Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 82
legt die Parameter des dort zu errichtenden Projekts fest,
und zwar den Rahmen für Nutzungen, Kubatur und Zeitschienen pro Quartier.
Jedoch sind nur etwa 28 Prozent der Fläche im öffentlichen Eigentum, der
Rest im Eigentum Privater. Daher hat die öffentliche Hand, die Gemeinde Wien im
Konkreten, natürlich ein Interesse daran, dass die Privaten an dem Projekt
teilnehmen und Investoren beitreten. Jetzt ist daran gedacht, im Zentrum dieses
Projekts einen öffentlichen Raum zu machen, nämlich einen Park und einen See.
Auch das ist natürlich zu begrüßen, aber dafür fehlen die finanziellen Mittel.
Da tritt nun das auf den Plan, wo unsere Kritik ansetzt.
Die Gemeinde Wien hat die Idee der
Mehrwertabschöpfung entwickelt. Gemeint ist damit, dass der
Liegenschaftseigentümer eine konkrete, gültige Widmung hat. Auf Grund des
Strukturplans verbessert sich diese Widmung massiv. Er hat daher fiktiv
jedenfalls einen Gewinn. Dieser Gewinn ist dadurch zu errechnen - so sieht das
dieser Mehrwert vor -, dass die nach Möglichkeit zu bebauende Fläche nach dem derzeitigen
Stand derjenigen gegenüber gestellt wird, die auf Grund des Strukturplans
möglich wäre und die Differenz, in Quadratmeter berechnet, ist die Grundlage
für eine Abgabe oder einen Zuschuss in Form einer Schenkung, den der Private an
die Gemeinde Wien leisten muss. Hier setzt das Problem an. Es wird der
Liegenschaftseigentümer, sofern er am Strukturplan teilnehmen will, mit sanfter
Gewalt dazu gezwungen, eine Schenkung durchzuführen.
Man kann jetzt sagen, das ist das konkrete Projekt,
es hat einen Sinn und es ist auch zweckgewidmet, denn es ist dazu gedacht, dass
damit etwas Positives gemacht wird. Aber es stellt sich doch die Frage, ob das
eine allgemeine Auswirkung für die Zukunft hat. Wird das zur Regel? Wird das
zum Gesetz? Oder ist das wirklich nur ein Einzelfall? Wird künftig bei jeder
Aufwertung durch Umwidmung ein Betrag an die öffentliche Hand zu leisten sein
oder nur bei bestimmten, nach Art und Größe einzuteilenden Projekten? Soll dies
jeden Privaten treffen, dessen Grundstück aufgewertet wird? Muss dieser dann
auch eine Abgabe bezahlen? Umgekehrt, wenn Liegenschaften nach unten bewertet
werden, zahlt dann die Gemeinde Wien oder die öffentliche Hand plötzlich eine
Entschädigung? Wonach richtet sich die Berechnung des Mehrwerts? Nach der theoretisch
nutzbaren Fläche nach dem gegenständlichen Flächenwidmungsplan oder auf Grund
eines bereits eingereichten konkreten Projekts und umgekehrt?
Auf Grund des Strukturplans gibt es eine gewisse
Bandbreite dessen, was gebaut werden kann. Wird auch hier dann die fiktive
größtmögliche Fläche zur Berechnung des Abschlags herangezogen oder nur die
konkret eingereichte oder gar nur die wirklich verbaute? Wie hoch ist der
Betrag, der pro Quadratmeter zu bezahlen ist? Variiert dieser von Projekt zu
Projekt? Von wem wird er festgelegt? Wonach berechnet sich das? Und so weiter.
Man sieht bereits, dass sehr viele Fragen offen sind.
Diese Idee, sofern man ihr näher treten sollte, muss einer umfassenden
Entscheidung zugeführt werden. Es darf nicht anlassbezogen ein Fall gesetzt
werden, der im Nachhinein Schwierigkeiten bereitet, weil hier ein Präzedenzfall
geschaffen wird. Vielleicht heißt es dann das war eigentlich vollkommen
ungerecht. Hier mussten die Liegenschaftseigentümer der Gemeinde Wien etwas
schenken - wie es tatsächlich gedacht ist - und in anderen Fällen nicht.
Das heißt, zusammenfassend kann man sagen, uns fehlen
wesentliche Informationen hinsichtlich dieser Mehrwertabschöpfung. Wir hoffen,
diese in nächster Zeit zu bekommen und in die Ausreifung dieser Idee
eingebunden zu werden. Insgesamt stimmen wir aber dem Strukturplan zu, weil wir
das Projekt südlich des Gasometers als positive Entwicklung empfinden. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort
gemeldet ist Herr GR Dr Troch. Ich erteile es ihm.
GR Dr Harald Troch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich darf davon ausgehen, dass Sie die brandaktuelle
Studie über die Wohnzufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner der
Simmeringer Gasometer kennen, zumindest in aller Kürze, schlagwortartig aus den
Medien. Diese erfreuliche Erfolgsstory wird nun einen Freund und Nachbarn
bekommen, den Strukturplan Mehrwert Simmering. Dieses strategische
städtebauliche Leitbild für das südliche Gasometervorfeld liegt nun zur
Beschlussfassung vor. Es ist das Ergebnis eines mehrjährigen interdisziplinären
Planungsprozesses. Grundlage dafür war das Siegerprojekt eines städtebaulichen
Wettbewerbs von Architekt Mag Peter Lorenz.
Durch den Strukturplan werden die möglichen künftigen
Strukturen, Funktionen und Nutzungen in einem Etappenplan festgelegt. Dabei soll
durch qualitätsvolle Projekte eine stärkere Integration und Verbindung der
Gasometer an Simmering geschaffen werden. Mehrwert Simmering bedeutet eine
massive Aufwertung eines im Bewusstsein vieler Menschen abseits und brach
liegenden Bezirks und Stadtteils durch urbane, multifunktionale Nutzungen wie
Wohnungen, Dienstleistungen, Grünzonen mit Freizeit und Erholungseinrichtungen,
Betrieben und sozialer Infrastruktur. Im Herzen des geplanten Stadtteils finden
wir einen zentralen Park mit einem groß angelegten Teich als Kern der
Erholungslandschaft. Dieser, den Gasometern südlich vorgelagerte Park wird
gleichzeitig den Blick von Simmering auf die Gasometer weitgehend freihalten,
was dem Bezirk bei der traditionellen und identitätsstiftenden Symbolik des denkmalgeschützten
Gasometerensembles ein großes Anliegen war.
Im Vollausbau bis zum Jahr 2010 sollen hier Wohnungen
für 1 600 Menschen und Tausende Arbeitsplätze geschaffen werden. In
diesem Sinn bedeutet der Mehrwert Simmering auch ein klares Ja zum Wirtschaftsstandort
Wien. Die optimale Lage, eingebettet zwischen zwei U-Bahnstationen, ist von
grundlegender Bedeutung
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