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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 08.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 45

 

Spitalskostenbeitrag seitens der Grünen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für jedes Verhandlungsergebnis, das ein Kompromiss ist, bei dem sich sozusagen einer nicht ganz durchgesetzt hat, gilt das Bild vom halbvollen oder halbleeren Glas. Der Unterschied zu dem Bild ist, dass du bei einem Glas einen festen Boden hast und von dort kannst du messen. Beim Finanzausgleich kannst du natürlich alle Legenden bilden, was für eine dramatische Ausgangslage hier bestanden hat. Ich möchte nur die Fakten nennen, von denen wir ausgegangen sind, und dem das Ergebnis gegenüberstellen.

 

Punkt 1: die Steuerreformen der Jahre 2003 und 2004, die allen Gebietskörperschaften – Bund, Ländern und Gemeinden – ein dramatisches Minus in den Einnahmen verschafft hat. Immerhin hat der Finanzminister, der ja seinerzeit mit der Parole des Nulldefizits ausgeritten ist, da einiges runternehmen müssen und ist jetzt selbst mit einem Bundesdefizit von 2,3 Prozent in das Budgetjahr 2005 gegangen. 5 Milliarden EUR Defizit sind keine Kleinigkeit. Also man sieht, welcher faktische Druck hier auch auf der Bundesebene bestanden hat.

 

Zweiter Punkt: Wir sind in einer Zeit, wo wir alle hoffen, dass es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung kommt. Er ist noch nicht da, er ist vor allem deshalb nicht da, weil die Inlandskaufkraft auslässt, und das hat wiederum mit einigen Dingen zu tun, von denen man durchaus sagen kann, das hätte bei einer anders gearteten Steuerreform vielleicht ausgleichend verändert werden können. Konsequenz daraus ist: Wir können weder mit einer Entlastung in den Sozialausgaben rechnen – immerhin haben wir jetzt im Oktober in Österreich die höchsten Oktober-Arbeitslosenzahlen seit 20 Jahren gehabt –, und wir können auch nicht mit einer Verbesserung der Einnahmensituation rechnen.

 

Drittens: Was hingegen dynamisch wächst, meine sehr geehrten Damen und Herren – das sei einmal mehr in das Gebetsbuch des freiheitlichen Klubobmannes Scheibner geschrieben –, sind die Spitalskosten. Alle Analysen bestätigen, dass bis zum Jahr 2008 – das ist die Laufzeit dieser Periode – das auf 1 bis 1,3 Milliarden EUR steigen wird. Also eine gewaltige Summe. Man kann das eigentlich weder wegdiskutieren noch wegretuschieren, sondern es ist entweder, wenn man das tut, was der Klubobmann Scheibner getan hat, pure Rosstäuscherei – man weiß ganz genau, das ist so, und will das einfach nicht zur Kenntnis nehmen – oder man nimmt bewusst eine Zweiklassenmedizin und eine Kürzung der Leistung in Kauf.

 

Ich hoffe, dass das wenigstens für die Wiener Freiheitlichen nicht gilt, dass sie sich auf dieses Pferd der Rosstäuscherei und der Zweiklassenmedizin in Wien setzen wollen. Ich kann nur abraten, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, das zu unterstützen, und rege an, sich mit dem Klubobmann der Freiheitlichen sehr rasch in Verbindung zu setzen und das dort auszuräumen.

 

Vierter Punkt: Es ergibt sich aber aus dieser Entwicklung der Spitalskosten natürlich auch eine dramatische Entwicklung der Belastung der Gemeindebudgets, der Städtebudgets und der Landesbudgets. Also es ist eine Frage gewesen, bei der alle Verhandlungspartner – nicht die Bundesregierung – davon ausgegangen sind, dass das ein zentraler Punkt der Verhandlungen ist, der nicht aufgesplittert werden kann, sondern der zur Einheit des gesamten Paketes führen muss. Ich denke, dass die Größenordnung mit einem Ansteigen auf 3,9 Milliarden EUR Belastungen in diesem Bereich eine Größenordnung ist, von der man auch nicht sagen kann, das bringen wir jetzt weg, indem wir irgendwelche Einsparungen machen.

 

Ich habe es von Anfang an für vernünftig gehalten, und ich bedanke mich bei Renate Brauner dafür, dass sie diese Verhandlungen über das zweite Paket so gut zu einem Abschluss gebracht hat. Wir wissen heute, dass wir mit beiden zusammen – nämlich Finanzmittel für die Spitäler durch Gegenfinanzierung, plus ein vernünftiges Konzept der Entwicklung; und da hat die Frau Bundesminister einiges an Federn lassen müssen –, doch zu einer Regelung kommen können, damit wir das, was eine dramatische Situation nicht nur der Spitäler ist, sondern auch der Krankenkassen, halbwegs auffangen können.

 

Ich möchte aber als weiteren Punkt jetzt auch noch einmal darauf hinweisen, dass es neben der Situation der Spitäler ja auch noch den Punkt der Krankenkassensituation gibt. Das Defizit der Krankenkassen wird für 2005 mit über 680 Millionen EUR angenommen. Das heißt, die Lösung kann nicht darin bestehen zu sagen, wir geben den Spitälern nichts, wir geben den Krankenkassen nichts, denn dann geht beides den Bach hinunter, sondern ich glaube, dass die Lösung nur darin bestehen kann, beides zustande zu bringen.

 

Das war die Ausgangslage. Und was ist das Ergebnis? Das Ergebnis bringt – ungeachtet dessen, was der Finanzminister uns alles antun wollte; das möchte ich jetzt gar nicht erzählen, das ist sozusagen die Vergangenheit – 656 Millionen EUR auf vier Jahre mehr Mittel für die österreichischen Spitäler. Immerhin ein beachtlicher Betrag auch für die Spitalsträger. Wenn man bedenkt, dass ursprünglich auch geplant war, die 218 Millionen EUR, die ein Fixbetrag in der derzeitigen Finanzierung des Bundes sind, zu streichen – die laufen jetzt aus und müssten verlängert werden, und Rauch-Kallat war der Meinung, das braucht man nicht zu verlängern –, dann ist der Verhandlungserfolg rein für die Spitäler in einer Größenordnung von 1,6 Milliarden EUR. Kein schlechter Betrag.

 

Zweitens: 610 Millionen EUR auf vier Jahre mehr für die Krankenkassen. Das ist wichtig auch für die Spitäler, weil ja die Beitragsentwicklung entscheidend ist für die Leistungen der Krankenkassen gegenüber den Spitälern.

 

Drittens: 400 Millionen EUR auf vier Jahre für die Länder, um die Einnahmenverluste aus der Steuerreform zu entschärfen. Ich bin nicht so naiv zu sagen, das kommt dazu, aber wir hätten ja sonst einen dramatischen Einbruch bei den Auswirkungen der Steuerreform gehabt. Da ist zumindest hier eine Möglichkeit geschaffen

 

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