Gemeinderat,
41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 87
beginnt und der Todesfall um 23 Uhr passiert ist. Direktor Kaspar sagt mir, er ist nur für die ordnungsgemäße Durchführung der Dialyse zuständig, aber darüber, wann sie stattfindet, hat er nicht zu befinden. Alle meinen, das ist den Patienten höchstens unangenehm, aber es wäre nicht gesundheitsgefährdend. Trotzdem warnt die Gesellschaft für Nephrologie, also die zuständigen Fachärzte, mit großer Besorgnis vor den gesundheitlichen Folgen dieser vierten Schicht.
Jetzt frage ich Sie, Herr Bürgermeister, nachdem Ihre
Frau Stadträtin und Ärztin, Frau Dr Pittermann das nicht als Kunstfehler sieht,
was die Ärzte so sehen: Werden Sie eingreifen und werden Sie dafür sorgen, dass
die vierte Schicht in der Dialysebehandlung, die europa- und weltweit eine einzigartige
Schande in Wien ist, zu Gunsten der Patienten und des Personals endlich
abgeschafft wird?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Ich weiß zwar nicht ganz genau, was das mit dem
aktuellen Thema zu tun hat, aber im weitesten Sinn wahrscheinlich schon. Es ist
Ihren Berichten nach immer ein bisschen eigen, dass Sie jene
Meinungsäußerungen, die Ihrer Auffassung entsprechend entgegenkommen, hier als
eine allgemein gültige Meinung zitieren, denn über dieser Frage gibt es eine
ganze Reihe von Diskussionen und eine ganze Reihe von unterschiedlichen
Meinungen innerhalb der Fachleute, auch innerhalb der Ärzte. Ich maße mir
jedenfalls das Urteil nicht an zu sagen, dieses sei richtig und jenes sei
falsch.
So gesehen ist aber auch der Punkt erreicht, wo ich
Ihnen nicht Unrecht gebe, denn nach Gesprächen, die ich mit zuständigen Ärzten
geführt habe, sind viele der Auffassung, dass es sich bei dieser vierten
Schicht nicht so sehr um ein Problem für den Patienten handelt. Der Patient
hätte ein Problem, wenn er überlang auf eine entsprechende Dialyse warten
müsste. Es handelt sich aber sehr wohl um ein Pflegeproblem, also das Problem
jener, die dort beschäftigt sind und daher diese Handlungen an den Patienten
durchführen müssen.
Ich habe daher gebeten, dass man die Frage der
vierten Schicht vor diesem Hintergrund einer entsprechenden Neubewertung
unterzieht. Wir wollen versuchen, im Interesse der Patienten zu handeln,
genauso wie wir entsprechende Organisationsänderungen im Pflegebereich zu
machen haben. Ich habe schon einmal die Diskussion über die Frage der
Zwölfstundenschicht angeregt. Wir wollen, dass dies einer gleichen oder
ähnlichen Diskussion zugeführt wird. Ich denke, wir sollten die Diskussion auch
dort führen, wo sie hingehört, nämlich als eine Organisationsfrage, die im
Interesse der Bediensteten entsprechend zu lösen ist und nicht als
Bedrohungspotenzial für den Patienten, wiewohl ich weiß, dass Letzteres
natürlich in der Öffentlichkeit besser verkaufbar ist.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die
dritte Zusatzfrage, Frau GRin Lakatha.
GRin Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister!
Die Zusage einer Pflegemilliarde hat augenscheinlich
nur die Opposition so verstanden, dass wirklich rasch Geld zur Verfügung
gestellt wird. Es gibt keinen Ansatz im Budget, keine leuchtenden Augen von der
Frau Gesundheitsstadträtin und auch nicht eine Erklärung, wann sie das bekommt
und wie sie es ausgeben will.
Ich habe
von Ihnen eine Anfragebeantwortung bekommen. Meine Frage war: "Wie wird
die Budgetierung der von Ihnen angekündigten Pflegemilliarde künftig genau
aussehen?" – Ihre Antwort, ich darf nur ein Stück daraus zitieren: "In
den Jahren 2004 und 2005 sind im Bereich des Wiener Krankenanstaltenverbundes
Investitionen in der Höhe von durchschnittlich 140 Millionen EUR
vorgesehen. Allein schon die bloße Beibehaltung dieser Investitionssumme ergibt
bis zum Jahre 2010 eine Gesamtsumme von rund 1°Milliarde EUR, die in die
Modernisierung der Pflegeheime und Spitäler der Stadt Wien investiert werden
kann."
Herr
Bürgermeister, Sie werden wissen, dass für die Jahre 2004 und 2005 dieses Geld
bereits vorhanden ist und auch schon Pläne da sind, wie die Investition
erfolgt. Zusätzlich wären das also vom Jahr 2006 bis zum Jahr 2010 fünf Jahre.
Wenn ich bei 140 Millionen EUR bleibe, so sind es
700 Millionen EUR zusätzlich. Ich meine, bei der Steuer ist es
üblich, dass man aufrundet. Alles, was über fünf ist, ist die nächste ganze
Stelle. Meines Erachtens haben Sie etwas auf die nächste Stelle aufgerundet,
aber eine Rundungsdifferenz von 300 Millionen EUR erscheint mir schon
eine sehr große Summe, die wir nicht akzeptieren können.
Vorsitzender
GR Günther Reiter (unterbrechend): Frau GRin
Lakatha, ich bitte, zur Frage zu kommen. Es sind schon zwei Minuten.
GRin
Ingrid Lakatha (fortsetzend): Sie halten sich
sicher für einen ehrenhaften Politiker, der nachdenkt, weiß, was er will, dann
Ziele gibt und handelt.
Meine
Frage ist: Halten Sie es wirklich für richtig, eine Zusage, die Sie nicht
halten können, so zu interpretieren, dass man glaubt, es ist trotzdem richtig?
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Herr Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr
Michael Häupl: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Beim
besten Willen kann ich Ihrer Logik nicht folgen. Was Sie hier aus dieser
Anfragebeantwortung zitiert haben, ist natürlich redlich, denn sie ist
deskriptiv, sie beschreibt, was im Budget 2004 bereits vorhanden ist. Was
im Budget 2005 vorgesehen ist, weiß nicht einmal ich, denn dieses Budget
ist auf Beamtenebene zur Zeit in Ausarbeitung und hat zweifelsohne die
politische Ebene noch nicht erreicht. Aber darum geht es auch gar nicht.
Selbstverständlich weiß ich auch,
was der Gemeinderat hier beschließt, beispielsweise im vergangenen Jahr die
entsprechende finanzielle Unterstützung eines 300-Betten-Projekts in der
Seeböckgasse, oder was der nächste Finanzausschuss beschließt, mit einer entsprechenden
Zusammenarbeit mit dem Haus der Barmherzigkeit, dass alles aus den vorgesehenen
Budgetmitteln
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