Gemeinderat,
43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 78
Es ist eine entscheidende Aufgabe des Strategieplans, für diese Entwicklung eine tragfähige, visionäre und trotzdem realistische Perspektive zu entwerfen. Wir brauchen weit über die Tagespolitik hinaus eine langfristig orientierte Strategie, die in der Kooperation aller wichtigen Akteure und Partner konsequent umgesetzt wird. Zukunftsfähige Stadtentwicklung kann weder im Alleingang einer Stadt erfolgen noch sich auf einen urbanen Kernbereich beschränken. Für uns bedeutet das die Notwendigkeit der Forcierung einer gemeinsamen Entwicklungsstrategie für Wien und das nähere Umfeld, die Stärkung der Vienna Region und die Entwicklung der staatsgrenzenüberschreitenden Europaregion CENTROPE mitten im neuen Europa.
Diese Europaregion konnten wir gemeinsam mit
Niederösterreich und dem Burgenland und zusammen mit den Städten und Regionen
Bratislava, Brünn, Györ und Sopron starten. Es ist für mich mehr als ein
Detail, dass die Namensfindung zu CENTROPE von jenem aus Wien initiierten
Cernet-Projekt gestartet wurde, das die Schulen der gemeinsamen Regionen
vernetzt. Die Kinder und Jugendlichen von heute, die ZentraleuropäerInnen der
Zukunft, haben sich diesen Namen selbst ausgesucht und die Wirtschaftsförderer
der Region haben ihn für eine gemeinsame Bewerbung des Standorts übernommen.
Diese europäische Gesamtentwicklung ergibt speziell
für Wien große Chancen, aber auch neue Herausforderungen von der Gestaltung der
großen europäischen Infrastrukturen, die wesentlich für die Standortentwicklung
sind, über Veränderungen in der Wirtschaft mit großen Auswirkungen auf den
Arbeitsmarkt, die steigende Bedeutung hochwertiger Dienstleistungen und der
Wissensgesellschaft über die Gestaltung von kultureller Vielfalt und sozialer
Integration bis hin zu langfristiger, nachhaltiger Daseinsvorsorge und den zu
erbringenden kommunalen Leistungen von allgemeinem Interesse.
Viele dieser Aufgaben kann Wien allein mit hoher
Qualität erbringen. Es sind vor allem diese Leistungen, die dazu beitragen,
dass die BewohnerInnen Wiens der Stadt Bestnoten in Zufriedenheit und in
Lebens- und Umweltqualität ausstellen. Vieles, wie etwa eine zukunftsfähige
Infrastruktur für CENTROPE und damit die Anbindung an Europa, können wir aber nur
im Verbund erreichen.
Eines der großen, ganz großen Hindernisse dabei, das
wir unter Aufbietung aller Kräfte überwinden müssen, ist jener Neoliberalismus,
der sich in Europa über viele Jahre breitgemacht hat, dessen schicke Fassade aber
aller Orten bereits zu bröckeln beginnt. Ob es in unserem Land ist oder in der
Europäischen Union, gerade die Städte sind gefordert, die Leistungen für ihre
Bürger sicherzustellen. Wien tut das. Wir werden uns davon weder von den
finanziellen Anschlägen der Bundesregierung noch von den überzogenen
Liberalisierungstendenzen der Europäischen Kommission - Stichwort
Privatisierung des Wassers oder Zersplitterung der öffentlichen
Verkehrsunternehmen - abbringen lassen. Die Leistungen der Dienste mit öffentlichem
Interesse, der so genannten Daseinsvorsorge, sind auch künftig von den Kommunen
zu erbringen. Hier und nur hier stehen wir vollkommen in der Tradition des
christlich-sozialen Bürgermeisters Lueger.
Lassen Sie mich nun etwas über den Entstehungsprozess
des Strategieplans berichten. Bereits im Jahr 2000 hat die Wiener
Stadtregierung, damals noch durch VBgm Dr Görg, einen ersten Strategieplan
vorgelegt. Im Rückblick zeigt sich, dass dieser die Grundzüge der
Herausforderung zwar richtig erkannt hat, dass er aber wesentliche Teile für
die aktuelle Situation der Stadt und die Entwicklung der Region nicht
beinhaltet. Mit dem jetzigen Strategieplan liegt nunmehr eine attraktive
Version und ein sehr breit und in unterschiedlichen Zusammenhängen diskutiertes
Programm für die kommenden Jahre vor. Er enthält die neuen strategischen
Orientierungen der Geschäftsgruppen, der Magistratsabteilungen sowie der Fonds
und Institutionen der Stadt Wien. Er beruht auf einer intensiven Zusammenarbeit
aller Geschäftsgruppen, wofür ich mich bei den MitarbeiterInnen speziell aus
den Dienststellen ausdrücklich bedanken möchte. (Beifall bei der SPÖ.)
Die
Grundorientierungen auf Nachhaltigkeit, regionale Zusammenhänge, Gender
Mainstreaming, aktive Standortpolitik, Öffentlichkeit und Partizipation wurden
weiter vertieft. Der Anspruch, dass Wien sein Wissenspotential und seine
geopolitische Lage nutzt, wurde als Notwendigkeit und als Chance noch klarer
herausgearbeitet. Es ist nicht zuletzt jene Auseinandersetzung mit dem
Neoliberalismus und den Bestrebungen, die Städte zu entmündigen, die uns
geradezu zwingt, manche Politikfelder auch in diesem Strategieplan besonders
herauszustreichen, zum Beispiel nachhaltige soziale Sicherheit.
In vielen
Teilen Europas wird eine kalte Politik gegen die Interessen der Menschen
gemacht. Wir müssen daher für die Wienerinnen und Wiener besonders intensiv an
der Sicherung des hohen sozialen Standards in Wien arbeiten, Stichwort Wohnbau,
Wohnbauförderung und Wohnhaussanierung. Hinter diesem Titel verbirgt sich die
Notwendigkeit, jenen Bestrebungen entgegen zu wirken, die den Ländern und
Städten jenes Instrument aus der Hand nehmen wollen, das gerade in Wien so
erfolgreich für die Menschen eingesetzt wird: Die Wohnbauförderung als Garant
dafür, dass es in dieser Stadt keine Ghettos für sozial Schwächere und keine
communities für Reichere gibt.
Auch die
Wirtschafts- und vor allem die Arbeitsmarktpolitik muss in einer Zeit, da etwa
die Arbeitsmarktpolitik auf Bundesebene schwächelt wie noch nie und auch die
Europäische Union gelinde gesagt auf diesem Feld noch Stärke vermissen lässt,
noch mehr Gewicht bekommen. Dasselbe gilt für den Bereich Gesundheitspolitik.
Die Ziele und das
Handlungsprogramm des Masterplan Verkehr wurden in den Strategieplan eingearbeitet.
Gleichzeitig bietet der Strategieplan eine grundsätzliche strategische
Orientierung für den Stadtentwicklungsplan STEP 2005, der die
stadträumliche Orientierung und
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