Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 122
gesagt
haben, dieses System taugt nichts. Es ist das System der Verelendung des
Massenverkehrs in einer Region, die wir in Großbritannien, rund um London
erlebt haben, als die Regierung Thatcher genau dasselbe gemacht hat, was Sie
jetzt gerade vorhaben. Und was bedeutet das? Wer sich jemals im Großraum London
den Nahverkehr angesehen hat, wer die Stationen besucht hat, wo früher ein
Großteil der Pendlerinnen und Pendler in den Großraum London hineingependelt
sind und die, die draußen arbeiten, hinausgependelt sind, die haben erlebt, was
das bedeutet: Verödete Bahnhöfe, Bahnhöfe, wo Geleise herausgerissen sind, weil
nur noch jene Bahnstrecken funktionieren, die einen Gewinn abwerfen. Und gerade
der Nahverkehr, der Massennahverkehr, ist kein gewinnträchtiger Part in diesem
Spiel, das wissen wir. Und gerade der soll jetzt ausgehungert werden.
Und wenn der Kollege Chorherr am Beginn seiner Ausführungen gesagt hat,
er würde gerne in der Prioritätenreihung etwas tun, so habe ich die große
Angst, dass gerade der Bahnhof Wien eines der Punkte sein wird, wo sich in der
Prioritätenreihung was tun wird. Nicht nach vor, sondern dank dieser
Bahnfiletierung ganz im Gegenteil. Es wird keine Querfinanzierungen mehr geben,
dass der gewinnbringende Fernverkehr dann den Nahverkehr subventionieren wird,
und es passiert das, was heute schon passiert. Es wird dann verstärkt
angeklopft werden an die Kommunen, an die Länder und gesagt werden: Wenn ihr
weiterhin den Nahverkehr haben wollt, wenn ihr kein Verkehrschaos im Großraum
Wien haben wollt, dann zahlt dafür, dann zahlt dafür soviel, dass wir das spielen
können.
Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, wo sich der Bund aus
Kernkompetenzen, aus Verantwortlichkeiten zurückzieht – aber nicht mit uns
Sozialdemokraten in Wien. Wir lehnen diese Form der Zurückziehung aus wichtigen
Bereichen ab. Und wir werden ganz im Gegenteil die Menschen davon informieren,
wer dafür zuständig, wer dafür verantwortlich ist, dass vieles an Infrastruktur
nicht mehr so gut funktioniert wie in der Vergangenheit. (Beifall bei der
SPÖ.)
Und ich schau mir das dann an, vor allem zu den Damen und Herren der
Österreichischen Volkspartei gesagt, wie der Lhptm Pröll darauf reagieren wird,
wenn seine Bürgerinnen und Bürger den Arbeitsplatz, die Infrastruktur, die sie
in Wien finden, nicht mehr erreichen werden und nicht mehr erreichen werden in
dem Maße, wie sie es gewohnt sind.
Und ich schau mir an, wie wir uns dann mit dem Individualverkehr rund um
Wien tun werden, mit den Straßen. Wir werden, wenn das durchgeht, das erleben,
was der Großraum London jeden Tag erlebt, nämlich einen Verkehrszusammenbruch,
ein Chaos, ein stundenlanges Stehen auf den Autobahnen. Und das ist der Weg,
den Sie vorweisen.
Gleichzeitig bejammern Sie, meine Damen und Herren, dass Wien bei den
Arbeitsplätzen und in der Arbeitsplatzstatistik nicht jenes Maß an Positionen
erreicht, das Sie sich vorstellen. Und gleichzeitig machen Ihre Damen und
Herren in der Bundesregierung, Ihre Damen und Herren im Parlament, die
Mehrheitsbeschaffer gerade dieser Politik sind, genau das Gegenteil. Sie
strafen Wien, strafen Wien offensichtlich für politische Aufmüpfigkeit, und das
werden wir den Wählerinnen und Wählern, das werden wir den Bürgern der Stadt
Wien immer wieder erzählen. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Kollege Gerstl, genauso entlarvend war doch Ihre Sequenz, wo Sie
mit Krokodilstränen gesagt haben, die Stadt Wien hat einen Vertrag mit den
WIENER LINIEN, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt haben einen Vertrag mit den
WIENER LINIEN, und jetzt ist dann einen Tag die Verkehrsaufgabe, das Bewältigen
von Autobuslinien, von U-Bahnen, aber auch von Straßenbahnlinien nicht
passiert, weil der Streik stattgefunden hat.
Und in Wirklichkeit haben Sie sich mit dieser Äußerung einmal mehr
demaskiert. Sie haben Ihr Bewusstseinsbild, was die Grundrechte der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft, demaskiert. Hier geht es nicht
darum, dass an einem Tag eine Transportaufgabe nicht erfüllt worden ist. Da ist
es darum gegangen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ganz Österreich
gegen eine unsoziale, gegen eine menschenverachtende Reform protestiert haben.
Und wir werden – und da können Sie sicher sein – immer auf der Seite der
Interessen der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer sein und Ihre
Tränendrüsenargumentation als das demaskieren, was es ist, nämlich eine
Heuchelei und in Wirklichkeit der Versuch, demokratische Rechte in Österreich
zu schmälern. Aber nicht mit uns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Die Frage nach der Lage der Nordostumfahrung.
Auch heute hatte man in der Diskussion den Eindruck, als wäre das eine
Befindlichkeit der Politikerinnen und Politiker, die genauso wie die meisten
Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Fachleute sind, wenn es um Verkehrsfragen
geht. Und gerade, meine Damen und Herren, weil es das nicht ist, weil es keine
Befindlichkeit ist, wo die Nordostumfahrung tatsächlich zu liegen kommt, hat es
SUPer NOW gegeben. Und wenn wir uns die Ergebnislage ansehen, dann ist das
nicht eine Frage von Trauzeugen, die sich irgendwo einmal gefunden haben und
irgendwelche Routen festgelegt haben, sondern ein Expertenverfahren, das
europaweit vorbildlich war. Und da ist nun mal herausgekommen, dass das
Szenario vier, dass die OPTI-NOW mit Abstand die besten Werte hat und
ausschließlich in einem Bereich, der aber kompensiert werden kann, hinter einer
Variante hinterdrein hinkt.
Und gehen wir es doch gemeinsam durch und spielen wir das
Szenario durch, was passieren würde, wenn ein Straßenprojekt außerhalb Wiens
gelegt werden würde. Lassen wir die Erfahrungen sprechen, die wir doch haben,
wenn es um Straßenprojekte geht, und was das an infrastrukturellen
Nachziehprozessen dann nach sich zieht, sehen wir uns das doch an. Wenn wir
haben wollen, dass Infrastruktur an den Stadtrand der Stadt und nach
Niederösterreich abwandert, wenn wir haben
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