieses Verfahrens spricht
Bände und gleicht – allerdings wie erwartet – einer Alibiaktion nach dem
bekannten Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
Punkt 1: Kein Mediationsverfahren, sondern nur
moderierte Gespräche, besser gesagt, Verhandlungen mit Kampfrhetorik seitens
der Profis gegenüber der Bürgerinitiative, wie die Vertreter der
Bürgerinitiative Sensengasse es immer wieder bekrittelten.
Punkt 2: Zu Beginn wurden die Sitzungen mit maximal
vier begrenzt.
Punkt 3: Frau Dipl Ing N. von der MA 21, die
auch maßgeblich an der Verschleppung des Ansuchens um Umwidmung im Falle des
Heurigenwirtes Berger beteiligt war, hielt fest, dass es allerdings nur
unwesentliche Abweichungen vom Flächenwidmungsplan geben dürfe, um den
Planungsausschuss mit diesem Plandokument nicht mehr zu befassen. Also genau
so, wie wir es hier und heute erleben.
Es gab also keinen Bericht über das so genannte
Mediationsverfahren im Ausschuss. Wir hätten trotzdem noch immer Zeit gehabt.
In 14 Tagen findet der nächste Planungsausschuss statt, und man hätte sich
ruhig Zeit lassen können mit diesem Plandokument. Aber man will es ja nicht,
man will es durchdrücken. Wir haben das verstanden.
Bezeichnend ist dies allerdings für die gelebte
Demokratie nach Art dieses sozialistischen Hauses. Und so konnte denn auch –
trotz aller Bemühungen – nur eine minimale Reduktion der Bebauung erreicht
werden, und der maximale Grünlandgewinn beträgt sage und schreibe nicht einmal
500 Quadratmeter.
Aber jetzt kommt der eigentliche Skandal: Da die BIG
auf keinen einzigen Kubikmeter verzichten will, holt sie sich verloren
gegangene Kubatur über eine höhere Bebauung über den § 69 natürlich wieder
zurück. Bezirksvorsteher Benke hat dies in vorhauseilendem Gehorsam bereits
zugesichert. Aber es ist ja hinlänglich bekannt: Wo Benke draufsteht, ist Chaos
drin. Ich erinnere nur an die Parkspur Rossauer Lände.
Ich gehe davon aus, dass das Ergebnis dieser
Verhandlungen bereits im Vorfeld zwischen Verantwortlichen und
Projektbetreibern ausverhandelt war und diese ganzen Gespräche eine reine
Pseudoaktion nach Muster eines billigen Komödiantenstadels waren. Moderne
Stadtplanung sieht anders aus, Herr Stadtrat. Die Unkultur, ständig am Bürger
vorbeizuplanen, spricht Bände. Und der Gipfel der Unverfrorenheit war Ihr am
Dienstag mündlich eingebrachter Abänderungsantrag im Stadtsenat. Die
Oppositionsparteien hatten keine Chance, Ihren Antrag zu prüfen, geschweige
denn zu diskutieren. Nun dürfen Sie sich aber auch nicht wundern, wenn das
restliche Vertrauen in Ihre Person flöten geht. Es wird an Ihnen liegen, uns zu
beweisen, dass Sie die Oppositionsparteien nicht länger über den Tisch ziehen
werden, denn wir machen Ihnen nicht den Kasperl und wir lassen uns von Ihnen
auch nicht zu Handlangern degradieren.
Sie sind, wie so oft, über alles drübergefahren,
haben schonungslos alles abgemäht, was nach gelebter Demokratie aussieht. Daher
kann ich Ihnen nur gratulieren. Sie werden mit diesem Plandokument als der
Sensenmann in die Wiener Stadtgeschichte eingehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josef Tomsik: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr
Mag Schieder. Ich erteile es ihm.
GR Mag Andreas Schieder (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!
Erlauben Sie mir zu diesem Geschäftsstück auch den
Versuch zu unternehmen, die Debatte mit ein paar sachlichen Argumenten zu
bereichern, abseits der künstlichen Aufregung, die seit gestern oder vorgestern
in diesem Haus inszeniert wird.
Vielleicht vorab: Es geht um die Fläche, auf der
früher einmal das so genannte ehemalige Garnisonsspital gestanden ist. Ein
Spital ist ein Bauwerk, und daher war das auch damals als Bauland gewidmet und
keinesfalls als Park, so wie hier ja mancherorts versucht wird, diesen Eindruck
zu vermitteln. Es ist ein Projekt der Bundesimmobiliengesellschaft, die der
Grundeigentümer ist, und der Universität Wien, die das Projekt betreibt.
Ich darf vielleicht ausführen, dass die
Bundesimmobiliengesellschaft eine privatwirtschaftliche Gesellschaft des Bundes
ist, die Eigentümerrechte von der Bundesregierung ausgeführt werden und dort vor
allem ressortmäßig von Bundesminister Bartenstein, der seines Zeichens Minister
der ÖVP ist.
Ich darf weiters ausführen, dass das
Bundesministerium für Wissenschaft und Universitäten eben auch zur
Bundesregierung gehört und dort die Frau Bundesminister Liesl Gehrer die
Ministerin ist, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende der
Österreichischen Volkspartei ist. Und da kommt man der Wahrheit auch schon ein
Stückchen näher.
Lassen Sie mich aber zuerst noch im zeitlichen Ablauf
verweilen. Erstmals ist dieses Projekt 1998 an die Stadtplanung herangetragen
worden, und damals, 1998, war die Stadtplanung nicht in sozialdemokratischer
Ressorthand. Im Juli 2000 hat dann die
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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