Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 119
Wieso sage ich "läppisch"? - Als ich die Bewertung des Schätzgutachtens, das im Akt vorliegt, gelesen habe oder durchgeschaut habe, wusste ich ernsthaft nicht: Soll ich weinen oder lachen, oder krampft sich mir der Magen zusammen? Ich habe in meiner 17- oder 18-jährigen Zeit in der Immobilienwirtschaft noch nie einen Immobilienverkäufer gesehen, der so gutmütig - jetzt hätte ich fast gesagt, dumm - agiert wie die Stadt Wien bei dem Verkauf. Wenn man so etwas unterschreibt, meine Damen und Herren, zu dem Preis, einem Durchschnittspreis von 300 Quadratmetern auf die Netto-Nutzfläche bei einem hochwertigen Einkaufszentrum in einer Frequenzlage, dann hat man entweder selbst nichts in der Birne oder man ist extrem schlecht beraten. Meine Damen und Herren, das ist ein Witz, glauben Sie mir das!
Aber im Detail steckt ja noch viel mehr drin. Herr Kollege Schieder, Sie
haben vorhin gerühmt, dass das ein Mindestkaufpreis ist und dass das noch viel
mehr werden kann, wenn die Fläche zunimmt. Was Sie nicht erwähnt haben, ist die
Kaufpreisstundung. Aber vielleicht haben Sie es nicht gelesen: In dem Vertrag
steht auch eine Kaufpreisstundung drin. Was Sie nicht erwähnt haben, ist dass
die Abbruchs- und Freimachkosten von dem Preis noch abzuziehen sind. Abbruchs-
und Freimachkosten - wir kennen deren Höhe nicht. Die Abbruchskosten kann man
ungefähr schätzen, das ist keine Frage, dafür müsste man wissen, wie viele
Kubikmeter dort abzubrechen sind, dann könnte ich es Ihnen sagen. Nicht aber
die Freimachungskosten; dort sind ja noch Mieter, die müssen jetzt einmal - ein
böses Wort - ausgemietet werden. Ich weiß nicht, ob es darüber schon
Vereinbarungen gibt.
Das steht da also auch noch drin, das ist so das Kleingedruckte. Es
macht vielleicht ein paar Millionen EUR aus, so wie die 3,3 Millionen, die
für die Parkplätze dort abgezogen werden - macht ja nichts!
Jetzt das Schmankerl zum Schluss, das ist wirklich gut! Ich glaube, der
Vertrag wird irgendwann einmal Eingang finden an der Technischen Universität,
am Lehrgang für Immobilienmanagement, der wird dort als Paradebeispiel
vorgelesen werden. Die Option auf dieses ganze 300°Millionen°EUR-Paket, auf
diesen Grundstücks-Deal: Was kostet die? Ich bitte um Vorschläge: Was kostet
die? 5 Millionen? 10 Millionen? 15 Millionen? Was kann so etwas
kosten? - Null! Die Option ist gratis! Der Kaufpreis wird gestundet und ist
erst später fällig. Ich habe so etwas wirklich noch nicht erlebt.
Meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister! Es ist noch nicht ganz zu
spät; na ja, eigentlich ist es schon zu spät. Ich kann nur noch einmal
appellieren: Stoppen Sie das, das kann man nicht machen! Hier werden wirklich
Millionen und Abermillionen verschwendet, und das zeige ich Ihnen jetzt noch
kopfrechnungsweise an einem Beispiel.
In einem Einkaufszentrum werden heute im Schnitt 20 bis 30 EUR pro
Quadratmeter an Miete bezahlt; es liegt ungefähr in dieser Größenordnung, wenn
man den Umsatzanteil mit einrechnet. Also rechnen wir im Schnitt mit 25 pro
Quadratmeter, das ergibt 300 EUR im Monat. Wenn Sie das auf den Kaufpreis
kapitalisieren, dann kann ein Käufer, um eine 7-prozentige Rendite zu erzielen,
rund 4 200 EUR pro Quadratmeter zahlen, wenn diese Miete gegeben ist.
Wir verkaufen den Quadratmeter im Einkaufszentrum um 300, inklusive der
Baunebenkosten sind es um 2 000. Da rechnen wir ohnehin schon sehr
hochwertig, da ist alles inkludiert, glauben Sie es mir. 300 fürs Grundstück
dazu, bei 2 300 haben wir alle sonstigen Nebenkosten dabei. Zinsen sind
hier keine für das Grundstück, nur für den Bau.
Das heißt, aus der Hüfte geschossen sage ich dort einen Gewinn für den
Investor von 1 500 EUR pro Quadratmeter voraus.
27 000 Quadratmeter sind es, wir reden also von einem Mindestgewinn
nur beim Einkaufszentrum, nur bei diesem einen Teil, von
40 Millionen EUR. Ist das nicht eine Überlegung wert?
Jetzt komme ich zu noch einem wichtigen Punkt, meine Damen und Herren.
Wie ich schon sagte, bin ich besonders unverdächtig, dass ich etwas gegen
Geschäftemacherei, gegen gute Geschäftemacherei von Immobilienfirmen hätte. Es
ist ein Unterschied, ob ich es im privaten, im halbstaatlichen oder im
kommunalen Bereich mache. Warum - und diese Frage hat der Herr Bürgermeister
heute in seiner Beantwortung völlig ausgelassen - wurde das nicht
ausgeschrieben? Jedes kleine Grundstück, jedes kleine Haus, das Herr StR Faymann
verkauft, wird in der Zeitung, übers Internet ausgeschrieben mit dem Ziel, den
bestmöglichen Preis und den größtmöglichen Nutzen für die Gemeinde Wien zu
erzielen. Aber hier, bei einem Projekt, bei dem wir über Gewinnmöglichkeiten
von zig Millionen EUR reden, eine freihändige, handstreichartige Vergabe an
irgendwen!
Wobei die IG Immobilien nicht irgendwer ist - das sage ich auch dazu -,
sondern sie ist immerhin die Immobilientochter der Nationalbank, die
ursprünglich gegründet wurde, um den Pensionsfonds der Nationalbank im
Immobilienbereich zu verwalten, und sich einstweilen von ihrem Urzweck sehr
weit entfernt hat, sage ich auch dazu. Sie verfügt zweifellos über Bonität,
aber aufgrund des so genannten Klumpenrisikos nicht über so viel Bonität, dass
sie dieses Projekt allein stemmen könnte. Das schafft auch die IG Immobilien
beileibe nicht. Sie wird also Partner dazu brauchen, aber diese dann natürlich
zu anderen Preisen hereinnehmen, als es jetzt beim Verkauf der Stadt Wien der
Fall ist.
Über die Seeberg Privatstiftung hat, glaube ich, Kollege Kenesei
genügend gesagt. Warum jetzt nicht die InvestConsult, sondern die
Privatstiftung auftritt - da möchte ich gar nicht übel meinend sein, dass man
das verschleiern will, weil man das mit ein bisschen Recherche ohnehin schnell
herausfindet -, das wird, vermute ich einmal, steuerliche Gründe haben. Dank
Finanzminister Lacina gibt es ja ein hervorragendes Stiftungsrecht in
Österreich, das hier weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten zulässt.
Sie fördern übrigens mit diesem
Verkauf gerade diese Gestaltungsmöglichkeiten. Da heißt es nämlich, dass beim
Verkauf der Gesellschaftsanteile aus der
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