Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 98
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Gemeinderat! Natürlich zähle ich, was die formellen Landesgrenzen
betrifft, die Donaustadt zum Begriff "Großstadt" dazu. Was könnte ich
denn auch anderes sagen? Ich werde mich hüten! Aber die Entwicklungsrealität
nimmt ja nur in Bezug auf die Auszahlung der ehemaligen Lohnsummensteuer, also
der jetzigen Kommunalabgabe auf die festgelegten Landesgrenzen Rücksicht. Die
Wahrheit schaut ja, auch wenn man etwa nach Süden schaut, ganz anders aus. Dort
ergeben sich Entwicklungen, die für uns natürlich hoch interessant sind, und
ich denke, dass es daraus einfach auch eine bestimmte Konsequenz geben muss.
Ähnliches, mit Verlaub gesagt, erleben wir ja auch im
Nordosten und zum Teil auch im Norden unserer Stadt. Die Landesgrenzen zwischen
Wien und Niederösterreich kann man daran erkennen, dass auf der Grenzseite von
Niederösterreich entsprechende Industrieansiedlungen sind, dass Siedlungen
entstehen, Ausweitungen unserer Nachbargemeinden stattfinden - und auf der Wiener
Seite ist Grünland. Und ob das pro futuro gesehen eine vernünftige Entwicklung
ist, wage ich ernsthaft zu bezweifeln.
Daher rekurriere ich einmal mehr auf die Vorschläge,
die ich auch vorhin zum Ausdruck gebracht habe, insbesondere auch, was die ökonomische
Vernunft betrifft, nämlich: Die Trasse muss auch für die wirtschaftliche
Entwicklung in dieser Stadt, für die Frage der Betriebsansiedlung, genauso wie
für die Kompatibilität mit den Interessen der Anrainer, aber natürlich vor
allem auch mit dem Schutz der Lobau die Voraussetzungen erfüllen. Ich halte das
für wichtig, ich halte das für eine Grundvoraussetzung.
Und jetzt schauen wir einmal, welche Variante am Ende
des Tages diesen Voraussetzungen am besten entspricht.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr GR Mag Maresch.
GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrter
Herr Bürgermeister! Es wird ja interessant. Sie haben jetzt das Stichwort
"ökologische Vernunft" ins Spiel gebracht - ich hoffe, es ist nicht
so, dass ich mich verhört habe und es nur die ökonomische Vernunft ist, die aus
Ihrer Sicht notwendig ist.
Wir
sprechen jetzt schon die ganze Zeit über Trassenvarianten. Jetzt weiß ich, dass
die SPÖ ja in Wirklichkeit schon von der siebenten Donauquerung spricht, die in
Fischamend errichtet werden soll, und Sie hätten vielleicht auch ganz gerne
noch eine achte und eine neunte. Aber grundsätzlich geht es mir um Folgendes:
In der
SUPer-NOW ist auch die Kyoto-Ziel-Relevanz untersucht worden. Die Republik hat
sich verpflichtet, das Kyoto-Ziel einzuhalten, CO2 und andere Gase
zu reduzieren; die Stadt Wien ebenso. Und jetzt hat sich ergeben, bei der
Untersuchung durch SUPer-NOW - das war ja eine allumfassende, sehr gescheite
Untersuchung -, dass es ein durchaus unterschiedliches Outcome gibt: Die
jetzigen Varianten, die beide im Spiel sind, bedingen eine Steigerung des CO2-Ausstoßes
von 30 Prozent, eine Ökovariante oder eine Null-Variante von
"nur" 3 Prozent.
Jetzt
würde ich von Ihnen gerne wissen: Gilt das Kyoto-Ziel in der Donaustadt nicht?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Seien Sie mir bitte nicht böse, aber mit diesen
Themen und diesen Fragenstellungen beschäftige ich mich seit über
30 Jahren! Das Kyoto-Ziel hat sich nicht als Ziel gesetzt, die Donaustadt
zu überleben, sondern es handelt sich dabei um ein weltweites Programm zur
Verminderung von Treibhausgasen, wofür man CO2 als einen
Erkennungsfaktor herangezogen hat, was in diesem Zusammenhang zweifelsohne
nicht in einseitiger Weise mit einem Verursachergas gleichzusetzen ist. Wenn
ich einen ohnehin schon kleinen Raum im großen Weltvergleich sehe und wenn ich
Wien anschaue, so darf ich schon ein bisschen darauf hinweisen, dass wir von
Seiten Wiens jedenfalls unsere Hausaufgaben, die wir in diesem Zusammenhang zu
erfüllen hatten, wesentlich besser erfüllt haben als ganz Österreich oder auch
Europa.
Aber schauen wir uns auch ein bisschen an, wer heute
die größten CO2-Emittenten der Welt sind. Daran werden wir dann
erkennen, dass der Verkehr zweifelsfrei – und das will ich nicht kleinreden - ein
entsprechendes Problem ist, aber dass es, gerade auch in verkehrsärmeren
Ländern, diesbezüglich noch wesentlich größere Verursacher und Probleme gibt.
Damit sollen nicht Probleme weggeredet, aber es soll
ein bisschen die Darstellung relativiert werden, dass ein zusätzlicher
Verkehrsweg bereits die fundamentale Verletzung von Kyoto-Entwicklungen
bedeutet. Den Verkehr einigermaßen flüssig zu halten, scheint mir schon sehr
vernünftig zu sein.
Wir müssen nun einmal zur Kenntnis nehmen, dass mit
dem Wegfall des Eisernen Vorhangs, mit der Entwicklung im mitteleuropäischen
Raum zweifelsohne auch bestimmte verkehrsinfrastrukturelle Maßnahmen zu setzen
sind, wie sie in der Vergangenheit ausschließlich in den Westen und in den
Süden gesetzt wurden und jetzt auch in den Norden und in den Osten zu setzen
sind. Aus meiner Sicht ist die Benachteiligung der Osteregion insgesamt gesehen
durch die Defizite im Verkehrsbereich ohnehin schon ein gravierendes Problem.
Das betrifft - da sind wir sicher einer Meinung - ja nicht nur die Straße,
sondern das betrifft in hohem Ausmaß genauso die Schiene. Sie kennen meine
Grundhaltung über all die Zeit hinweg, dass ich für integrierte Verkehrssysteme
eintrete, also selbstverständlich für den Ausbau der Schiene und der Straße.
Ich verweise darauf, dass ich vor wenigen Minuten meine
Sorge über die Ungleichzeitigkeit der diesbezüglichen Entwicklung zum Ausdruck
gebracht habe, aber ich bitte Sie auch um Verständnis dafür, dass ich natürlich
auch für Straßen und Straßenausbau eintrete, was ich
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