Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 123
Eigentlich bin ich kein Arzt, sondern ein Spritzenschani.“ Und er verweist darauf, dass eben in Großbritannien die österreichischen Ärzte und Ärztinnen wegen Qualitätsmängel nicht mehr genommen werden.
Es ist aber
auch, nur damit man sich nicht auf die anderen Bundesländer ausredet, innerhalb
Österreichs desaströs, wie Wien aufgestellt ist, denn dieser Artikel zeigt auf,
wie es in anderen Bundesländern ausschaut. Und da gibt es Statistiken, wie
viele Turnusärzte bei der Abschlussprüfung nach Absolvierung ihres Turnus durchfallen
und wie viele bestehen. In der Steiermark ist die Chance, die Prüfung zu
bestehen, am höchsten, denn die Durchfallsrate ist 2,8 Prozent. In Wien -
und das müssen Sie sich jetzt im Detail geben - fallen 13,8 Prozent durch!
13,8 Prozent aller Prüfungskandidaten fallen durch. Es treten 347 an, es
bestehen°... (GRin Erika Stubenvoll: Von wo ist das?) “Doktor in Wien“,
Sie können es gerne nachlesen, vom Obmann der Wiener Turnusärztekonferenz. Ich
nehme an, der Artikel wäre widersprochen worden, wenn er nicht zutreffend wäre.
Also 13,8 Prozent in Wien. Das nächste Bundesland, wo es sozusagen die
nächstschlechteste Rate gibt, ist Salzburg und dort sind es 7,6 Prozent.
Also fast doppelt soviel als beim Nächstschlechtesten rasseln in Wien durch und
da glauben wir, dass wir gut ausbilden!
Diese Stimme
ist nicht allein geblieben, denn die Gewerkschaftszeitung “Solidarität“ - und
ich habe sie letzte Woche zu mir nach Hause bekommen - äußert sich in ähnlicher
Weise. Da gibt es einen Hilfeschrei aus dem Wilhelminenspital, wo Turnusärzte
und -ärztinnen sagen, sie sind Mädchen für alles, sie leisten unbezahlte
Überstunden, sie machen so ungefähr jede Tätigkeit von der Sekretärin bis zum
Oberarzt und - Originalzitat aus diesem Beitrag: „Aber den Politikern von heute
ist das egal, weil die Ärzte, die jetzt in Ausbildung sind, erst später Kosten
verursachen. Dann sind sie ohnehin nicht mehr im Amt.“
Dann sind sie
ohnehin nicht mehr im Amt? Liebe Kollegen und Kolleginnen, Politiker und
Politikerinnen, vielleicht seid ihr dann krank und braucht einen Arzt, der euch
behandelt? Vielleicht seid ihr nicht mehr Politiker, die zuständig
verantwortlich nicht handeln und seht dann, dass diese Situation Faktum ist?
Vielleicht treten euch diese Ärzte dann schlecht ausgebildet als euch
Behandelnde entgegen? Das kann sich wohl keiner wünschen!
So schaut es
aus, wenn der Krankenanstaltenverbund ein Projekt in Angriff nimmt, wenn er
sagt, die Dinge müssen bis zum Sommer umgesetzt sein und dann hört man von den
Betroffenen im letzten Quartal des Jahres, dass rein gar nichts passiert ist,
im Gegenteil, dass die Situation viel, viel schlimmer ist als zuvor.
Ich habe mit
einer Turnusärztin gesprochen, die mir sehr deutlich gesagt hat, wie sie sich
fühlt. Sie hat nämlich gesagt - sie ist schon fertig mit ihrem Turnus: „Ich
habe im Turnus nichts gelernt.“ Es war ein Turnus bei der Gemeinde Wien im
Krankenanstaltenverbund. „Ich habe im Turnus nicht gelernt. Meine Tätigkeit war
verantwortungslos.“ Verantwortungslos, obwohl die Übernahme von Verantwortung,
die Anordnungsbefugnis Teil der Ausbildung expressis verbis sein soll.
Frau StRin
Brauner, wenn wir es uns leisten können, mit unserem Nachwuchs so umzugehen,
dann werden wir die künftigen Ärzte und Ärztinnen total frustrieren. Die Frau
Dr Sabine Oberhauser - hier gut bekannt -, AG ÄrztInnen im ÖGB, sagt: „Die
Wertigkeit der Turnusärzte muss wieder erhöht werden, anstatt sie mit
Schwestern- und Oberärztetätigkeit zu überhäufen.“ Und sie sagt am Schluss:
„Die jungen Ärzte werden geopfert.“ Die jungen Ärzte werden geopfert! Kann sich
das eine Stadt wie Wien leisten? Können wir es uns leisten, so mit den
künftigen Trägern des Gesundheitssystems umzugehen?
Im Bereich der
Krankenpflegeausbildung, Frau Stadträtin, ist die Situation nicht viel besser.
Die Personalnot, die Sie immer wieder zitieren und die vor allem auch Ihre
Amtsvorgängerin zitierte, als Begründung, warum beispielweise in der Dialyse
keine Kapazitätsausweitung Platz greifen kann, ist hausgemacht.
Ein aktuelles
Beispiel: Es haben sich in diesem Herbst 400 Kandidaten und Kandidatinnen
um einen Ausbildungsplatz beworben, 60 kommen beim Termin im März zum Zug. 60
von 400! Und ich gebe all denen Recht, die sagen, nur die, die qualifiziert
sind, sollen genommen werden. Aber es möge mir keiner erzählen, dass unter 400
nicht mehr als 60 Kandidaten und Kandidatinnen qualifiziert wären, eine
Ausbildung zu machen! Verbessern Sie die Arbeitsbedingungen für die Menschen in
der Krankenpflege, dass sie nämlich länger bleiben als im Schnitt zwei bis drei
Jahre, damit die Verweildauer im Beruf auch die Ausbildung lohnt und stellen
Sie Arbeitszufriedenheit her, zum Beispiel, indem Sie den 12-Stunden-Dienst
abschaffen. Im neuen Pflegeheimgesetz, über das wir ja am Donnerstag reden
werden, ist das nicht vorgesehen und das halte ich für eine Kapitulation, auch
dann, Frau Stadträtin, wenn es Pflegepersonal gibt, das sagt: „Gut, Augen zu
und durch. Wir gehen nur vierzehn Mal im Monat in die Arbeit. Das ist uns
lieber als ein Nine to five-Job, wo man sozusagen acht Stunden arbeiten gehen
muss.“ Auf die Dauer führt das zum Burn out. Auf die Dauer führt das zu
kaputten Lebensverhältnissen. Qualität kann man nur leisten, wenn man ausgeruht
ist und das ist keine Voraussetzung dazu.
Die
Baustellen, Frau Stadträtin, sind groß. Eines will ich noch nennen, das
Dialysedebakel. Wir haben an diesem Ort und von dieser Stelle aus schon häufig
darüber diskutiert, wie unerträglich es ist, dass in Wien das Allgemeine
Krankenhaus und das SMZ-Ost vier Schichten in der Dialysebehandlung fahren,
auch eine Nachtschicht, die körperlich strapaziös ist, sowieso für die
Patienten und Patientinnen, aber auch für das Personal. Das ist europaweit
einzigartig im negativen Sinn!
Und es ist Zeit, diesen Missstand abzuschaffen, auf den die Fachärzte
für Dialyse längst schon hinweisen.
Man
hat, als der Todesfall im vergangenen Jänner zu beklagen war im AKH in der
Nachtschicht der Dialyse, versprochen, dass man der Misere abhilft, indem man
im Wilhelminenspital zum Beispiel Container aufstellt. Um
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