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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 82

 

der Sensengasse, sondern werde etwas abstrakter – zu einem Punkt, den wir schon öfter hier angezogen haben, aber der noch immer unerledigt im Raum schwebt, und das ist – ich nenne es einmal so – der Planwertausgleich. Also wie gehen wir mit den Widmungsgewinnen um?

 

Gerade das Beispiel Sensengasse ist, glaube ich, ein wunderbares Exempel. Dort hat der Bauträger einen Widmungsgewinn, der zumindest einmal von der Agenda 21 mit rund 15 Millionen EUR beziffert wurde. Ich habe es jetzt nicht nachgerechnet, aber da sind wir uns wahrscheinlich alle hier einig im Saal, meine Damen und Herren: 15 Millionen EUR ist ein recht ordentlicher Gewinn. Auch wenn es dort zum Teil um universitäre Einrichtungen geht, aber das ist sozusagen ja eine andere Baustelle, das ist der Bund, der das zu zahlen hat. Wo war der Gewinn hier für die Gemeinde Wien? Wo war der Gewinn letzten Endes für die Menschen im 9. Bezirk, am Alsergrund, meine Damen und Herren? Das ist kein einfaches Thema, ich weiß es. Planwertausgleich, es muss nach oben und nach unten gehen, es kann ja nicht nur heißen, dass man etwas zu zahlen hat, wenn man eine bessere Widmung bekommt, sondern es muss auch heißen, dass man etwas von der Gemeinde bekommt, wenn diese Widmung verschlechtert wird. Also dieser Planwertausgleich muss in dieser Legislaturperiode endlich einmal tiefgreifend diskutiert werden, meine Damen und Herren. Dieses – wie ich schon immer kritisiert habe – im Dunkeln sich aushandeln mit dem Bauträger, du zahlst uns eine Schule oder du zahlst uns jenes oder dieses, man weiß aber nicht genau, wieso eigentlich ist es die Größe X, die er zu zahlen hat oder die Größe Y, das ist diese Mauschelei, dieses Morastige in dieser Stadt, gegen das wir wirklich ankämpfen wollen.

 

Wir sind, und das darf ich auch als Wirtschaftsvertreter sagen, nicht dagegen. Die Wirtschaft liebt es, mit klaren Parametern umgehen zu können, und eine klare Funktionalität von einem Planwertausgleich würde der Wirtschaft und der Bauwirtschaft auch helfen, genau kalkulieren zu können. So gehst du in ein Projekt hinein und weißt noch nicht, was kannst du mit dem Herrn Stadtrat, dem Bürgermeister oder mit sonstigen Gremien ausmachen, oder vielleicht hängt das dann auch von den Beziehungen und vom Verhandlungsgeschick ab. Und da lade ich den Herrn Stadtrat ein, mit uns gemeinsam – da darf ich unsere Bereitschaft und die seitens, glaube ich, der Bauwirtschaft genauso ausdrücken – in den nächsten Jahren zu einer neuen Regelung für Widmungsgewinne in Wien zu kommen.

 

Der zweite Aspekt, den Kenesei und auch meine Vorredner schon angesprochen haben, ist die Bürgerbeteiligung am Thema Sensengasse. Jetzt ist diese Projekt wirklich in mehrfacher Hinsicht sensibel. Erstens einmal ist es für einen gar nicht so großen Bezirk wie den Alsergrund mit 33 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche schon ein – lassen Sie es mich einmal leger ausdrücken – ziemlicher Brummer. Also das ist ja nichts Kleines.

 

Zweitens: Ein Parkgebiet umzuwidmen in Bauland, egal ob großer oder kleiner Bezirk oder verwöhnt von Grünflächen oder nicht, ist sowieso auch immer ein Hammer für den Bezirk und für die Bürger, also nicht gerade einfach.

 

Und drittens ist gerade der 9. Bezirk auch noch ein Agenda-21-Bezirk, wo also die Bürgermitbestimmung, die Verbesserung des Lebensumfeldes durch deren Mitbestimmung vorexerziert werden sollte. In diesem gerade sensiblen Bezirk gibt es ein konkretes haariges Projekt, und auf einmal ist von echter Bürgerbeteiligung wenig bis gar nichts mehr zu sehen. Es dürfte hier zu selektiven Wahrnehmungen der beteiligten Personen gekommen sein, aber das gibt es ja schließlich in der Politik. Der Kollege Driemer hat, wie wir wissen, in der Presseaussendung gesagt, dem Ergebnis des Mediationsverfahrens wurde in allen Punkten stattgegeben, als Überschrift. Bezirksvorsteher Benke sieht Agenda-21-Mitbestimmungsprozess umgesetzt. Beschluss im Gemeinderat am kommenden Donnerstag. Okay, das sind nur zwei SPÖ-Aussagen.

 

Also wenn man sich die Agenda 21, Information 4/2003, durchliest, heißt es aber dort ganz anders. Das nenne ich eben selektive Wahrnehmung. Wobei ich zugestehe, in der Präambel steht durchaus auch hier von der Agenda 21, dass der Diskussionsprozess – der nach der Absetzung im Gemeinderat, muss man aber dazusagen, dann in Gang gekommen ist – als ein erster Fortschritt für die Gesprächs- und Bürgerbeteiligungskultur in Wien zu sehen ist. Aber dann wird eigentlich in diesem Papier hier nur mehr kritisiert. "Gleichzeitig bedauern wir", so heißt es etwa, "dass das von der Agenda-Gruppe eingebrachte Interesse für den Erholungsraum Sensengasse keine Berücksichtung fand. An Stelle eines Mediationsverfahrens wurden lediglich moderierte Gespräche geführt. In der konkreten Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses wurde die von uns in das Mediationsverfahren gesetzte Hoffnung allerdings nach und nach enttäuscht" und so weiter und so weiter. Ich könnte minutenlang vorlesen.

 

Also die Beteiligten in der Agenda 21, die Beteiligten in diesen moderierten Gesprächen sprechen von enttäuschten Hoffnungen. Das klingt also dort ganz anders, als es uns die SPÖ hier im Gemeinderat verkaufen will.

 

Interessanterweise ist auch die Österreichische Hochschülerschaft nicht zufrieden mit dem Projekt und stellt sich dagegen, immerhin mit einer VSStÖ-Vorsitzenden, der Frau Mautz. Und da heißt es so: "Wie sich aber gezeigt hat, wurden die Einwände der Gegner des Projektes offensichtlich ohnehin nicht ernst genommen." Das ist eine gemeinsame Aussage von Mautz mit ihrer Kollegin Weinberger von der GRAS. Also auch die Hochschülerschaft, der ja Teile dieses Projektes oder weite Teile eigentlich zunutze kommen sollten, ist nicht mit dem Projekt einverstanden. Wie ich schon sagte: Selektive Wahrnehmung.

 

Die Agenda hat aber schon von Anfang an, bevor es jetzt noch zu diesen moderierten Gesprächen kam, die Informationspolitik der Stadt Wien kritisiert. Es hat schon letztes Jahr in einer Aussendung geheißen, dass in einer

 

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