Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 93
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr
Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Frau Gemeinderätin!
Ganz habe ich Ihre letzte Bemerkung nicht verstanden,
aber selbstverständlich habe ich vor, mich an die Linien der auch von mir
beschlossenen und gemeinsam formulierten Theaterreform zu halten. Es ist aber
unbestritten, dass es neben dem Theaterbudget und neben der Theaterreform noch
andere Vorhaben, Einrichtungen und Finanzierungen des Wiener Kulturbudgets
gibt. (GRin Mag Marie Ringler: Sie sind
der Jurist, aber das ist ziemlich eindeutig!) Das umfasst insbesondere auch
Bezirksvorhaben. Es ist nie zur Debatte gestanden, dass wir beispielsweise die
Bezirksfestwochen unter die Theaterreform fallen lassen. Insofern habe ich
damit kein Problem und stehe selbstverständlich auch in Zukunft zu den Vorhaben
der Theaterreform.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die
3.°Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr Salcher gestellt. – Bitte.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sie haben so etwas wie Ihre offizielle Argumentation
gemacht, dass hier quasi über zwei Jahre lang nachgedacht wurde, um eine
Ergänzung der Bezirksfestwochen, das sind Ihre eigenen Worte, glaube ich, zu
finden.
Worauf ist man gekommen? Also wo gibt es in der Stadt
offenkundig ein kulturelles Defizit?
Es gibt ein kulturelles Defizit auf der Heubergstätte
beim Laaer Berg. Ich habe mich dort beim kundigen Ortsmandatar und Planungsexperten
Kenesei kundig gemacht. Er sagt, eine kulturelle Wiederbelebung oder
Neubelebung des Verteilerkreises gehört nicht zu den dringenden Anliegen des
10. Bezirks.
Ich selbst wohne bekanntlich im 1. Bezirk, Am
Hof. Dort kenne ich mich gut aus und habe eigentlich auch noch nicht das echte
kulturelle Defizit festgestellt, dass man dort hineinfahren muss.
Der dritte, gut ausgewählte, in zwei Jahren
Planungsarbeit entwickelte Platz ist der Wallensteinplatz. Dort liegt, uns
allen bekannt, das Vindobona. Es ist eine gute Chance, das Vindobona auch noch
umzubringen.
Sie sagen hier "Ergänzungen der
Bezirkskulturwochen" und wissen, dass das Budget in etwa
500 000 EUR beträgt, wovon der Herr Hirschal 363 000 EUR
bekommt, für den Platz Am Hof, um den Verteilerkreis kulturell wiederzubeleben
und den Wallensteinplatz. Da können Sie doch nicht allen Ernstes behaupten,
dass das ein durchdachtes Konzept ist!
Oder sind Sie der Meinung, dass nach zwei Jahren
Studienarbeit das die bestmögliche Lösung ist, um 363 000 EUR für die
Belebung dieser drei Plätze einzusetzen?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr
Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
War das jetzt die Frage? Nun, die könnte ich kurz mit einem Ja beantworten. Ich
bewundere Ihre lokalgeographischen Kenntnisse. Ich gebe dem GR Kenesei
vielleicht auch insofern zu einem gewissen Grad Recht, als am Verteilerkreis
Favoriten ja auch die Wiener Austria ihre Heimat hat und insofern sozusagen
natürlich - wenn man Fußball, und diesen Fußball, als Kultur bezeichnet - dort
laufend ein durchaus richtiger Impuls gesetzt wird.
Aber im Ernst gesprochen: Natürlich meine ich, dass
mit der Bespielung von Plätzen in Wien durchaus auch diesen Plätzen ein
zusätzliches Angebot in der Wiener Kultur gemacht wird, auch an Orten, wie dem
20. Bezirk und dem 10. Bezirk und startend im 1. Bezirk, um auch
das entsprechend bekannt zu machen. Und das sind nicht 363 000 EUR,
die den Bezirksfestwochen weggenommen werden oder die Teil dieser
500 000 EUR der Bezirksfestwochen sind, sondern die natürlich
zusätzlich kommen und zusätzlich kommt auch noch ein viel größerer Teil von
privaten Investoren, die offensichtlich auch meinen, dass das ein Erfolg
versprechendes und interessantes Konzept ist und insofern: Jawohl, ich meine,
dass das eine interessante Ergänzung der Wiener Bezirkskultur ist.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die
4. Zusatzfrage, Frau Mag Unterreiner.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Ja, ich würde mich wirklich freuen auf den
Tag, wo ein Künstler ein Ehrenzeichen bekommt, ein Goldenes Ehrenzeichen der
Stadt Wien, der vorher gesagt hat, er tritt gegen das rote G’sindl in Wien auf.
Auf den Tag freue ich mich, da würde ich wirklich einen Besen fressen. Aber meine
Frage, ich frage Sie jetzt einmal, ich versuche es zumindest, persönlich oder
moralisch: Finden Sie das wirklich gerecht, dass auf der einen Seite Künstler
ansuchen müssen mit Projekten, diese vorstellen müssen, sich stellen müssen
einer Jury – man arbeitet jetzt an dieser Theaterreform –, bangen und warten
müssen und vielleicht abgewiesen werden, und auf der anderen Seite die Freunde,
und das ist offensichtlich, ich meine, er ist ja in allen Personenkomitees
drinnen, so großzügigst, ganz salopp und schamlos bedient werden?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Bitte,
Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Also, ich muss einmal Ihre Darstellung noch einmal heftig in Frage stellen und
Ihnen auch hier widersprechen. Es gibt viele Künstlerinnen, Künstler, viele
Kultureinrichtungen in Wien, die Finanzierungen erhalten. Ich kann nicht
ausschließen - und sage auch offen, dass mich das freut -, dass viele von denen
sich auch öffentlich in einer Wahlauseinandersetzung zu den Sozialdemokraten
bekennen, aber ... (GR Dr Andreas Salcher: Zufall!) Nun, es wird kein
Zufall sein, der Zufall, (StR Johann Herzog: Ein finanzieller Vorteil!)
das glaube ich auch nicht, dass es ein Zufall ist, sondern weil eben die
Sozialdemokraten eine interessantere und bessere Politik für die
Kulturschaffenden in dieser Stadt, in diesem Land, machen. Ich meine, das ist
sicher kein Zufall, aber es wird niemand auch nur im Entferntesten nachweisen
können, und fragen Sie den Adi Hirschal oder fragen Sie wen auch immer, der in
dieser Stadt Geld zur Finanzierung und Unterstützung bekommt, ob es da
Zusammenhänge zwischen Wahlverhalten, Wahlempfehlungen und diesen
Finanzierungen gibt.
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