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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 98

 

aber glauben, Sie haben es schon irgendwo gelesen, Sie wissen es nur nicht genau, dann schauen Sie noch einmal nach und kommen Sie nachher heraus und lesen Sie es mir vor. Ich lasse Ihnen die Zeit. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Dieser Fonds – es ist ja über die Fondsorgane schon gesprochen worden – wird außerdem den Gemeinderat nahezu aushöhlen. Wir werden ein Kuratorium haben, in dem Magistratsabteilungsleiter dieses Hauses oder der Stadt Wien sitzen, schön, wir werden ein Präsidium haben, aus einer kleinen Gruppe gebildet, und wir werden einen Beirat haben – herzlichen Dank, dass wir uns in einen Beirat setzen dürfen, das mögen wir –, dort wird man entweder viel diskutieren oder gar nichts, weil man nichts zu sagen hat, aber wir werden nicht mehr wissen, was der Fonds wirklich genau macht.

 

Wissen werden es die neuen Helden des Wiener Gesundheitswesens. Wenn man sich die anschaut und ein bisschen an der Oberfläche kratzt, dann kommt man bei einem jeden drauf: Der war bei Lainz beteiligt, also dem kann man nicht viel vertrauen, der andere hat im AKH noch keine drei Genehmigungen erteilt für die Betriebsanlage, aber der ist jetzt der Vorsitzende des Präsidiums. Wir wissen auch nichts – ich habe es schon gesagt – über die finanzielle Gebarung des Fonds, außer dass er heuer gleich einmal mehr Geld gekostet hat. Er hat für seine Umstrukturierung gleich einmal 500 000 EUR verbraten. Der ist noch gar nicht operativ geworden, da ist noch um nichts mehr passiert als früher, aber es hat gleich einmal 500 000 EUR mehr gekostet. 30 000 EUR waren für die Umstellung des Rechnungs­wesens erforderlich, das gebe ich zu, bleiben noch satte 470 000 EUR – ich überlasse es euch, das in Schilling umzurechnen –, und um dieses Geld hätten wir vielen bedürftigen Menschen in dieser Stadt vermutlich helfen können. Stattdessen hat man einmal sich selbst und irgendwelchen Unternehmensberatern geholfen, aber produktiv ist da noch nichts getan geworden.

 

Man hat es uns auch nicht darstellen können. Ich erinnere an diese – also "erbärmlich" möchte ich nicht sagen, denn das wäre ja wirklich zu arg – wenig schlüssige Präsentation am 5. Dezember. Die Präsentation war so gut, dass selbst ein paar sozialdemokratische Abgeordnete ihren Unmut ausgedrückt haben. Die haben gesagt, das können wir nicht lesen. Also ich habe ja schon fast eingefasste Aschenbecher da drinnen (der Redner weist gegen seine Brille), nur der moderne Schliff macht sie so dünn, aber ich habe es auch nicht lesen können. Selbst wenn ich irgendjemandem meine Brille geborgt hätte, die mittlerweile schon quasi fernglasartig ist, das hätte niemand lesen können. (GR Jürgen Wutzlhofer: Sie hätten es ja nachher lesen können!) Nachher? Wutzlhofer, nachher? Ich buchstabiere: n, a, c, h, h, e, r. Nachher! Was soll ich nachher lesen, wenn ich gleich darüber diskutieren soll? Ihr hättet zehn Monate Zeit gehabt, Kollege Wutzlhofer, zehn Monate, und ihr gebt uns das eine Viertelstunde, nachdem es beschlossen worden ist, gedruckt in einer Punktgröße, die es notwendig macht, ein Vergrößerungsglas mitzunehmen, um es überhaupt lesen zu können, und dann sagt ihr: Das haben Sie ja eh gekriegt. Das ist die Vorgangsweise der Sozialdemokratie. Das ist Ihre Vorgangsweise, und da können Sie sich nicht herausreden, das nimmt Ihnen einfach niemand ab.

 

Und jetzt zu dieser Präsentation. Ich liebe sie ja, denn die war irgendwie so anregend. Da gibt es diese tolle Chart, die ist einfach super. Wenn man die anschaut, weiß man eigentlich alles. (Der Redner hält eine Grafik in die Höhe.) Da gibt es in der Mitte so rechts oder so leicht oben den Gemeinderat, und von dem gehen ein Haufen Pfeile weg, aber die enden alle irgendwo im sozialpolitischen Nirwana, die kommen bei den Bedarfsträgerorganisationen nicht an. Dort kommen die nicht an, die enden da draußen irgendwo. Da steht Geriatriekommission, und dann ist es aus. Da ist kein Pfeil mehr (GR Günter Kenesei: Das ist zu schmal! – GR Johann Driemer: Das ist schlecht kopiert!), da ist kein Prozess mehr. Da geht es nicht mehr weiter, da steht Geriatriekommission. Aus. Dann steht Behindertenkommission. Aus. Dann steht Drogenbeirat. Aus. Dann Gemeinderat. Da steht gerade noch Fonds Soziales Wien darunter und Budget. Genau. Wir geben das Geld her, und den Rest macht der Fonds.

 

Da geht es dann weiter, da gibt es einen Haufen Pfeile, man nennt das oft die Prozesse, und diese Prozesse gestaltet ein Organ, der Fonds Soziales Wien, und in dem Fonds das Kuratorium und der Geschäftsführer, aber nicht der Gemeinderat, nicht derjenige, der das Geld hergibt. Also bitte zeigt mir irgendjemanden, der das üblicherweise freiwillig macht, der sagt: Da gebe ich irgendwem Geld, den kontrolliere ich nicht wirklich, kann ich auch nicht, aber das ist mir egal, und den lasse ich alles machen. Ich rede inzwischen so ein bisschen politisch im Gemeinderat, fasse kleine Beschlüsse, die nicht mehr wirklich etwas bedeuten. Die nehme ich dann, mache so ein Kasterl, und da endet der Pfeil. Da ist nichts mehr, da ist kein Prozess. Da ist es aus, da ist Schluss. Und genau das ist das Problem. Es ist Schluss mit der Kompetenz des Gemeinderates, und Sie wollen auch gar nicht – das ist der Punkt –, dass der Gemeinderat in diesem Zusammenhang etwas zu sagen hat.

 

Dann kommt immer das Argument: Aber es ist ja keine hoheitliche Aufgabe, es sind ja lauter nichthoheitliche Aufgaben. Ihr von der Opposition seid so verwirrt, ihr seid so blöd, ihr versteht das nicht. Da kommen Verweise auf Walter/Mayer und deren Lehrbuch. Der Herr Mag Spacek kann leider nachher nichts dazu sagen, aber ich kann es ihm nicht ersparen, ich habe die Stelle nicht gefunden. Es tut mir Leid. Vielleicht können Sie es mir zeigen. Ich habe etwas anderes im Walter/Mayer gefunden, und ich werde es Ihnen dann vorlesen, was das Problem der Privatwirtschaftsverwaltung ist.

 

Dann wird immer gesagt, das ist nichthoheitliche Verwaltung, da braucht ihr euch nicht einzumischen. Aber wenn es nichthoheitliche Verwaltung ist, warum sitzen dann hoheitliche Organe drinnen? Warum sitzen dann Leiter von Magistratsabteilungen drinnen? Was haben die da drinnen verloren? Warum sind die quasi

 

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