Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 93
Tatsache! (GRin Erika
Stubenvoll: Dann brauchen wir eine Eins-zu-eins-Betreuung!) Bei den
23 Minuten sind bei Ihnen nicht jene Maßnahmen, die sich im Laufe eines
Tages weiter ergeben. Bei den Pflegebedürftigen in Lainz oder auch anderswo ist
das aber so. Also so wird man Personalpläne in Zukunft nicht machen können. Das
ist ein Beispiel von vielen. Ich bitte Sie, Frau Stadträtin, dass Sie sehr
rasch herangehen, das zu ändern.
Meine Damen und Herren,
die Geriatrie wurde jahrelang sträflich vernachlässigt. Es wurden nur
Schlagworte wie "Hilfe im hohen Alter" erfunden.
Frau Stadträtin, Sie haben
heute vieles angeführt, was ich hundertprozentig unterstreichen kann, wenn es
tatsächlich passiert und wenn es vor allem rasch passiert, weil wir haben nicht
so viel Zeit, wenn man sich die ganze demographische Entwicklung überlegt. Ich
kenne Sie als sehr durchschlagsfähig und hoffe, dass Sie Ihre Durchschlagskraft,
und da ist die Österreichische Volkspartei und die Wiener Volkspartei bei
Ihnen, um Sie zu unterstützen, dafür einsetzen, dass die pflegebedürftigen
alten Menschen in Wien einen lebenswerten Lebensabend bekommen. (Beifall bei
der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist
Frau StRin Landauer. Ich erteile es ihr.
StRin Karin Landauer: Herr
Vorsitzender! Frau Stadträtin! Herr Bürgermeister! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Man kann sagen, mit dem heutigen Tag, dem 1. Juli,
beginnt das Gesundheits- und Pflegewesen in der Stadt neu. Die Mitteilung der
Frau Stadträtin ist größtenteils zu unterstreichen.
Das Problem ist nur, dass es einfach Strukturen gibt.
Die gibt es seit vielen Jahrzehnten. Ich selbst kenne sie seit 1987. Es hat
sich seitdem ein bisschen etwas verändert, aber wenig. Die Frau Stadträtin hat
gesagt, Sie ladet ein, gemeinsam dieses Problem anzugehen und ladet zur
Zusammenarbeit ein.
Als ich 1987 in die aktive Politik gegangen bin, um
Ideen umzusetzen, habe ich mir gedacht, man kommt ins Rathaus und dort werden
alle Parteien gemeinsam an den Problemen arbeiten und gemeinsam für die
Wienerinnen und Wiener etwas umsetzen. Das habe ich bis zum 25.6.2004 nicht
erlebt. Da gab es die Untersuchungskommission, wo die Opposition den
Minderheitenbericht eingebracht hat. An diesem Tag gab es erstmalig für mich
das Erlebnis, dass drei politisch unterschiedlichste Parteien ein gemeinsames
Papier abgegeben haben. Es war für mich wirklich ein Höhepunkt in meiner politischen
Tätigkeit. Schöner wäre es gewesen, wenn dieser Minderheitenbericht ein
gemeinsamer Bericht mit der SPÖ gewesen wäre, mit denen, die hier die
Gestaltungsmöglichkeit und vor allem die Absolute haben.
Wenn Ihr Angebot auf Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit
ernst gemeint ist, können wir nur sagen, wir würden das gern annehmen, weil wir
gerade im Bereich Gesundheit und Soziales wirklich mitgestalten und mitarbeiten
wollen und dieses für mich eigentlich so Beschämende, wie wir mit
Pflegebedürftigen, egal ob alt oder jung, umgehen, raschest ändern.
Sie haben gesagt, der Mensch ist im Mittelpunkt
unserer Überlegungen. Da denke ich mir, dass man einmal damit beginnen müsste,
dass PflegeheimpatientInnen beziehungsweise PflegeheimbewohnerInnen den
gleichen Anspruch wie Spitalspatienten haben. Das ist mir ein ganz wichtiges
Anliegen, denn als Spitalspatient bin ich mündig. Das steht auch im
Krankenanstaltengesetz. Jetzt kommt man aber in eine Pflegeheimeinrichtung und
dort fragt plötzlich niemand mehr nach den Bedürfnissen.
Die wenigen Besucher, die es in den
Pflegeeinrichtungen gibt, können nicht einmal irgendwo ein bisschen etwas
Persönliches besprechen, weil es das nicht gibt. Im Zimmer geht es nicht. Wie
gesagt, das hat sich jetzt verändert, im Geriatriezentrum sind jetzt sechs
Betten. Aber bei sechs Bewohnerinnen oder Bewohnern kann man nicht mit seinem
Partner oder einfach nur mit dem Herrn oder der Dame, den oder die man besucht,
etwas ganz Persönliches Besprechen. Man kann am Gang gehen, nur sind dort natürlich
auch wieder andere Menschen. Man kann in den Aufenthaltsraum gehen, aber dort
läuft der Fernsehapparat. Es ist also wirklich sehr schwierig. Daher denke ich
mir, unter sieben muss es sein, dass der gleiche Anspruch, den ein
Spitalspatient hat, auch für einen Pflegeheimbewohner oder für eine
Pflegeheimpatientin möglich ist.
Ich denke mir, die Pflegebedürftigen, egal ob jung
oder alt, brauchen eine Garantie auf Gerechtigkeit. Es werden immer mehr junge
Menschen pflegebedürftig. Wir haben Autos und Motorräder und es passieren sehr
viele Unfälle damit. Viele Menschen landen dann in Pflegeeinrichtungen. (GRin Erika Stubenvoll schüttelt den Kopf.) -
Die Frau Präsidentin Stubenvoll schüttelt den Kopf. Das stimmt. Ich meine nicht
die Behinderten, ich meine pflegebedürftige, querschnittsgelähmte Menschen, die
bis zum letzten Halswirbel gelähmt sind. Wenn es keine Angehörigen gibt, landen
sie in Pflegeeinrichtungen. Natürlich sind es nicht Hunderte, aber ich sage,
ein junger Mensch der in einer Pflegeeinrichtung untergebracht ist, ist zuviel.
Die gehören in Wohngemeinschaften, in alternative Wohnformen, wo sie
Ansprechpartner haben, wo sie am Leben teilnehmen können. Das Gleiche wünsche
ich mir für einen pflegebedürftigen alten Menschen.
Wenn man jetzt pflegebedürftig
ist, in irgendeinem, egal welchem, Bezirk wohnt, es in Wien keinen Platz gibt,
bekommt man einen Pflegeheimplatz in Sankt Andrä oder in Ybbs, wird dort
wunderbar gepflegt, aber die Angehörigen sind wahrscheinlich auch nicht mehr
die Jüngsten, haben möglicherweise kein Auto und können einen eigentlich kaum
besuchen. Ich denke mir, da hat die Frau Stadträtin angekündigt, dass das
Hauptziel von Ihnen, das mich wirklich begeistert, die Betreuung zu Hause ist. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Das muss unser
Ziel sein!) Doch die ist nicht immer möglich, wie Sie ganz richtig gesagt
haben. Aber dann wünsche ich mir einfach, dass wir dort pflegen, wo wir wohnen.
Das muss unser Ziel sein. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Das wird nicht
von einem Tag auf den anderen gehen!) -
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