Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 82
Salcher ist ja im Raum; Herr Kollege Salcher, vielleicht
schenken Sie den Frauenanliegen kurz ein Ohr, Sie sind ja dann auch zum Wort
gemeldet (GR Dr Andreas Salcher: Gern auch zwei Ohren!) -, mit welcher
Argumentation Sie begründet haben, dass es ganz wichtig ist, für Kulturvereine
Dreijahresverträge einzuführen, warum das längst hätte passieren sollen und
warum die ÖVP das mit solcher Vehemenz vertritt, was sie für Frauen
offensichtlich nicht vertritt. Sie sagen - und ich finde, das ist wirklich ein
schönes Bonmot -: "Die Dreijahresverträge sind ein klassisches Beispiel
dafür, wie man aus einem theoretischen Grundsatz heraus ganz konkrete
politische Entscheidungen trifft, die jedoch den Kulturschaffenden den nötigen
Entscheidungsspielraum lassen." - Jawohl, Entscheidungsspielraum: für Kulturschaffende
anscheinend möglich, für Frauen nicht gewünscht!
Es geht Ihnen darum: "Dreijahresverträge
bedeuten das Vertrauensprinzip statt des Misstrauensvorschusses. Es bedeutet
ganz konkret, nicht irgendeinem kindlichen politischen Machttrieb nachzustreben,
sondern optimale Bedingungen für die Kulturschaffenden herzustellen." -
Wunderbar, dem ist nichts hinzuzufügen! Aber das gilt offenbar nur für die
Kulturschaffenden, nicht für die Frauen.
Es geht Ihnen um eine Entparteipolitisierung, um dezentrale
Budgets, um mehr Unabhängigkeit - ich nenne jetzt nur noch Zitate -, um
Partnerschaftlichkeit in der Kulturpolitik. Das alles gilt für Frauen
offensichtlich nicht .Ich finde das beschämend für die ÖVP, und es zeigt
eigentlich, dass es dann, wenn es um Frauenanliegen geht, wieder einmal nicht
um sachliche Argumente geht. Dann wirft man auch alles über Bord, was man
bisher gesagt hat oder was für andere Bereiche gilt. Dann geht es um pure
Ideologie. Dann geht es darum, dass wieder offensichtlich wird, dass Ihnen
autonome Frauenvereine und Fraueninitiativen in dieser Stadt ein Dorn im Auge
sind, dass Sie den Kurs, den Sie mit der blau-schwarzen Regierung in den
letzten Jahre eingeleitet haben - nämlich das Aushungern von Frauenvereinen,
das Abdrehen von Frauenvereinen, die versuchte Kriminalisierung von
Frauenvereinen -, hier in Wien fortsetzen. (GR Mag Wolfgang Gerstl: Nein,
nein!)
Das zeigt uns GRÜNEN wieder einmal die tiefe Kluft
zwischen ÖVP und GRÜNEN! Da ist in vielen Bereichen ideologisch einfach nicht
zusammenzukommen. Das zeigt sich in der Frauenpolitik, die mit Ihnen nicht zu
machen ist. Mit Ihnen ist keine fortschrittliche Politik zu machen.
Wir GRÜNE werden dem vorliegenden Geschäftsstück
selbstverständlich mit Freude zustimmen und hoffen, dass die ÖVP ihr heute
wirklich absurdes Abstimmungsverhalten ernsthaft überdenkt. - Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN sowie bei Gemeinderätinnen und Gemeinderäten der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau
StRin Dipl Ing Dr Rothauer hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Dass Frau Kollegin Vana so dick aufträgt hinsichtlich
ihrer Darstellung, was sie an unserer Haltung alles nicht begreift, gibt mir
die Gelegenheit, dass ich ebenso dick antworten kann. Ich scheue mich auch
nicht davor, das in aller Deutlichkeit zu tun.
Jawohl, wir lehnen zehn der heute zur Diskussion
stehenden Anträge auf Subventionierung von Vereinigungen in einer Verpflichtung
von Dreijahressubventionen mit einer automatischen Valorisierung ab. Das hat
mit Ideologie nichts zu tun, das hat mit Frauenfeindlichkeit nichts zu tun -
und ich bin, bitte, die Letzte, die sich von Ihnen Frauenfeindlichkeit umhängen
lässt, Frau Kollegin Vana! -, sondern das hat ganz sachliche Gründe, die ich
jetzt noch genau darstellen werde, obwohl auf eine Aussendung von mir hin auch
schon Repliken gekommen sind, die mir bewiesen haben, dass das zwar bekämpft
wird, aber sehr wohl verstanden worden ist. Ich sage es trotzdem noch einmal.
Sie haben richtig darauf hingewiesen, es war StR
Marboe, der das in der letzten Periode im Kulturbereich eingeführt hat. Wir
bekennen uns mit Stolz dazu, er hat absolut richtig gehandelt. Den Unterschied
zu dem, was wir jetzt behandeln, werde ich Ihnen gleich erklären. Ich darf nur
daran erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren, welchen Sturm der
Entrüstung es damals ausgelöst hat, der sich jetzt auf einmal in nichts auflöst
- ganz im Gegenteil, in Begeisterung, in die gleiche Richtung! Herr StR Marboe
hat sehr schwer dafür zu kämpfen gehabt, dass er diese Dreijahresverträge
durchbringt.
Warum waren diese Dreijahresverträge so wichtig und
etwas so anderes als diese jetzt vorliegenden Subventionierungen, zugesagt auf
drei Jahre? Weil der Kulturbetrieb - und ich lege hier Wert auf die Betonung
von "Betrieb" - nach anderen Kriterien zu messen ist! Zwei besonders
wichtige Unterschiede sind die, dass ein Kulturbetrieb es mit sehr
unterschiedlichen Zuseherauslastungen zu tun haben kann und dass daher ein
Ausgleich über mehrere Jahre oder zumindest eine Valorisierung des Ganzen
durchaus gerechtfertigt ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Zweite ist,
dass ein Kulturbetrieb Künstler verpflichten muss und Engagements eingehen
muss. Jeder, der weiß, dass gute Künstler viel beschäftigte Menschen sind, weiß
auch, dass man sie nicht innerhalb von Monaten bekommt, sondern dass man Jahre
voraus disponieren muss und zumindest ein, zwei Jahre vorher schon Verträge
vergeben muss.
Dagegen meine ich, dass - bei allem Verständnis für
Planungssicherheit - eine Vereinstätigkeit durchaus auch mit einer
Einjahresdisposition auskommen kann. Dabei betone ich, es tut mir erstens
einmal zutiefst Leid, dass wir das hier ausgerechnet an Frauenprojekten
demonstrieren müssen. (GRin Dr Monika Vana: So ein Zufall!) Ich verstehe
auch noch immer nicht ganz, warum aus heiterem Himmel, ohne Diskussion, in
welchen Bereichen das sonst ... (GRin Martina LUDWIG: Das stimmt ja nicht!)
Einen Moment, lassen Sie mich fertig sprechen. (Amtsf StRin Mag Renate
Brauner: Ist alles nicht wahr, was Sie
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