Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 82
Aber uns interessieren ja weniger die Abläufe als die inhaltlichen
Ergebnisse, und daher möchte ich sagen: Dieser Abänderungsantrag sieht den
Kompromiss vor, der ausgehandelt wurde, nämlich die Schaffung eines weiteren
Durchganges im Bereich Sensengasse zum Arne-Karlsson-Park in Ostwestrichtung
und im Bereich der Struktureinheit StrE1, also auf einer der zu bebauenden
Flächen, statt 75 Prozent Bebaubarkeit nur 62 Prozent Bebaubarkeit.
Das ist eine massive Reduzierung auch der Bebauungsfähigkeit dieser Fläche und
ist hiermit, denke ich mir, ein erfolgreicher Kompromiss. Weil eines war auch
klar, eines war von Anfang an klar, nämlich dass das kein Prozess ist, der ad
infinitum, ad calendas Graecas, also bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortgeführt
werden kann, sondern dass es hier einen Endpunkt gibt, wo eine Beschlussfassung
zu erfolgen hat, und dass es Ansprüche gibt des Eigentümers, ich sage es noch
einmal, der Bundesimmobiliengesellschaft, hinter der der Bundesminister
Bartenstein von der ÖVP steht, die auch zu beachten sind.
Lassen Sie mich daher zum Abschluss noch ein paar
politische Betrachtungen machen. Noch einmal: Der Grundeigentümer ist die
Bundesimmobiliengesellschaft, das ist der privatwirtschaftliche Arm des Bundes,
dessen Eigentümerrechte die Bundesregierung wahrnimmt, die besetzt ist von der
Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei. Dieselben Parteien,
die hier groß eine Lippe riskieren, beschließen gleichzeitig als
Grundeigentümer, als Eigentümervertreter, was dort zu passieren hat.
Das Gelände war bis heute und ist bis heute nicht öffentlich
zugänglich, sondern es sind schiache Plakatplanken, wo keiner etwas von dieser
Fläche hat.
Der Betreiber des Projektes ist das
Wissenschaftsministerium, wo die Frau Minister Liesl Gehrer die
Bundesministerin ist, die selber stellvertretende Vorsitzende der ÖVP ist und
ebenfalls Mitglied dieser von der ÖVP und FPÖ geführten Bundesregierung, jener
zwei Parteien, die auch hier im Hause auf einmal die große Lippe führen.
Die ÖVP- und die FPÖ-Alsergrund haben im
Bezirksbauausschuss und in der Bezirksvertretung dem ursprünglichen Antrag
leichten Gewissens zugestimmt, dieselben zwei Parteien, nämlich ÖVP und FPÖ,
deren Vertreter jetzt hier im Hause eine große Lippe riskieren und so tun, als
wären sie die großen Antikämpfer.
Ich möchte hier nochmals abschließend sagen: Ich
finde die Doppelzüngigkeit vor allem von der Österreichischen Volkspartei
wirklich unerhört, skandalös und himmelschreiend. Man betreibt das Projekt, man
ist der Besitzer des Grundstückes oder man übt über die Bundesregierung die Besitzerrechte
an dem Grundstück aus, alles ist innerhalb der ÖVP, aber sich hier großartig
hinzustellen und auf einmal zu sagen, die absolute Mehrheit der SPÖ sei an
irgendwas schuld, das ist doch wirklich nahezu hirnrissig! (Beifall bei der
SPÖ. – GR Dr Wolfgang Ulm: Hirnrissig?) Nahezu.
Die Stadt Wien und der StR Rudolf Schicker vermitteln
zwischen den legitimen Interessen der Bürgerinitiative, den Interessen der
Bundesimmobiliengesellschaft, die ja über den ÖVP-Mann Bartenstein quasi
gelenkt wird, dem Bundesministerium, das von der ÖVP-Frau Gehrer geleitet wird,
und den Interessen des ÖVP-Mandatars Ulm, der auf einmal ganz andere Interessen
hat. Und das ist doch in sich widersprüchlich, denn ihr seid doch alle in
Wahrheit von ein und derselben Partei! (Beifall bei der SPÖ.)
Um von diesen internen Unzulänglichkeiten abzulenken wird hier ein
Polittheater inszeniert und ein Kompromiss, der erzielt werden konnte dank der
Kompromissfähigkeit der Sozialdemokratie, die nämlich die Partner ÖVP und ÖVP
an einen Tisch gebracht hat und auch vermittelt hat, auf einmal quasi schlechtgeredet.
Ginge es Wolfgang Ulm um die Sache,
so wie er es hier heraußen ja großspurig auch bekannt hat, dann würde er auf
den Minister Bartenstein, auf die Bundesimmobiliengesellschaft, auf das
Wissenschaftsministerium und auf die Liesl Gehrer einwirken, denn auch nach
erfolgter Flächenwidmung muss ja der Grundeigentümer die Anlage nicht bauen. Es
gibt keinen Bauzwang. Es ist ja, wenn es der Wunsch ist, mit einer internen
Kraftanstrengung durchaus möglich, dass die Bundesimmobiliengesellschaft seinen
Wünschen auch nachher nachgibt. (GR Günter Kenesei: Gibt es einen
Widmungsplan, Herr Kollege Schieder?)
Das ist letztendlich der
Punkt. Würde es die ÖVP in diesem Haus ernst meinen mit dem, was sie draußen
sagt, mit dem, was sie im Haus sagt, mit dem, was sie in der Bundesregierung
sagt, dann würde sie sich einsetzen und nicht hier ein Theater inszenieren und
gleichzeitig über die Bundesimmobiliengesellschaft dort die Bebauung
vorantreiben. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag
Heidemarie Unterreiner: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat
sich Herr Klubobmann Dr Tschirf gemeldet.
GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte tatsächlich berichtigen, dass dieses Grundstück der ÖVP
gehört. (GR Heinz Hufnagl: Gehrer und Bartenstein gehören nicht mehr der ÖVP
an, nicht wahr? – Heiterkeit bei der SPÖ.)
Tatsächlich zeigt aber diese Bemerkung, und das ist
bedauerlich, dass der Kollege Schieder weder unterscheiden kann zwischen dem,
was Eigentum von einer privaten Gesellschaft ist, und dem, was Eigentum einer
Partei ist. (GR Mag Andreas Schieder: Geh!)
Er kann genauso wenig unterscheiden zwischen dem, was
öffentliches Recht ist, und dem, was privates Recht ist. (Bewegung bei der
SPÖ.) Ich gebe es ja zu, ich habe das auch einmal im Verfassungsrecht
gelernt, dass das ein marxistisches Verständnis ist, und die Verfassungen der
untergegangenen kommunistischen Länder haben diese Unterscheidung nicht
gekannt. Man braucht sich nur die entsprechende Verfassung der DDR herzunehmen.
Dort war das auch so.
Ich gebe ganz ehrlich zu: Wir haben ein anderes Verständnis
von Politik. Unser Verständnis ist nicht, dass
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