Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 119
nicht ganz klar, wie das Mongon-Konzept, das an sich nicht nur den Wurstelprater, sondern größere Areale umfassen sollte, mit dem, was hier heute besprochen wird, und diesem Verkauf eines riesigen Liegenschaftsareals kompatibel wäre. Das ist alles nur ein Fleckwerk, meine Damen und Herren, nichts anderes als Vernebelung, Verschleierung und ein Fleckerlteppich, aber nirgends eine konzeptuale Gesamtlösung!
Der Herr Kollege Schieder, aber auch der Herr
Bürgermeister haben heute sehr elaboriert ausgeführt, dass doch das
städtebauliche Leitbild U2-Station/Messe bis Wehlistraße, Herr StR Schicker,
das alle schon beinhaltet hätte. Ich habe es ja mit, Herr Kollege Schieder. Ich
sage jetzt gleich einmal vorab: Für den Fall, dass ich eine alte Version habe,
nehme ich alles wieder zurück. Aber in der Version, die ich habe - ich habe mir
das natürlich noch einmal angesehen, weil ich mir dachte: Neuhuber, hast du das
übersehen, als wir das beschlossen haben?, oder nicht wir beschlossen haben,
weil wir ja nicht mitgestimmt haben -, da steht bei den Flächenpotentialen für
diesen Bereich Nr 9, das ist nämlich das Grundstück Nr 9:
13 000 Quadratmeter Grundstücksfläche, Brutto-Geschoßfläche 20 000 Quadratmeter,
50 Prozent davon bewohnt und weitere 50 Prozent Geschäfte, Gastronomie,
Service, Infrastruktur.
Jetzt erklären Sie mir das! Irgendetwas habe ich
rechentechnisch falsch gemacht. Da steht: 20 000 Quadratmeter
Brutto-Geschoßfläche, was ja schon wesentlich mehr als netto ist; aber das nur
am Rande. 50 Prozent davon sind also nach Ihrer Rechnung
27 000 Quadratmeter Einkaufsfläche. Habe ich das jetzt richtig
interpretiert oder irgendwo einen gravierenden Fehler gemacht? Im Leitbild ist
von 20 000 Quadratmetern die Rede, meine Damen und Herren, die Hälfte
davon Einkauf. Die Hälfte! (GR Günter Kenesei: Das ist die
Schicker-Grundstücks-Bauplanung!)
Wie gesagt, wenn das stimmt und ich die richtige
Version habe, Herr Kollege Schieder, dann würde ich eines vorschlagen: Haben
wir einen Mistkübel heraußen? - Ja. Dann werfen wir dieses Leitbild schlicht
und einfach in den Mistkübel, weil es eh völlig für die Katz ist, was wir
herinnen beschließen. (GR Dr Herbert Madejski: Wie alle Leitbilder in Wien!)
Sie setzen sich ohnehin darüber hinweg. Ich bin dann sehr neugierig, wie Sie
mir das erklären, aber wie gesagt, vielleicht habe ich eine alte Version mit
gehabt. Ich gehe dann gerne heraus, gebe das zu und entschuldige mich.
Kollege Aichinger wird dann noch im Detail ausführen,
was mit diesem Einkaufszentrum - und ich gehe jetzt einmal auf das EKZ, von dem
ich eben sprach, ein - dort wieder an Vernichtung für den Einzelhandel im 2.
und 3. Bezirk und an Kaufkraftabfluss zu befürchten ist. Das ist uns doch
allen klar, dass die Ausgaben und das Geld, das die Leute zur Verfügung haben,
ja nicht sprunghaft mehr werden. Jetzt bauen wir bei der Brachmühle 40 000
Quadratmeter, jetzt bauen wir es beim Praterstadion, dann bauen wir es beim
Zentralbahnhof und ruinieren die Innenstadt, dann bauen wir es beim
Westbahnhof, dort wird das Begehren der Investoren schon immer größer, und sie
wollen mehr Fläche.
Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich bin der
Letzte und der Unverdächtigste, der gegen Immobilienprojekte spricht, gar keine
Frage. Aber wie viele Einkaufszentren wollen Sie noch zulassen und widmen? Bis
es kein einzelnes Geschäft und keinen einzelnen Kleinunternehmer in dieser
Stadt mehr gibt? (Beifall bei der ÖVP und
den GRÜNEN. - GR Mag Christoph
Chorherr: Richtig!)
Herr Kollege Vizepräsident Strobl! Bitte kommen Sie
heraus, erlösen Sie mich und sagen Sie, Sie sind dagegen. Sie sind doch jetzt,
schon im Vorwahlkampf für die Kammerwahl, der selbst ernannte Hüter des
Kleingewerbes in Wien; zumindest so ähnlich lese ich es überall in Ihren
Werbeschriften. Bitte kommen Sie heraus und erklären Sie mir, was Sie von
diesen 27 000 Quadratmetern Netto-Nutzfläche Einkaufszentrum, die es laut
Leitbild gar nicht gibt, halten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
ÖVP.)
Jetzt könnte ich noch lange auf den Verkehr eingehen, darauf, dass die
kritischen Sättigungsgrade beim Verkehr längst erreicht sein werden, dass es
wieder kein richtiges Verkehrskonzept gibt und dass das in einem Chaos enden
wird. Aber ich bin davon überzeugt, Günter Kenesei wird das bei einer anderen
Gelegenheit sowieso noch aufgreifen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte
mich, weil es zufällig meine Profession ist und ich von dem relativ viel
verstehe - wenn Sie mir erlauben, das zu sagen -, noch ein bisschen mit dem
Projekt selbst beschäftigen. Herr Kollege Schieder, deshalb habe ich vorhin
zwischengerufen: Alles über die Lage, dass das dort nötig ist, dass das ein
super Platz ist, um etwas hinzubauen, und dass das entwickelt gehört - englisch
gesagt: point even -, das ist gegeben, gegessen, das ist ja gar keine Frage! Es
geht uns nur um das Wie: Wie wird dieses Projekt angegangen? Dass dort etwas
geschehen soll und dass etwas geschehen muss für die Europameisterschaft und
für die Entwicklung des Gebietes, das stellen wir völlig außer Zweifel, meine
Damen und Herren!
Wenn man sich den Akt ein bisschen genauer anschaut, kommt man drauf,
dort sollen 107 000 Quadratmeter Netto-Nutzfläche in verschiedenen
Baulosen und über verschiedene Jahre bis insgesamt 2012 entstehen, dazu noch
1 400 Parkplätze. Ich möchte Ihnen nur einmal das Volumen
verdeutlichen, weil eben hier so nonchalant drübergegangen wird. Die
32 Millionen Mindestkaufpreis klingen ja noch nicht so schlimm. Aber wenn
Sie 107 000 Quadratmeter Immobilienfläche, zum Teil sehr hochwertige
- ein Einkaufszentrum ist meist teurer als ein Wohnbau -, entwickeln, dann
kommen Sie bei diesem Projekt auf Gesamtinvestitionskosten von 250 oder
300 Millionen EUR; das ist die Mindestgrößenordnung. Wir reden also
hier über 3,5 oder 4 Milliarden ATS an Investitionen, die dort
getätigt werden, und der Anteil der Stadt Wien liegt jetzt beim Verkauf bei
läppischen 32 Millionen.
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