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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 22.10.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 82

 

Antigewaltprojekte" stand. Also Sie sehen, nicht nur wir, die wir uns tagtäglich mit diesem Thema beschäftigen, sehen das so, sondern es ist ein Thema der Frauen in diesem Lande.

 

Leider muss man dazusagen – Sie alle kennen die Zahlen –, wie viele Polizeieinsätze es tagtäglich in diesem Land gibt, und vor diesem Hintergrund es ist wirklich dramatisch, was der Bund hier an Kürzungen durchführt. Es geht hier nicht um die Vereine, sondern es geht letztendlich um die betroffenen Frauen und die betroffenen Kinder, die sich in akuten Krisensituationen befinden und die mittlerweile leider allein gelassen werden.

 

Vielleicht trägt diese Aktuelle Stunde dazu bei, für Sie auch das Auge zu schärfen, und ich denke, wir alle sollten darangehen, gemeinsam von Wien aus den Bund aufzufordern, hier einfach seiner Verantwortung nachzukommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Für die weiteren Wortmeldungen darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Redezeit jetzt 5 Minuten beträgt.

 

Frau GRin Vassilakou, bitte schön.

 

GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Verehrte Damen und Herren!

 

Die Kampagne, die es dieser Tage überall in Wien – ich schätze auch andernorts in Österreich – in Sachen häusliche Gewalt zu sehen gibt, die wird, glaube ich, wahrscheinlich jeder und jede von Ihnen bereits gesehen haben. Es sind sehr, sehr schlimme Bilder, die auf sehr subtile und indirekter Art und Weise darauf hinweisen, womit viele, viele Frauen auch in Österreich konfrontiert sind.

 

Vielleicht zu Beginn ein paar Zahlen zusätzlich zu denjenigen, die Frau GRin LUDWIG von dieser Stelle aus bereits gebracht hat. Laut Schätzungen ist in Österreich jede fünfte Frau von Gewalt durch einen nahen männlichen Angehörigen betroffen. In Österreich passiert mehr als die Hälfte aller Morde pro Jahr im Familienkreis. Bitte lassen Sie sich das sozusagen auf der Zunge, in dem Fall in den Ohren, zergehen: Im Jahr 2002 wurden von insgesamt 176 Morden und Mordversuchen in ganz Österreich 127 im sozialen Nahraum verübt. Also das entspricht gerundet etwa 72 Prozent.

 

Vielleicht noch ein Letztes: In 70 Prozent der Fälle werden nicht nur Frauen, sondern auch ihre Kinder misshandelt. Das heißt, etwas, was wir seit Jahren immer wieder auch von dieser Stelle aus diskutiert haben, nämlich das Sicherheitsrisiko für Frauen und Kinder, das ist – das muss man zur Kenntnis nehmen – nicht irgendwo da draußen auf der Straße, das ist, statistisch gesehen, großteils in den eigenen vier Wänden zu finden. Und das bedeutet etwas.

 

Diese Verantwortung, die wir haben, die wir alle haben, wird uns spätestens immer dann bewusst, wenn gerade den Medienberichten zu entnehmen ist, dass schon wieder ein grausamer Mord passiert ist. Dann empören sich alle, alle sind fürchterlich ergriffen, und alle sind der Ansicht, da muss man etwas tun. Schaut man sich aber an, was man dort tut, wo man durchaus etwas tun könnte, wo man sich sogar gesetzlich vorgenommen hat, etwas zu tun, das direkt betroffenen Frauen und Kindern zugute kommt, dann sieht man und stellt fest, dass – völlig unverständlich – bereits im laufenden Jahr, in diesem heurigen Jahr, die Mittel für diese gesetzlich verankerte Interventionsstelle gegen Gewalt um 5 Prozent gekürzt wurden. Man stellt auch fest, dass es im Bereich der autonomen Frauenhäuser massive Kürzungen gegeben hat. Möchte bitte einer von Ihnen jetzt seitens der FPÖ oder seitens der ÖVP herauskommen und uns erklären, wodurch diese Vorgangsweise zu verantworten ist? Wodurch ist sie überhaupt zu erklären, wie können Sie es denn überhaupt tragen?

 

Denn eines steht fest: Die Stadt Wien ist in diesem Bereich durchaus ein Vorbild. Es gibt viele, viele Bereiche, über die wir auch in den letzten Jahren diskutiert haben und worüber durchaus unterschiedliche Auffassungen bestehen, wo auch die Grünen der Ansicht sind, dass die Stadt Wien in dem einen oder anderen Bereich durchaus mehr tun könnte und vielleicht sich auch nicht ständig an den Bund richten sollte mit der Aufforderung nach mehr Mittel. Aber gerade auf diesem Gebiet des Schutzes von Frauen und Kindern gegen häusliche Gewalt kann man sagen: Die Stadt Wien hat nicht nur ihre Hausaufgabe erledigt, sondern mehr als das. Wer kürzt, ist der Bund. Der kürzt nicht nur bloß so, sondern er kürzt mit Folgen, mit fatalen Folgen für Frauen und für Kinder in dieser Stadt, denn – wir haben es bereits gehört von dieser Stelle – mehrere Bezirke können nicht mehr betreut werden. Das bedeutet, dass tagein, tagaus Frauen und Kinder, die von Gewalt und Misshandlung betroffen sind, versuchen sich an jemand zu wenden, der sie betreut, der sie auch beschützt, der ihnen auch hilft – oder die ihnen auch hilft in den meisten Fällen –, letztendlich zu mehr Sicherheit zu finden, aber sie können nicht mehr ausreichend, sie können nicht mehr adäquat betreut werden oder stehen vor verschlossenen Türen.

 

Meine Damen und Herren, in diesem Fall insbesondere meine Damen und Herren in der ÖVP und in der FPÖ! Das ist empörend, das ist vollkommen untragbar. Die Grünen haben übrigens sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene bereits mehrmals und seit Monaten auf diese Situation hingewiesen, denn sie ist nicht neu, und ich ersuche Sie von dieser Stelle aus, sich mit aller Kraft gegenüber Ihren eigenen Parteien auf Bundesebene einzusetzen, insbesondere gegenüber ihren eigenen Ministern und Ministerinnen, die für diesen Bereich zuständig sind, und dafür zu sorgen, dass in diesem Bereich nicht nur bloß nicht gekürzt wird, sondern dringend benötigte zusätzliche Mittel gegeben werden, mehrjährige Verträge abgeschlossen werden und auch eine gesetzliche Verankerung für die Einrichtung der Frauenhäuser in Zukunft erfolgt. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau GRin Mag Feldmann, bitte.

 

GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

 

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