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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 35

 

dafür stark zu machen.

 

Zur Strukturreform im Sozialbereich haben wir hier schon vieles gesagt. Das Ziel ist, in Zeiten wie diesen noch schneller, noch effizienter, noch kundenorientierter zu werden. Da bin ich zuversichtlich, und ich denke, dass auch die Gespräche, die jetzt zwischen den Parteien stattfinden, positiv sind.

 

Ganz zum Schluss möchte ich Ihnen nur eine Zahl nennen, die zeigt, dass der Bund schon etwas tut. Der Bund bewirbt nämlich die Maßnahmen und den Abbau, den er betreibt, sehr heftig. Er bewirbt ihn mit Inseraten, mit Einschaltungen, mit Spots. Es gab vor kurzem eine Anfrage eines Abgeordneten im Nationalrat an den Herrn Finz, ÖVP-Obmann in Wien, wie viel denn die Bewerbung der Pensionsreform den Bund gekostet hat. Die Antwort war: 2,1 Millionen EUR. Das ist fast zynisch, wenn man weiß, was die Pensionsreform für Klein- und Wenigverdiener bedeutet. Und diese Pensionsreform wurde dann noch mit 2,1 Millionen EUR beworben, obwohl in diesem Zusammenhang das Wort "beworben" ja etwas komisch wirkt. (GRin Barbara Schöffnagel: Schauen Sie einmal, was in Wien alles beworben wird!)

 

Ich würde Sie auffordern, die Gelder, die Sie in Öffentlichkeitsarbeit und in das Coachen Ihrer Minister und Ministerinnen stecken, vielleicht dort einzusetzen, wo es wichtig wäre, nämlich im Sozialbereich, im Bildungsbereich, dann würden wir in diesem Land und auch in Wien endlich anders dastehen.

 

Ich weiß nicht genau, aus welchem Grund Sie diese Sondersitzung wollten, doch eines haben Sie damit sicher bezweckt, nämlich abzulenken von der Situation, von den Zahlen. Das wird Ihnen nicht gelingen, das ist Ihnen nicht gelungen.

 

Ich gehe davon aus, dass wir von dieser Stelle aus noch öfter über die soziale Situation in Österreich diskutieren werden, denn sie ist sehr schlecht, und daran hat die Bundesregierung Schuld. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr Salcher. – Bitte.

 

GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin!

 

Ich möchte, wenn wir heute schon über einen Misstrauensantrag gegen die Frau Vizebürgermeisterin zu diskutieren haben, gleich einmal mit einem Zitat der Frau Vizebürgermeisterin beginnen: "Das soziale Wien ist Legende und richtungsweisend, vor allem in den Bereichen Gesundheit, Behinderte, Wohnungslose, Seniorinnen und Senioren, Familien, sozial Benachteiligte, Pflegebedürftige" und so weiter.

 

Da ist mir irgendwie das Wort "Legende" aufgefallen, und ich habe einmal nachgeschaut, was eigentlich eine Legende ist. Da gibt es zwei Definitionen im Wörterbuch. Erstens: eine kurze Erzählung über Begebenheiten, Leben und Tod von Menschen oder das Martyrium von Heiligen. Wenn Ihnen das nicht gefällt, hätte ich noch eine zweite Definition für Legende zu bieten: eine verbreitete Behauptung, die nicht den Tatsachen entspricht. Klammer: Dass Männer bessere Autofahrer sind als Frauen, ist eine Legende. In diesem Sinn kann ich nur sagen: Das sozialdemokratische rote Wien in den Bereichen Gesundheit und Soziales ist wahrlich eine Legende. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Nachdem meine Kolleginnen und Vorredner heute ohnehin schon deutlich gemacht haben - auch wenn Sie es nicht hören wollen -, was hier alles nicht funktioniert, möchte ich eher einmal hinterfragen: Was ist eigentlich die Krise, was sind die Schwierigkeiten, warum nicht genug Geld im Sozialbereich da ist? Denn das können Sie nicht verschleiern, das ist ein Fact, dass Sie falsch kalkuliert haben und dass nicht genug Mittel da sind. (Zwischenruf der GRin Martina Ludwig.) Entschuldigen Sie, ich lese Zeitungen, und offensichtlich ist Ihre Wahrnehmung ein bisserl eine andere als die Wahrnehmung der gesamten anderen Öffentlichkeit. (Beifall bei der ÖVP. – GRin Martina LUDWIG: Das Budget sollten Sie lesen!) Ja das Budget hilft leider den MusikschülerInnen, die in Zukunft mehr Geld für die Musikschulen zahlen müssen, wenig. Es hilft auch den Lehrerinnen und Lehrern, für die Geld ausgegeben wurde, das nicht da war, leider wenig, wenn Sie da irgendwelche Papiere vorzeigen. Und Sie werden doch nicht ernsthaft bestreiten, dass es in Wien im Augenblick eine Diskussion darüber gibt, dass im Sozialressort die Dinge nicht zum Besten stehen. Das werden Sie ja zugeben! Oder ist das alles die böse Propaganda der Opposition? (Beifall bei der ÖVP.) Sie werden doch zugeben - auch der Kollege Schuster wird das zugeben -, dass die PR fürs Donaufestival ein bisserl besser ist als die PR für das Sozialressort. Das kann man nicht ganz abstreiten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und warum ist das so? (GR Dkfm Dr Ernst Maurer: Das ist aber ein matter Applaus gewesen!) Er wird schon noch stärker werden. Man muss sich ja noch ein bisserl was aufheben. Warum ist das so? Das entscheidende Problem - ohne jetzt auf die Detailbereiche, die ja heute schon ausführlich diskutiert wurden, einzugehen - ist einfach der Reformstau und die Verweigerung von notwendigen Einsparungen in verschiedenen Bereichen der Stadt. Ihre Strategie, die ich jetzt einmal aufdecken werde, ist nämlich die, dass Sie dauernd sagen: Im Bund, da sind die Bösen! Da wird den Leuten, da wird den Bürgern das Geld aus den Taschen gezogen. Und so weiter. Aber in Wien, da herrscht das sozialdemokratische Paradies. Da ist der Bürgermeister Häupl. Der schützt uns gegen den Wettbewerb, gegen die EU, er schützt uns gegen die Globalisierung, und er schützt uns gegen die Alterspyramide, denn in Wien werden in Zukunft die Menschen älter werden und trotzdem mehr Pensionen bekommen. Es wird alles wunderbar funktionieren! Außerdem haben wir noch das Ressort der Frau Vizebürgermeisterin, die für Brot und Spiele zuständig ist.

 

Das ist das Bild, das Sie dauernd kommunizieren wollen, und ich gebe auch zu, Sie machen das gar nicht ungeschickt, denn bisher haben das ja sogar viele Bürger, viel zu viele Bürger geglaubt. Die Fehlleistungen und die Minderleistungen aber, die in dieser Regierungsperiode Ihrer absoluten Mehrheit ja bei Gott nicht selten

 

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