Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 82
sonst nichts und schon gar nicht um Parteiinteressen, Herr
Kollege Schieder. (Beifall bei der ÖVP. – GR Godwin Schuster: Die Bezirksräte der ÖVP
waren auch dafür!) Vermischen Sie das doch nicht immer! Sieben Mal – ich
habe mitgezählt – haben Sie heute den Kollegen Bartenstein und seine
Eigentümerrechte ins Spiel gebracht. Sieben Mal! Der Bund hat dort ein anderes
Interesse, weil er ja auch Dividenden von der Bundesimmobiliengesellschaft
bezieht. Das ist doch ganz klar! Das ist ja nichts Ungewöhnliches im Geschäftsleben!
Genauso wie bei einem Bauprojekt verschiedene Interessenslagen – ich komme
heute noch darauf zu sprechen – im Spiel sind. Also es ist überhaupt nichts
Ungewöhnliches. Es ist nur für Sie derartig abstrus, offensichtlich in Ihrer
politischen Gedankenwelt.
Meine Damen und Herren! Wir haben es ja heute schon
öfter gehört: Das unglückliche Duo der Wiener Stadtplanung, der Herr
Bezirksvorsteher Benke und der Herr StR Schicker haben wieder zugeschlagen.
Wieder war der Tatort, wie schon einmal in dieser Legislaturperiode bei der
Rossauer Lände, der 9. Bezirk, und diesmal betrifft es eben die
Sensengasse.
Ich will gar nicht mehr sosehr auf die Pro und Kontra
des Projektes eingehen, das ist ja ohnehin schon des Langen diskutiert worden.
Ich kann jedenfalls eines, glaube ich, mit Bestimmtheit sagen: Ich bin
unverdächtig, dass ich keinen Sinn hätte für die Rentabilitätsbetrachtung und
Überlegungen des Bauherrn. Ich glaube aber dennoch, meine Damen und Herren –
ich habe auch mit der BIG Gespräche geführt –: Wenn sich alle Beteiligten hier
wirklich angestrengt hätten, dann wären wir gar nicht so weit von einem echten
Kompromiss entfernt gewesen. Hier wäre eine Lösung möglich gewesen, davon bin
ich wirklich überzeugt, weil wir es ja weder auf der einen Seite, nämlich auf
Seiten des Bauherrn, mit einem wild gewordenen Spekulanten zu tun haben, noch
von Seiten der besorgten Bürger dort. Das waren ja keine Querulanten, sondern
das waren sehr ernstzunehmende Argumente, die sie vorgebracht haben. Also hier
wäre wirklich durchaus ein Kompromiss bei gutem Willen möglich gewesen.
Jetzt bin ich sechs Jahre in diesem Haus. Dieser Akt
ist schon etwas Besonderes, wenn man sich die Genese und die Entstehungsweise
anschaut. Er ist am 17.7.2002 das erste Mal im Planungsausschuss abgesetzt
worden. Er wurde dann am 14.8.2002 mit den Stimmen der SPÖ in diesem Gremium
beschlossen. Dann ist er im Stadtsenat zweimal abgesetzt worden, am 10.9. und
am 20.9.2002. Schließlich ist er am 26.9.2002 von der Gemeinderatstagesordnung
abgesetzt worden.
Wir alle kennen das aus unserem täglichen Leben, und
in der Wirtschaft gibt es auch so etwas, wo du sagst: In dem Projekt war von
Anfang an der Hund drinnen. Und ich muss sagen, ich möchte das jetzt auf den
Akt ummünzen: Bei dem Geschäftsstück war von Anfang an der Wurm drinnen. Das
hat einfach nicht wirklich funktioniert. Ich glaube, das sieht man sehr
deutlich auf Grund der vielen Verschiebungen und Absetzungen.
Letzten Endes, das letzte Puzzlestück hat dann noch
gefehlt, und das haben wir dann diese Woche serviert bekommen, eben in dieser
ominösen Sitzung des Stadtsenates. Es wurde ja heute ohnehin schon darüber
gesprochen. Ich möchte es nicht noch einmal aufwärmen, aber ich glaube
wirklich, dass es eine eklatante Missachtung der Oppositionsrechte ist, im
Stadtsenat mündlich so etwas vorgeknallt zu bekommen mit dem Argument, das wäre
jetzt Ausfluss des angeblichen Kompromisses.
Wir wissen alle, das ist kein kleines Dokument, kein
kleines Plandokument, mit sehr vielen besonderen Bestimmungen. Auch für
jemanden, der Planlesen gewöhnt ist, ist es unmöglich, innerhalb von wenigen
Sekunden oder auch nur Minuten dann festzustellen, ob man dem seine Zustimmung
geben kann oder nicht. Also da wird mir wohl jeder hier im Saale Recht geben
müssen. Deshalb sehen wir es eben als eklatante Einschränkung der
Oppositionsrechte.
Und wären wir vom Herrn StR Schicker verwöhnt gewesen
mit dem Informationsfluss, dann hätte man ihm vielleicht da mehr Vertrauen im
Stadtsenat entgegengebracht und gesagt, das ist wahrscheinlich wirklich das
Dokument, das aus dem Diskussionsprozess hervorgegangen ist. Aber wir haben ja
schon öfter das Problem zum Thema Information gehabt. Ich denke nur an die
Widmung Wagramer Straße vor einigen Monaten oder an viele, viele mehr.
So geht es halt nicht. Eine der wenigen, glaube ich,
Pflichten, die Sie wirklich haben gegenüber der Opposition, ist die
Information, und da liegt es bei Ihnen im Argen. Sie sind es einfach gewöhnt,
über uns drüberzufahren.
Das Schöne ist, wie man jetzt sieht, dass das Pendel
auch in die andere Richtung ausschlagen kann. Nehmen wir nur Graz her. Man
sieht, man kann auch Mehrheiten in Städten verspielen, meine Damen und Herren.
Der Kollege Driemer hat von einem Polittheater im
Zusammenhang mit unserem Auszug aus der Stadtentwicklungskommission gesprochen.
Glauben Sie, Herr Kollege, wir können so einfach zur Tagesordnung übergehen,
nachdem man uns vorher gerade im Stadtsenat so ein paar Informationsbrocken
hingeworfen hat, dass wir uns dann hinsetzen und sagen, alles ist wieder
paletti? (GR Johann Driemer: Haben Sie etwas anderes getan?) Da ist es
um etwas anderes gegangen. Aber die Vorgangsweise, die Sie gewählt haben,
musste einmal aufgezeigt werden. Und wenn Sie von einem Polittheater sprechen,
dann spreche ich von einem Drama der Informationspolitik dieses Ressorts. Aber
Sie wissen, Dramen gehen sehr oft für den Herrscher negativ aus. Also da sollte
man ein bisserl aufpassen.
Kollege Kenesei hat es angezogen: Dieses
Durchpeitschen von Widmungsverfahren steht interessanterweise immer wieder im
Zusammenhang mit Widmungsgewinnen. Wir haben ja in der Untersuchungskommission
und bei dem vorausgehenden Kontrollamtsbericht sehr viel über dieses Thema
Widmungsgewinne und Begünstigung von Dritten gehört, meine Damen und Herren.
Das bringt mich – jetzt gehe ich ein bissel weg von
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